Netflix und Co. krempeln die Konsumlandschaft um

Jetzt auch noch Leonardo DiCaprio. Der Hollywood-Megastar produziert demnächst für Netflix eine ganze Reihe von Umwelt- und Naturschutzdokus. Keine Frage: Der weltweit größte TV-Internet-Anbieter mit 57,4 Millionen Kunden und das Geschäft mit Video-on-Demand-Angeboten boomen. Moritz Rehmann, Markenexperte und Portfoliomanager bei GAMAX, analysiert den Video-on-Demand-Markt. Markets | 12.03.2015 10:00 Uhr
Moritz Rehmann, GAMAX / ©  GAMAX
Moritz Rehmann, GAMAX / © GAMAX
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Fast täglich trafen zuletzt neue Nachrichten über den amerikanischen Online-Videostreaming-Dienst Netflix ein: 4,3 Millionen Neukunden im vierten Quartal, ein Netto-Gewinn von 83 Millionen US-Dollar und der nachbörsliche Sprung der Aktie von bis zu 15 Prozent auf über 400 US-Dollar. Zudem sicherte sich der Streaming-Anbieter die weltweiten Rechte an der Verfilmung von Beats of No Nation, einem Oscar-ambitionierten Film über das Schicksal von afrikanischen Kindersoldaten. Netflix-CEO Reed Hastings stellt trotz weiterer Investitionen für das erste Quartal 2015 einen erneuten Gewinn von 37 Millionen US-Dollar in Aussicht.

Alleinstellungsmerkmal TV-Produktionen – Netflix mit großen Anstrengungen

Die nächsten fünf Jahre will Netflix 9,5 Milliarden US-Dollar in eigene TV-Produktionen investieren. Diese exklusiven Angebote sind ein deutliches Differenzierungskriterium gegenüber anderen Wettbewerbern. „Rechnen können sich solche Investitionen nur bei einer sehr erfolgreichen internationalen Vermarktung, für Fehlschläge bleibt da wenig Raum“, sagt GAMAX-Experte Rehmann. Der US-amerikanische Anbieter lädt sich mit dieser Strategie immerhin das gesamte Risiko eines Filmstudios auf. Ein großer Vorteil ist, dass es sich bei den Produktionen größtenteils um Serien handelt. So entscheidet nicht wie bei Spielfilmen ein zweistündiges Produkt über Erfolg oder Misserfolg, sondern „im Verlauf des Sendezeitraumes verbleiben Möglichkeiten zum Eingreifen oder auch zum Stoppen eines nicht erfolgreichen Formats“, so Rehmann. Ferner bieten sich Serien bei einem Abo-Modell wie Netflix auch wegen der Kundenbindung an.

Bei den Eigenproduktionen ist natürlich House of Cards zu nennen. Aktuell läuft aber auch mit Better Call Saul, ein Ableger der Erfolgsserie Breaking Bad, der nächste Hit aus den Vereinigten Staaten auf der Video-on-Demand-Plattform. Diese sehr erfolgreichen Formate funktionieren für viele Kunden als Türöffner, auch in Deutschland. Nach dem Start im vergangenen Herbst konnte sich Netflix hierzulande laut einer jüngsten Befragung sehr gut etablieren: Der Marktanteil liegt demnach bei etwa 8 Prozent – damit zwar noch weit hinter dem großen Rivalen Amazon, der mit seinem Prime-Service 33 Prozent Marktanteil aufweist. Netflix hat aber das Potential, mittelfristig zu i-Tunes und Maxdome aufzuschließen. Die beiden Angebote von Apple und der ProSiebenSat1. Media AG vereinen jeweils 11,3 Prozent Anteil am Markt auf sich. Vorteile bietet Netflix bei den Serien auch aufgrund der originären englischen Tonspur gegenüber den anderen Wettbewerbern.

Differenzierte Entwicklung: Google verbessert, Apple feiert Höchstkurse

Steht Aktien aus dem Technologie-Bereich also demnächst eine Rallye bevor? So hinken Wachstumswerte der Branche zwar seit einem Jahr dem Gesamtmarkt und Value-Segment hinterher. Doch die Entwicklung in der jüngeren Vergangenheit war sehr differenziert: Während zum Beispiel Google beinahe das gesamte Jahr 2014 konsolidierte und erst zuletzt wieder positive Tendenzen zeigt, legte Apple in den letzten Monaten ein großes Comeback mit neuen Höchstkursen hin.

Richtig sei die Rallye-These aber bezogen auf den US-Markt, so GAMAX-Experte Rehmann. Dort konnten zuletzt gerade Unternehmen der sogenannten „Old Economy“ outperformen, nicht zuletzt wegen attraktiver Dividenden. Doch hier könnte gerade im Vorlauf einer Zinswende der Druck auf Dividendenaktien zunehmen und eine Rückbesinnung auf Wachstumsunternehmen wie Netflix stattfinden. Doch zuletzt verstärkte sich der Eindruck, dass auch die Fed den Weg der Zinserhöhung nur sehr bedacht einschlagen wird. Auf einen breiten Aufschwung der Technologiebranche zu setzen, könnte somit verfehlt sein. „Stockpicking sollte sich dagegen weiterhin auszahlen“, sagt Rehmann.

Verändertes Nutzungsverhalten – Deutlicher Umschwung zu Video-on-Demand

Das Nutzungsverhalten verändert sich immer mehr hin zu Video-on-Demand-Angeboten, über alle Altersgruppen hinweg bei wachsender Tendenz. Die Sehgewohnheiten ändern sich schon heute deutlich: So verbringt beispielsweise in England die Gruppe der 16-24-Jährigen bereits 13 Prozent ihrer TV-Zeit mit Streaming- und VOD-Angeboten. Bei den über 64-Jährigen ist es immerhin noch 4 Prozent der verbrachten TV-Zeit. Die ProSiebenSat1. Media AG zum Beispiel ist mit ihrem eigenen Angebot, insbesondere für den deutschen Markt, sehr gut aufgestellt. Gerade mit der Plattform myvideo kommt das börsennotierte Unternehmen dem Ansatz des nicht linearen Fernsehens entgegen, weil die Inhalte von eigenen Produktionen über dieses Format weitervermarktet werden.

In der Konsumlandschaft zeichnet sich langfristig ein deutlicher Umschwung ab. Dieser Entwicklung gilt es erfolgreich zu begegnen. Zwar sind die in diesem Markt zu erzielenden Erlöse noch gering, wie zum Beispiel in Deutschland mit einem Gesamtmarktvolumen im mittleren dreistelligen Millionenbereich. Dies wird sich jedoch zukünftig ändern, zumal auch gänzlich andere Anbieter wie Youtube um die Zeit der Konsumenten buhlen. Die Wachstumsraten in diesem Segment, hohe Cash-Bestände und die Investitionen der Unternehmen sprechen für ein zukünftiges Gewinnwachstum und eröffnen langfristig weiter erhebliches Potential für die partizipierenden Gesellschaften.

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