“If you want to make money on Wall Street, you must have the proper psychological attitude. You must look at things under the aspect of eternity” (Ben Graham). Aussagen dieser Art kann man natürlich auch relativ betrachten, da auch schon Keynes sinngemäß sagte, dass wir langfristig gesehen wohl alle “tot” seien. Wie so oft, die Wahrheit kann in der Mitte liegen. Bei der derzeitigen Börsenentwicklung empfinden zum einen viele Anleger oft das Gefühl, Chancen verpasst zu haben, zum anderen besteht jedoch die Angst, zu spät einzusteigen.
Aus der Sicht von Value-orientierten Investoren wird häufig diskutiert, ob diese Herangehensweise an Investment-Themen langfristig ein empfehlenswertes Erfolgsrezept darstellen kann: Die Bäume wachsen in der Regel nicht in den Himmel, in der Regel geht aber an den Börsen auch die Welt nicht unter. Eine Frage stellt sich hier immer wieder: Wird von Investment gesprochen oder von kurzem, prozyklischen Wetteinsätzen? Welchen Vorteil bieten eine Vielzahl von Köpfen und Ansätzen in diesem Bereich?
Privater Investor und institutioneller Investor: „Laientum“ und Kurzfristdenke versus reine Vernunft?
Wissenschaft und Medien beschäftigen sich stark mit Anlegerverhalten. In der Wissenschaft wird in der Regel von einem fast zweckfreien Erkenntnisinteresse ausgegangen. Diese Annahme wird natürlich ab und an kontrovers diskutiert: Wer erhält Forschungsgelder wofür und vor allen Dingen von wem? Gibt es Erkenntnisse aus der Forschung, die zum Beispiel – reine Fiktion, Extremszenario – zum Abbau von 50 % von Lehrstühlen im Bereich Finanzmarktforschung führen könnten? Bei Medien und bei deren Berichterstattung kann es ebenso zu Interesskonflikten kommen, diese Missstände werden aber in den Medien häufig selbst sehr ergebnisoffen diskutiert. (Werbung, Prozyklik, Trendsetting etc.).
Forschung und Medien beeinflussen bekanntermaßen in Kombination das Denken von vielen Privatanlegern, diese können sich gerade in dynamischen Auf- und Abwärtsphasen der in der Regel prozyklischen Berichterstattung kaum entziehen. Aufgrund des angeführten Sachverhalts unterstellt man häufig Privatanlagern ein weniger professionelles Anlageverhalten als bei institutionellen Anlegern. Vergessen wird häufig, dass auch diese sich nicht des ständigen Grundrauschens der Medien entziehen können. Vernachlässigt wird bei dieser Investorenkategorie oft auch, dass regulatorische oder personelle Konstellationen ebenso dazu führen können, das ähnlich „unbeholfen“ wie auf Privatanleger-Seite gehandelt wird.
Asset Management und Markteintrittschranken
Das Grundrauschen in den Medien in Sachen Kapitalmarktberichterstattung wird häufig dadurch verursacht, dass es in der klassischen Asset Management-Industrie eine sehr große Anzahl von Vermögensverwaltern (Asset Manager, Fondsadvisor) gibt. Betrachtet man viele der Manager unter Performance-Gesichtspunkten, so kommt man zu dem Schluss, dass der Markt scheinbar über recht niedrige Markteintrittsschranken verfügt: Ist die kritische Masse für eine Fondsgründung erreicht, bleiben viele Produkte auch bei Durchschnittlichkeit viele Jahre im Markt. Das Verbleiben von mittelmäßiger bis unterdurchschnittlicher Performance in Kombination mit hohen Anlagevolumina lässt sich häufig noch mit dem Faktor Vertriebsnetz erklären. (Wenn neben anderen Faktoren solche Informationsquellen in der Diskussion Gehör finden sollten – woran kann sich der Anleger langfristig orientieren?).
