Teil 1 | Die große Halbzeitanalyse: Multi Asset Strategen im Interview

Von "außergewöhnlich" bis "erwartungsgemäß": Welches Fazit ziehen führende Multi Asset Strategen zum ersten Börsenhalbjahr 2024 und mit welcher Positionierung starten sie in die zweite Jahreshälfte? Antworten erhalten Sie exklusiv in der neuesten Ausgabe des e-fundresearch.com Asset Allocation Forums: Managers | 28.06.2024 10:59 Uhr

5.5 Fragen: Die große Multi Asset Halbzeitanalyse 2024 (Teil 1)

Das erste Halbjahr 2024 hat den Kapitalmarkt mit neuen Allzeithochs, überraschenden Wendungen bei Zinssenkungserwartungen und unerwarteten Marktbewegungen geprägt. Welche Faktoren beeinflussen derzeit die Anlagestrategien von führenden Multi Asset Fondsmanagern? Wo sehen sie die größten Chancen und Risiken? 

Im Rahmen der neuesten Ausgabe des e-fundresearch.com Asset Allocation Forums haben wir Multi Asset Strategen mit 5.5 konkreten Fragen zum 1. Börsenhalbjahr 2024 und ihrer aktuellen Positionierung konfrontiert.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und wertvolle Impulse sowie Denkanstöße für Ihre Asset Allocation mit Teil 1 unserer Interviewserie (mit Metzler Asset Management, Bantleon, Lansdowne Partners und Dolphinvest Capital)! Teil 2 folgt am 02. Juli 2024.

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Dr. Harald Preißler, Kapitalmarktstratege, BANTLEON
© Thomas Wieland

Dr. Harald Preißler, Kapitalmarktstratege, BANTLEON

Wie würden Sie die erste Hälfte des Kapitalmarktjahres in einem Wort beschreiben?

Erwartungsgemäß

Trotz einer überraschenden Umkehr der Zinssenkungserwartungen haben zahlreiche Aktienindizes neue Allzeithochs erreicht, und Nvidia ist zum weltweit wertvollsten Unternehmen aufgestiegen: Als wie “gesund” ist das aktuelle Marktumfeld Ihrer Meinung nach derzeit zu beurteilen? Welche spezifischen Herausforderungen ergeben sich daraus für Multi Asset Manager?

Gesund ist definitiv anders. Die beispiellose Konzentration der Gesamtperformance auf einige wenige Titel ist natürlich ein Risiko. So vielversprechend das Produktivitätspotenzial von KI-Anwendungen mit Blick in die Zukunft sein mag, so kurzsichtig ist die Fokussierung auf einige wenige Technologieführer. Wir halten in unseren Multi-Asset-Portfolios zwar Titel mit KI-Bezug, passen deren Gewichtung aber fortlaufend an, um den zunehmenden Klumpenrisiken entgegenzuwirken.

Wie offensiv ist Ihre derzeitige taktische Asset-Allokation im Vergleich zur langfristigen Historie? Welche Überlegungen haben zu dieser Entscheidung geführt?

Unser taktisches Credo lautet: moderat bullish. Das gilt sowohl für Aktien als auch Anleihen. Treibender Faktor ist unsere Erwartung mittelfristig weiter sinkender Inflationsraten, was den Notenbanken Raum für Zinssenkungen verschafft. Wir gehen von 4 Senkungen der EZB und der Fed binnen 12 Monaten aus. Dadurch werden die Anleihenmärkte gleich von zwei Seiten gestützt, weil die Renditen sinken und gleichzeitig die Risikoprämien sinke. Die Aktienmärkte profitieren von der günstigeren Liquidität und dem konjunkturellen Rückenwind.

Wo sehen Sie derzeit sie Sweet Spots auf der Aktienseite?  In welchen Bereichen Ihrer Aktienallokation unterscheiden Sie sich vom Konsens? 

Passend zur Europameisterschaft erachten wir aktuell europäische Aktien als besonders aussichtsreich – zumindest mit Blick auf die nächsten sechs Monate. Unsere Einschätzung basiert auf den divergierenden konjunkturellen Grundtrends diesseits und jenseits des Atlantiks. Während sich in Europa nach zwei verlorenen Jahren die Anzeichen für eine Wachstumsbelebung verdichten, deuten sich in den USA Konditionsprobleme an. Als Folge dürfte sich die riesige Bewertungskluft zwischen den Währungsräumen verringern.

 Wie sieht Ihre Allokation auf der Fixed Income Seite aus?

In Anbetracht unserer Prognose sinkender Renditen liegt die durchschnittliche Restlaufzeit in unseren Anleihenportfolios über der Benchmark. Sektoral sind wir in Pfandbriefen und Unternehmensanleihen guter Bonität übergewichtet, wobei wir bei Letzteren vor allem auf die Nische der Nachranganleihen setzen. Zudem liefern uns kurz laufende inflationsbesicherte Staatsanleihen Schutz vor einem Wiederanspringen der Inflation. Hochzinsanleihen meiden wir, weil die Bilanz- und Kreditqualität der meisten Emittenten nicht überzeugt.

