Interview zum Nationalfeiertag: „Österreich kann mit dem globalen Tempo nicht mithalten“

Anlässlich des Nationalfeiertags spricht Alois Wögerbauer, Geschäftsführer der 3 Banken-Generali Invest, im e-fundresearch.com-Interview über Österreichs wirtschaftliche Herausforderungen und notwendige Reformen für den Kapitalmarkt. Managers | 25.10.2024 10:58 Uhr
Alois Wögerbauer, Geschäftsführer der 3 Banken-Generali Investment-Gesellschaft / © e-fundresearch.com / 3 Banken-Generali Investment GmbH
Alois Wögerbauer, Geschäftsführer der 3 Banken-Generali Investment-Gesellschaft / © e-fundresearch.com / 3 Banken-Generali Investment GmbH

e-fundresearch.com: Herr Wögerbauer, anlässlich des österreichischen Nationalfeiertags am 26. Oktober: Welches Bild zeichnen Sie vom aktuellen wirtschaftlichen Status quo in Österreich, und wie sehen Sie die mittelfristigen Aussichten für das Land?

Alois Wögerbauer: Die 20er-Jahre beginnend mit der Pandemie im Q1-2020 brachten ein herausforderndes Umfeld: Negativzinsen, Zinswende, Inflationsschock, geopolitische Eskalationen. Tatsache ist, dass unserer reales BIP in diesem Zeitraum nur marginal gewachsen ist und Österreich daher deutlich auch hinter vergleichbare Staaten der EURO-Zone zurückfällt. Konkurrenzfähigkeit und Produktivität leiden, dies kommt in den öffentlichen Diskussionen zu kurz. Wichtig ist daher sauber zu trennen: Zwingen Sie sich in der Geldanlage zu einem globalen Blick und einer globalen Strategie. Auch in den kommenden Jahren werden wir mit dem globalen Tempo nicht mithalten können.

e-fundresearch.com: Sie stehen regelmäßig im Austausch mit österreichischen Unternehmen und Vorständen. Wie ist die derzeitige Stimmung in diesen Gesprächen, und welche Probleme stehen im Vordergrund? Was ist aus Sicht der Unternehmen notwendig, damit sich die Situation verbessert?

Alois Wögerbauer: Die Stimmung ist unterschiedlich, je nach Branche und je nach Grad der Internationalisierung. Einigkeit besteht vor allem darin, dass die Lohnsteigerungen der vergangenen Jahre die Konkurrenzfähigkeit am Weltmarkt belastet haben. Es wird zwar wenig an bestehenden Investments gerüttelt, neue Investitionen werden aber doch sehr oft außerhalb Österreich getätigt.

e-fundresearch.com: Österreichs Wirtschaft ist eng mit Deutschland verflochten. Welche Auswirkungen hat die wirtschaftliche Lage in Deutschland auf Österreich und Ihre Tätigkeit als Fondsmanager?

Alois Wögerbauer: In unseren globalen Portfolios haben wir in den vergangenen Quartalen die Gewichtung von Österreich und Deutschland reduziert; die Autoindustrie haben wir weitgehend gänzlich gemieden. Wir gehen davon aus, dass auch in den kommenden Jahren die Wachstumsraten von Österreich und Deutschland recht deutlich hinter Regionen wie USA liegen werden. Im Bereich unseres hauseigenden Österreich-Fonds haben wir versucht, zyklische Unternehmen geringer zu gewichtet. Offen gesagt ist diese Übung nicht ganz einfach, weil in Wien die klare Mehrheit der Unternehmen einen zyklischen Charakter hat. 

e-fundresearch.com: Trotz ähnlicher Herausforderungen hat der ATX seit Jahresbeginn deutlich schlechter als der DAX abgeschnitten. Welche Hauptfaktoren sehen Sie dafür? Wirken sich geopolitische Risiken, insbesondere in Osteuropa, weiterhin negativ aus?

Alois Wögerbauer: Grundsätzlich gibt es zwei Faktoren. In die Berechnung des DAX-Index fließen die von den Unternehmen bezahlten Dividenden mit ein, bei der Berechnung des ATX-Index ist dies nicht der Fall. Da es gerade in Wien aktuell sehr viele Aktien mit hohen Dividendenrenditen gibt, ist dieser Effekt beachtlich. Zudem macht SAP etwa 15 % des Indexgewichtung im DAX aus, dazu kommen in weiterer Folge Allianz, Münchner Rück, Deutsche Telekom und Airbus – die Top-Holdings sind also allesamt globale Player, die von Deutschland recht wenig abhängig sind. Gerade US-Investoren meiden aktuell Österreich aufgrund der geopolitischen Lage; das ist oft oberflächlich, aber es ist Fakt.

e-fundresearch.com: Welche Investmentstory am heimischen Aktienmarkt wird aus Ihrer Sicht aktuell am stärksten unterschätzt?

Alois Wögerbauer: Hier kann und sollte man sich nicht auf einzelne Unternehmen beschränken und ich möchte auch keine Empfehlung abgeben. Viele Unternehmen entwickeln sich strategisch sehr gut weiter – und je nach Stimmungslage wird das von der Börse mal mehr oder weniger honoriert. Um Namen zu nennen: DO&CO, Palfinger, Andritz oder auch die Banken und Versicherungen entwickeln sich gut. Fairerweise muss aber dazusagen, dass wir Lenzing, Pierer Mobility oder AT+S auch einige recht schmerzvolle Enttäuschungen haben. 

e-fundresearch.com: Welche drei wesentlichen Maßnahmen zur Stärkung des österreichischen Kapitalmarktes würden Sie der nächsten Bundesregierung vorschlagen, um die Attraktivität für Investoren zu erhöhen und das Wachstumspotenzial nachhaltig zu fördern?

Alois Wögerbauer: Wir als Branche fordern seit mehr als einem Jahrzehnt Veränderungen, passiert ist bisher nichts. Auch im jüngsten Wahlkampf war Wirtschaft wenig Thema, Börse gar kein Thema. Bevor man über einzelne Maßnahmen spricht, braucht es einen grundsätzlichen Sinneswandel. Kapitalmarkt ist etwas positives zum langfristigen Aufbau von Spar- und Vorsorgevermögen. Finanzbildung ist eine substanzielle Bildung. Und natürlich kann und sollte man dann steuerliche Anreize setzen.

e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch und einen schönen Feiertag, Herr Wögerbauer! 

Über Alois Wögerbauer

Geboren im Jahr 1969 in Sarleinsbach, Oberösterreich, begann Alois Wögerbauer 1990 seine Karriere im Wertpapiergeschäft. Von 1990 bis 1998 war er in der Wertpapierabteilung der Oberbank tätig, wo er sich auf Research und Vermögensmanagement spezialisierte. Seit dem 1. Januar 1998 ist er in der Geschäftsführung der 3 Banken-Generali Invest tätig, die aktuell ein Kundenvolumen von rund 12,5 Milliarden Euro verwaltet.

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