Mark Mobius: "Manch einer lässt sich bei Investmententscheidungen vor allem von Kapitalwachstum leiten. Für andere gelten kompliziertere Regeln. Insbesondere unter Muslimen wächst die Nachfrage nach Anlagen, die den Geboten islamischen Rechts (Scharia oder Scharīʿa) entsprechen, also bestimmte religiöse Glaubensgrundsätze und Prinzipien erfüllen. Angesichts eines erwarteten Anstiegs des muslimischen Bevölkerungsanteils auf weltweit 2,2 Milliarden im Jahr 2030 – über ein Drittel der Weltbevölkerung – erwarte ich, dass auch in Zukunft Nachfrage nach schariakonformen Investmentvehikeln bestehen wird.
Um mehr über das Thema Scharia-Investing zu erfahren habe ich Dennis Lim, unseren Senior Management Director und Portfolio Manager, Templeton Emerging Markets Group, eingeladen uns von der Vorgehensweise bei der Due Diligence Prüfung, die durchgeführt wird um unter Anlegern, die genau solche aktienbasierten Investments suchen, Attraktivität zu gewinnen, zu erzählen."
Dennis Lim: "Letztlich ist das Ziel schariakonformer Aktienanlagen dem vieler anderer Aktieninvestments ähnlich – Streben nach Kapitalzuwachs und/oder Einkommen. Dabei gilt eine wichtige Einschränkung: wird die Hauptgeschäftstätigkeit eines Unternehmens nicht als mit dem Schariah-Recht vereinbar gewertet, darf ein Portfolio Manager die Aktien dieses Unternehmens weder kaufen, halten oder verkaufen, denn Anleger gelten als „Teilhaber“, die an den Gewinnen des Unternehmens beteiligt werden.
Wodurch ist Schariakonformität gegeben?
Es wird viel über die Nuancen von „Konformität“ diskutiert. Es gelten aber einige allgemeine Grundsätze, die einghalten werden müssen. So darf ein Unternehmen nicht an verbotenen Aktivitäten, wie zum Beispiel Glücksspiel oder der Herstellung und dem Verkauf von Alkohol, Schweinefleisch oder anderen „haram“ (verbotenen) Lebensmitteln beteiligt sein. Ein Unternehmen darf kein Geld gegen Zinsleistungen leihen oder ein übermäßig hohes Vermögen in einem zinstragenden Konto halten. Das liegt daran, dass wenn ein Unternehmen auf Grundlage von Zinsen finanziert wird, die im Unternehmen eingesetzten Mittel als unrein gelten. Unternehmen, die also Finanzdienstleistungen auf Zinsbasis erbringen oder die hoch verschuldet sind, würden daher normalerweise nicht in ein schariakonformes Portfolio mit aufgenommen.
Natürlich bestehen viele Unternehmen diesen Konformitätstest nicht. Es gibt daher nur einen erheblich kleineren Pool von Unternehmen, die für Investitionen in Frage kommen. Alle konventionellen Banken, zum Beispiel, gelten als haram. Das ist eine Herausforderung. Denn gerade in vielen Schwellenmärkten bildet der Bankensektor eines der größten Segmente im Markt.
Wir berufen uns bei der Entscheidung darüber, ob ein Unternehmen als konform gilt oder nicht, auf Schariahgelehrte. Dieser Prozess ist recht komplex und zeitintensiv. Unsere nicht in den USA angesiedelten Shariahportfolios werden vom Amanie International Shariah Supervisory Board geprüft und zugelassen. Das Board steht aufgrund seiner umfassenden Kenntnis der Schariah und der technischen Zusammenhänge in hohem Ansehen. Die Amanie Gelehrten genehmigen zunächst Anlageziele und Strategie. Außerdem beaufsichtigen und überwachen sie die Investments laufend, so dass eine fortwährende Einhaltung der international anerkannten Shariahgrundsätze und Standards gewährleistet ist. Falls eine unserer Positionen nicht mehr als schariahkonform gelten sollte, müssen wir diese Position innerhalb eines angemessenen Zeitraums abstoßen.
Ich möchte betonen, dass die Grundsätze des Schariahinvestments ein Unternehmen nicht davon abhalten einer rentablen Geschäftstätigkeit nachzugehen oder Gewinne zu erzielen. Viele glauben sogar, dass die zusätzliche Disziplin von Vorteil ist.
Obwohl es schwierig sein kann schariakonforme Chancen zu identifizieren, finden wir an vielen Orten der Welt zahlreiche vielversprechende Unternehmen, die den Parametern entsprechen. In Indien gibt es zum Beispiel tausende börsennotierte Unternehmen. Unter ihnen finden wir regelmäßig Werte, die wir für potenzielle Schariah-Juwelen halten.
