Enormer Schuldenberg der EWU-Staaten
Die Schulden der EWU-Staaten in 500 Euro-Scheinen aufeinander gestapelt würden nach Analyse von Hans-Jörg Naumer eine beachtliche Wegstrecke von Madrid bis Berlin ausmachen - ca. 1.872 km.
Wachstumsraten unter der Inflationsrate
In der Vergangenheit konnten schon mehrere Phasen mit ausufernden Staatsschulden und nachfolgenden Konsolidierungsphasen beobachtet werden. Niedrige Zinsen und Renditen waren jeweils ein wichtiger Faktor. "Die Grundvoraussetzungen für eine erneute finanzielle Repression sind bereits gegeben: Nach Inflation betrachtet liegen beispielsweise in den USA und in Deutschland die Renditen unter den Wachstumsraten", erklärt Naumer.
Schwache Wachstumsraten erschweren die Erzielung von positiven Primärsalden durch die verschuldeten Länder.
Eine historische Darstellung finanzieller Repressionsphasen in den USA und Europa finden Sie hier zum Download: Finanzielle Repression: Die lautlose Entschuldung.
Auswege aus der Finanziellen Repression
Grundsätzlich müssen Investoren das Thema 'Risiko' neu bewerten. Wenn Märkte teilweise so stark von Politik, Regulierung und Zentralbanken beeinflusst werden, können sich Risikodefinitionen deutlich ändern. Assetklassen, die phasenweise starke Zuflüsse sehen, gelten generell als gefährdet.
An der Idee der Diversifikation bzw. breiten Streuung der Veranlagungen ändert auch die stärkste Krise nichts. Deswegen sind breit diversifizierte Anleihenportfolios auch in Niedrigzinsphasen sinnvoll. Dabei ist jedoch verstärkt auf die Qualität zu achten.
Aktien und Sachwerte können durchaus einen Inflationsschutz darstellen und auch Unternehmensanleihen, Hochzinsanleihen und Wandelanleihen bieten positive Realrenditen. Gold, Edelmetalle, Rohstoffe, Währungen udn sonstige Assets können als Diversifikation eingesetzt werden. Die generelle Ausweitung der einbezogenen Märkte ist ebenfalls eine sinnvolle Strategie.
Schuldenobergrenze in den USA anheben und Schuldenschnitt in Griechenland
Naumer geht davon aus, dass in den USA die Schuldenobergrenze nochmals angehoben werden wird und in Griechenland ein Schuldenschnitt sehr wahrscheinlich wird. Der mittlerweile diskutierte Rückkauf von Anleihen deutet auch in diese Richtung.
Anleihenverkäufe von Zentralbanken?
Der Anti-Krisen-Mechanismus hatte ja in den letzten Jahren relativ gut funktioniert und die Strategie der Zentralbanken wurde positiv bewertet. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass eines Tages auch Verkäufe von Anleihen durch Zentralbanken notwendig sein könnten. Das wäre dann allerdings aus heutiger Sicht eine komplexe Situation. Man kann jedoch davon ausgehen, dass innovative Lösungen gefunden werden.
Krise als Katalysator?
Im Zusammenhang mit den aktuellen Massnahmen zur Bewältigung der Krise werden selten positive Fakten aufgezeigt. Naumer: "Grundsätzlich könnte die Krise auch als Katalysator für eine positive Entwicklung gesehen werden." Die verstärkten Sparbemühungen der Staaten können Reformen unterstützen und dadurch mittelfristig auch wieder die Basis für Wachstum schaffen.
Hans-Jörg Naumer, Global Head of Capital Markets & Thematic Research
Hans-Jörg Naumer (45) ist seit 2000 Global Head of Capital Markets & Thematic Research (Leiter Kapitalmarktanalyse) bei Allianz Global Investors.
Analysen zur strategischen und taktischen Allokation, spezifischen Investmentchancen und das Herausarbeiten langfristiger Trends der Kapitalanlage bilden den Schwerpunkt seiner Arbeit.
Naumer ist gleichzeitig der europäische Brückenpfeiler des in den USA beheimateten „Center of Behavioral Finance“ von Allianz GI, das sich der praktischen Anwendung der Verhaltensökonomie verschrieben hat und „Social Media Spokesperson“ von Allianz GI. Naumer ist u.a. regelmäßiger Gesprächspartner der Medien und schreibt Kolumnen in bekannten Anlegermagazinen.
Seine Studien erscheinen in bis zu elf Sprachen und werden weltweit gelesen.Bevor er zum damaligen dit kam, arbeitete Hans-Jörg Naumer bei der Société Générale. Vor seinem Wechsel zu Allianz Global Investors hatte Hans-Jörg Naumer dort zuletzt die Funktion des Head of Research Germany inne. Der studierte Volkswirt begann seine berufliche Laufbahn 1994 bei der Deutschen Bank, wo er im Bereich Firmenkundengeschäft tätig war.