Welche Diversifizierungsinstrumente außerhalb von Aktien und Anleihen halten Sie derzeit für besonders attraktiv?

Wir optimieren die Diversifikation durch den Einsatz von Absolute-Return-Ansätzen, die über sämtliche Assetklassen hinweg sowohl Long- als auch Short-Positionen beziehen können. Dadurch partizipieren wir von steigenden wie von fallenden Kursen in den einzelnen Segmenten und verringern auf diese Weise das Beta zum Gesamtmarkt – und zu den Mitbewerbern.
Dipl.-Ing. Martin Friedrich, MBA, Portfolio Manager, Lansdowne Partners Austria GmbH
© Lansdowne Partners Austria GmbH

Dipl.-Ing. Martin Friedrich, MBA, Portfolio Manager, Lansdowne Partners Austria GmbH

Wie würden Sie die erste Hälfte des Kapitalmarktjahres in einem Wort beschreiben?

Überschwang

Trotz einer überraschenden Umkehr der Zinssenkungserwartungen haben zahlreiche Aktienindizes neue Allzeithochs erreicht, und Nvidia ist zum weltweit wertvollsten Unternehmen aufgestiegen: Als wie “gesund” ist das aktuelle Marktumfeld Ihrer Meinung nach derzeit zu beurteilen? Welche spezifischen Herausforderungen ergeben sich daraus für Multi Asset Manager?

So sehr wir uns über die Wertsteigerung unseres Anteilspreises freuen, beobachten wir die aktuelle Rallye doch mit deutlicher Skepsis. Die Anzeichen stehen auf eine deutlich ausgeprägte Saisonalität im heurigen Jahr. Die Top 10 Titel des S&P500 haben den breiten Markt in diesem Jahr um 12% geschlagen, den gleichgewichteten Standard & Poors sogar um mehr als 22%. Nach unserer Erfahrung sind solche Entwicklungen typisch für das Ende eines Marktzyklus. Die unmittelbare Folge ist eine starke Underperformance aktiver Managementstrategien.

Wie offensiv ist Ihre derzeitige taktische Asset-Allokation im Vergleich zur langfristigen Historie? Welche Überlegungen haben zu dieser Entscheidung geführt?

Unsere taktische Position ist defensiv, wir sind untergewichtet in Aktien und Anleihen, übergewichtet in vor allem in Katastrophenanleihen. Die Entscheidungsgrundlage ist unser Expertensystem aus taktischen Indikatoren. Neben der hohen Bewertung sprechen insbesondere zyklische Überlegungen für eine bevorstehende Korrektur. Kurzfristige technische Signale sind andererseits noch positiv.

Wo sehen Sie derzeit sie Sweet Spots auf der Aktienseite?  In welchen Bereichen Ihrer Aktienallokation unterscheiden Sie sich vom Konsens? 

Unser Ansatz fokussiert auf Asset Allokation. Innerhalb des Aktiensegments favorisieren wir derzeit Aktien von Frontiermärkten und Schwellenländern. Außerdem haben wir kürzlich unsere Allokation zu gelisteten Infrastruktur-Unternehmen erhöht.

 Wie sieht Ihre Allokation auf der Fixed Income Seite aus?

Als ‚Fixed Income‘ gelten bei uns ausschließlich Investitionen, bei denen das Zinsänderungsrisiko das Kreditrisiko überwiegt. Andere Assetklassen, welche von Multiasset-Managern gerne beigemischt werden – wie Hochzins- oder Schwellenländeranleihen – sind für uns risikogeneigte Anlagen und werden im Rahmen der Asset Allokation separat behandelt. Innerhalb des klassischen Anleihen-Segments halten wir 86% in Anleihen mit Investmentgrade-Rating und 14% in inflationsgebundenen Anleihen.

Welche Diversifizierungsinstrumente außerhalb von Aktien und Anleihen halten Sie derzeit für besonders attraktiv?

Zwei Antworten: zum einen sollte jedes balancierte Portfolio heute eine Allokation zu Rohstoffen enthalten, welche insbesondere für den festverzinslichen Teil des Portfolios eine äußerst effektive Diversifikationsmöglichkeit bieten. Zum zweiten sind wir Fans von Katastrophenanleihen, welche in unserem Basisszenario zweistellige jährliche Renditen UND praktisch vollständige Dekorrelation liefern sollten.
Nicolai Austein, Portfoliomanager im Team Fundamentales Multi-Asset bei Metzler Asset Management, Metzler Asset Management
© Metzler Asset Management

Nicolai Austein, Portfoliomanager im Team Fundamentales Multi-Asset bei Metzler Asset Management, Metzler Asset Management

Wie würden Sie die erste Hälfte des Kapitalmarktjahres in einem Wort beschreiben?

Außergewöhnlich

Trotz einer überraschenden Umkehr der Zinssenkungserwartungen haben zahlreiche Aktienindizes neue Allzeithochs erreicht, und Nvidia ist zum weltweit wertvollsten Unternehmen aufgestiegen: Als wie “gesund” ist das aktuelle Marktumfeld Ihrer Meinung nach derzeit zu beurteilen? Welche spezifischen Herausforderungen ergeben sich daraus für Multi Asset Manager?