Das Prüfverfahren
Unser Team sucht in einem potenziellen Universum von etwa 25.000 Wertpapieren weltweit nach günstigen Gelegenheiten. Wir bewerten Unternehmen auf Grundlage ausgewählter finanzieller Kennziffern anhand vorgeschriebener Algorithmen, der Qualität der Geschäftsführung, dem Engagement für gute Corporate Governance usw. Unter Befolgung der Bottom-up Anlagephilosophie, die für alle Templeton Portfolios gilt, verfolgen wir einen rigorosen, disziplinierten Ansatz. Dabei untersuchen wir eingehend bis ins kleinste Detail die geschäftlichen Aktivitäten jedes einzelnen Unternehmens. Diese Erkenntnisse werden dann durch die Analysen und Erkenntnisse eines weltweiten Netzwerks von regional ansässigen Risikomanagementspezialisten ergänzt. Nachdem unser „Maßnahmenkatalog“ erstellt ist, führen wir dann eine zweite Prüfung durch während der nicht-schariahkonforme Unternehmen aussortiert werden. Letztlich haben wir dann eine Liste mit schariahkonformen Werten für unser Portfolio. Franklin Templeton verfügt über Asset Manager mit Erfahrung in schariahkonformen Strategien in den wichtigen islamischen Finanzzentren Singapur, Malaysia, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Hongkong. Wir sind eine der wenigen ausländischen Investmentgesellschaften, die über eine eigenständige Niederlassung in Malaysia verfügen.
Bei allen potenziellen Investments ist der erste Schritt im Prüfprozess die Identifikation von Unternehmen, die unter Wert gehandelt werden. Dies geschieht auf Grundlage von Prognosen des zukünftigen Sachwerts. Wir engen unsere potenziellen Investments dann durch umfangreiche fundamentale und quantitative Analysen der einzelnen Unternehmen zur Bewertung des langfristigen Werts ein. Wichtig bei diesem Prozess ist es, dass man ein echtes Verständnis für das Unternehmen gewinnt, für die Qualität der Geschäftsführung, die Eigentümerstruktur, Corporate Governance und das Engagement zur Schaffung von Shareholder Value. Besuche des Unternehmens sind ein wesentlicher Bestandteil dieses Prozesses. Wir besichtigen die Einrichtungen und sprechen mit dem Management. Der Entscheidungsprozess ist teamgesteuert.
Schariahkonforme Aktien bilden eine Untergruppe unseres Schwellenmarktuniversums. Aber es besteht wirklich kein Unterschied darin, wie wir die Werte für unsere Portfolios auswählen. Nachdem die Aktienwerte den strengen Selektionsprozess durchlaufen haben und in unseren Maßnahmenkatalog aufgenommen wurden, prüfen wir dann die im Maßnahmenkatalog enthaltenen Werte darauf, ob sie die Regeln für Schariahinvestments erfüllen. Ein Aspekt, der immer wieder auffällt, ist, dass Schariahunternehmen zu äußerst effizienten Bilanzen tendieren. Andere Unternehmen verfügen entweder über zu viel oder zu wenig Kapital und kommen daher nach den Regeln des Schariahinvestments nicht in Frage.
Die Schariahberater sind an jedem Prozessschritt beteiligt. Zunächst erhalten wir von ihnen eine Liste der Werte, die ihre Tests auf Schariahkonformität bestanden haben. Sollten wir während unserer Recherche auf einen Wert stoßen, den wir für schariahkonform halten, der aber nicht auf der Liste der Schariahberater aufgeführt ist, besprechen wir die Gründe für den Ausschluss mit ihnen. Da Unternehmen regelmäßig auf ihre Konformität mit Schariahrecht geprüft werden, bedeutet dies, dass Aktien aufgrund ihrer Bilanzen und Jahresabschlüsse dem Portfolio ständig hinzugefügt und aus ihm entfernt werden.
Portfoliopflege
Nachdem wir ein Portfolio zusammengestellt haben untersuchen wir ständig Beiträge zur Performance bzw. Beeinträchtigungen der Performance. Unsere disziplinierte Verkaufsmethodik greift wenn ein Aktienkurs unsere Einschätzung des Marktwerts übersteigt, wenn wir der Ansicht sind, dass ein anderes Wertpapier über ein größeres Wertpotenzial verfügt oder wenn in Hinsicht auf ein Unternehmen eine fundamentale Veränderung eintritt, die unsere Prognosen ändert oder – im Fall von Schariahportfolios – die Konformität des Unternehmens nicht länger gegeben ist. Unser Team überprüft die Portfolios regelmäßig auf Einhaltung der Anlageziele und -prinzipien."