e-fundresearch.com: Herr Rainer, von einer massiven Korrektur in Q4-2018, einer schönen V-förmigen Erholung in Q1-2019 und einer seither sehr durchwachsenen Marktentwicklung: Wie lautet Ihr Fazit zu diesem wahren „Wechselbad der Gefühle“ an den Kapitalmärkten?
Florian Rainer: Man hat in den letzten Quartalen wieder einmal gesehen, wie schnell die Stimmung an den Kapitalmärkten drehen kann! Im vierten Quartal 2018 war die Laune der Anleger noch „zu Tode betrübt“, inzwischen schon wieder „himmelhoch jauchzend“. Ich glaube, ein Fazit, dass man aus dem „Wechselbad der Gefühle“ ziehen kann, ist, dass man versuchen muss sich wirklich auf die fundamentale, bewertungstechnische Attraktivität eines Investments zu konzentrieren. Man sollte sich nicht von etwaigen Marktschwankungen aus der Reserve locken lassen – schon gar nicht zyklisch, also z.B. nicht eine spannende Anlage in einem nervösen Markt ohne fundamentalen Grund verkaufen, nur weil es gerade nach unten geht und man nervös wird. Märkte sind nun einmal kurzfristig ein massenpsychologisches Konstrukt, das in beide Richtungen zu Übertreibungen neigt.
e-fundresearch.com: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer persönlichen Performance in diesem – zugegeben sehr kurzen – Zeitraum? Haben Sie als aktiver Fondsmanager Kapital aus diesen erhöhten Volatilitätsniveaus schlagen können?
Florian Rainer: Persönlich bin ich vor allem damit zufrieden, dass wir im letzten Herbst das vorhandene Cash in unseren Fonds und Dachfonds –wo es möglich gewesen ist- in den Aktienmarkt investiert haben und uns nicht von der regelrechten Panik am Markt haben anstecken lassen, auch wenn die Stimmung der Investoren extrem schlecht war. Auch über die Performance der einzelnen Fonds bin ich glücklich. Wir konnten für die Performance des europäischen Immobilienaktienfonds „Wiener Privatbank European Property Fund“ in den letzten Monaten mehrere Preise gewinnen, auch der europäische Dividendenaktienfonds „Wiener Privatbank European Equity Fund“ entwickelt sich sehr erfreulich. Was hätte man besser machen können? Wir haben in den von uns verwalteten Fonds, im Nachhinein betrachtet, etwas zu früh begonnen Gewinne mitzunehmen und wieder Cash aufzubauen. Hier stand die Risikoreduktion für unsere Investoren im Vordergrund, wir wollen sobald die Stimmung am Markt wieder einmal schlechter ist, gegensteuern und antizyklisch zukaufen können.
e-fundresearch.com: Wie fällt die Leistungsbilanz der externen Submanager der Wiener Privatbank Dachfonds aus? Ist es in diesem Umfeld zu unerwartet negativen Überraschungen gekommen?
Florian Rainer: Größtenteils bin ich mit der Leistung der externen Submanager in den Dachfonds durchaus zufrieden. Wir selektieren keinen Fonds überhastet, sondern überlegen sehr genau, wo wir veranlagt sein wollen und investieren in die Auswahl der Fonds viel Zeit und Aufwand. Transparenz spielt hierbei eine große Rolle! Im Idealfall können wir so beinahe Buy and Hold- Anleger sein. Uns sind in diesem Umfeld zum Glück negative Überraschungen, wie sie am Markt zum Beispiel mit illiquiden Investments in Produkten von vermeintlichen Star-Fondsmanagern aufgetreten sind, erspart geblieben. Ein bis zwei Fonds haben wir dennoch ausgewechselt, da sie zwar als Absolute Return Produkte gelabelt sind, in den schwierigen letzten Quartalen aber den Lackmustest nicht bestanden haben, also vor allem die Upside/downside capture enttäuschend war.
e-fundresearch.com: Neben allumfassenden Marktherausforderungen (Stichwort „Handelskrieg“) ist es in dem von Ihnen ebenfalls abgedeckten Immobilien-Aktiensektor zu durchaus brisanten idiosynkratischen Entwicklungen gekommen (Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen"): Wie schätzen Sie die Situation als Experte ein?
Florian Rainer: Gerade in den letzten Wochen und Monaten ist der Wind in den Diskussionen rund um das Thema Wohnen in Deutschland rauer geworden. Es gibt, vor allem in Berlin, momentan viel zu wenige Wohnungen. Dem sind Initiativen wie "Deutsche Wohnen & Co enteignen" entgegengetreten. Aktuell schaut es so aus, als ob die Immobilienbesitzer zwar nicht enteignet werden, die Rot-Rot-Grüne Berliner Landesregierung möchte allerdings unter anderem für fünf Jahre Mieterhöhungen verbieten – wobei nicht klar ist, ob das auf Landesebene überhaupt rechtlich möglich ist. In meinen Augen ist das jedenfalls nicht hilfreich, da in diesem Fall nach wie vor geschätzt 100.000 Wohnungen in Berlin fehlen würden und keine einzige zusätzlich von den Immobilienfirmen erbaut werden würde. Es wäre hilfreich den Populismus beiseite zu lassen, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen, und zu besprechen wie man möglichst schnell ausreichend Wohnraum zu leistbaren Preisen schaffen kann. Solange diese Diskussion nicht beendet ist, was wohl noch einige Zeit dauern wird, ist die Assetklasse zwar nach wie vor attraktiv, wird sich aber wahrscheinlich etwas volatiler verhalten als gewohnt.
e-fundresearch.com: Mit welcher Erwartungshaltung werden Sie in die zweite Jahreshälfte 2019 starten? Welche Faktoren halten Sie im aktuellen Umfeld besonders genau im Fokus?
Florian Rainer: Momentan ist das Glas der Anleger eindeutig halb voll und nicht halb leer. Ich denke, das liegt zum einen daran, dass Zinssenkungen der FED erwartet werden, die erste womöglich schon im Juli, und keine weiteren Zinserhöhungen, wie noch im letzten Jahr. Zum andern scheint es momentan so, als würde es zu keinen größeren Handelskonflikten kommen, was die Konjunktur also nicht unnötig belasten sollte. Besonders genau im Fokus stehen also die Zinsentwicklung und die globale Konjunktur. Wir sind strategisch eindeutig konstruktiv für Aktien und Sachwerte wie Immobilien eingestellt, diese Anlageklassen sind für uns mittel- bis langfristig mit Abstand die attraktivsten. Bei Anleihen wären wir auf aktuellem Niveau –vor allem in Europa- vorsichtig und würden nur sehr selektiv investieren. Da momentan fast nur die positiven Nachrichten vom Markt verarbeitet werden und die negativen links liegen gelassen werden, haben wir die Aktienquote taktisch jedoch nicht ganz ausgefahren. Wir halten etwas Cash, um auf etwaige Marktrücksetzer aktiv reagieren zu können, in dem Fall würden wir weiter Aktien zukaufen.
e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Rainer!