„Gesund“ ist immer relativ. Eine teure Bewertung reicht nicht aus, um eine Korrektur auszurufen. Fakt ist, dass zuletzt einzelne Werte den Markt getrieben haben. Es fehlt die Marktbreite und somit gibt es vereinzelt Rückschlagpotenzial. Insgesamt sehen wir keinen großen Abschwung am Aktienmarkt.

Wie offensiv ist Ihre derzeitige taktische Asset-Allokation im Vergleich zur langfristigen Historie? Welche Überlegungen haben zu dieser Entscheidung geführt?

Wir haben Ende Q1 antizyklisch die Aktienquote reduziert, da nur das Marktsentiment auf steigende Kurse hindeutete, nicht die Fundamentaldaten. Relativ zur langfristigen Historie sind wir etwas defensiver positioniert. Wichtiger sind allerdings die strategischen Aktienquoten, die eher hoch sind.

Wo sehen Sie derzeit sie Sweet Spots auf der Aktienseite?  In welchen Bereichen Ihrer Aktienallokation unterscheiden Sie sich vom Konsens? 

Besonders gute Chancen sehen wir bei zyklischen Qualitätsunternehmen. Prominente Themen im Portfolio sind die Halbleiterwertschöpfungskette sowie der Megatrend Elektrifizierung. Auch das Thema Adipositas-Medikamente sehen wir weiterhin konstruktiv.

 Wie sieht Ihre Allokation auf der Fixed Income Seite aus?

Bei Staatsanleihen setzten wir auf hohe Bonität und Qualität, bevorzugen z. B. Bundesanleihen gegenüber US-Staatsanleihen. Beimischungen in Inflation-Linkern finden wir strukturell sinnvoll. Wir meiden High Yields, finden Nachränge dagegen attraktiv. Das Spread-Risiko wurde zuletzt leicht abgebaut.

Welche Diversifizierungsinstrumente außerhalb von Aktien und Anleihen halten Sie derzeit für besonders attraktiv?

Trotz hoher Kursstände sollte Gold als Krisenwährung und Diversifikator ein Bestandteil der strategischen Asset-Allokation sein.
Zoltan Schaumburger, Portfoliomanager, Dolphinvest Capital GmbH
© Dolphinvest Capital GmbH

Zoltan Schaumburger, Portfoliomanager, Dolphinvest Capital GmbH

Wie würden Sie die erste Hälfte des Kapitalmarktjahres in einem Wort beschreiben?

Der Bullenmarkt ist noch intakt.

Trotz einer überraschenden Umkehr der Zinssenkungserwartungen haben zahlreiche Aktienindizes neue Allzeithochs erreicht, und Nvidia ist zum weltweit wertvollsten Unternehmen aufgestiegen: Als wie “gesund” ist das aktuelle Marktumfeld Ihrer Meinung nach derzeit zu beurteilen? Welche spezifischen Herausforderungen ergeben sich daraus für Multi Asset Manager?

Aufgrund des intakten Arbeitsmarktes sowie der Stärke des US-Konsums erscheint die aktuelle Dynamik auf der Aktienseite noch tragfähig. Das Zinsumfeld bietet zudem Opportunitäten bei Anleihen – auch im defensiven Bereichen – was für Multi-Asset Manager grundsätzlich positiv ist.

Wie offensiv ist Ihre derzeitige taktische Asset-Allokation im Vergleich zur langfristigen Historie? Welche Überlegungen haben zu dieser Entscheidung geführt?

Vor dem Hintergrund der bereits seit 1,5 Jahre laufenden Rallye ist die taktische Asset Allokation neutral aufgestellt.

Wo sehen Sie derzeit sie Sweet Spots auf der Aktienseite?  In welchen Bereichen Ihrer Aktienallokation unterscheiden Sie sich vom Konsens? 

Der US-Zins bleibt entscheidend. Aktienseitig würden niedrigere Zinsen zu einer “Multiple-Expansion“ führen – eine Rallye zinssensitiver Qualitätstitel wäre möglich. Sollte die US-Wirtschaft weiter robust sein, sehen wir Aufwärtspotential bei klein- und mittelständischen Unternehmen.

 Wie sieht Ihre Allokation auf der Fixed Income Seite aus?

Bei zunehmend defensiv positionierten Marktteilnehmern, sehen wir eher Opportunitäten am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve. Das lange Ende würde im Fall eines deflationären Crashs besonders profitieren. Dies entspricht jedoch nicht unserem Hauptszenario.

Welche Diversifizierungsinstrumente außerhalb von Aktien und Anleihen halten Sie derzeit für besonders attraktiv?

Der US-Markt mit historisch niedriger Volatilität bietet Chancen mit Volatilitätskonzepten. Rohstoffe, besonders Edel- und Industriemetalle bieten aufgrund der Nachfrage besonderes Potential.

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