Klassischer Value-Investor und Fondsmanagement
Man könnte einen klassischen Value-Investor vereinfacht gesagt einfach als einen Sucher nach Investment-Perlen betrachten. Man sieht etwas, was am Markt – Gründe hier beiseite gestellt – scheinbar sehr preiswert erhältlich ist. Auf lange Sicht wird man dieses Investment mit Gewinn veräußern können. Diese Vorgehensweise kann man losgelöst von Börsen betrachten, auch Investments in Unternehmen (Beteiligungen, Private Equity etc.) werden oft durch diese „Brille“ betrachtet.
Fondsmanager bilden oft Kombinationen von Investments – in Form von sogenannten konzentrierten Portfolios. Wenn man zum Beispiel 20 – 40 Werte in einem Portfolio gebündelt hat, kann ein Manager einen Fonds mit diesen Werten bündeln. Sollte dieses Investment über längere Zeit gehalten werden (Volatilität als Thema bei offenen Investmentfonds), kann man von einer Wette mit Diversifikationscharakter sprechen. Diversifizierungscharakter kann man auch verschiedenen Ausprägungen des Value Investings bescheinigen: Der eine Investor sucht unterbewertete Aktien unter Zuhilfenahme der Fundamentalanalyse (Bilanzkennzahlen etc.) aus, der andere Investor investiert gezielt antizyklisch („Contrarian“), wieder ein anderer betrachtet sich als „aktiver“ Value Investor, der unterbewertete, suboptimal gemanagte Unternehmen erkennt und durch eigene Aktivitäten noch für den ertragsträchtigen Exit optimiert (Beteiligungen, Private Equity etc.).
Kapitalverwaltungsgesellschaften und der Wettbewerb der Köpfe
Um gute Value-Manager zu identifizieren, können die zahlreichen Nennungen von Value-Managern und Value Ansätzen in den Medien dienen, zum Beispiel: Dr. Hendrik Leber, Frank Fischer, Legg Mason, Franklin Templeton, Namen wie Tweedy, Browne Company und José -Carlos Jarillo (SIA) – auch findet man viele Ansätze unter Bezeichnungen wie CHICCO (Frank Lingohr) oder CROCI (Deutsche Asset & Wealth Management). Unabhängige Asset Manager haben über die Jahre zunehmende Aufmerksamkeit gefunden, natürlich gibt es auch interessante konzerngebundene Asset Manager.
Wenn man die Fondspaletten der auf Fondsboutiquen spezialisierten Kapitalverwaltungsgesellschaften wie Universal Investment, IPConcept, Axxion und von vielen anderen Häusern gezielt durchforstet, wird man schnell eine Vielzahl von interessanten, unabhängigen „Value-Köpfen“ finden. Ein genaueres Studium der Liste der Fondsadvisor lohnt sich für die Investoren im privaten und institutionellem Bereich, die sozusagen „fundierte“ Wetten als einen von diversen Bausteinen im Portfolio nutzen wollen.
Fazit
Private und institutionelle Investoren werden in Teilen immer „prozyklisch“ investieren. Die verschiedensten Anlagestile (Value, Growth, Personen, Regeln etc.) im Bereich des aktiven Managements stellen ein Angebot dar, verschiedene Herangehensweisen an das Entdecken von langfristigen Investment-Opportunitäten („Perlen“) zu nutzen. Je nach Portfolio-Konstruktion, Regulierung und Risikoaffinität können diese Ansätze - unabhängig von der Produkthülle (Direktinvestments, offener Investmentfonds, Private Equity etc.) – in Kombination mit anderen Produkten und Ansätzen kombiniert werden. Passive bzw. „pseudo-passive“ Investments finden seit Jahren stärkere Beliebtheit, die kontroverse Diskussion im Themenbereich Smart Beta belebt die Branche. Family Offices, Private Banking und unabhängige Vermögensverwalter begeistern sich seit Jahren für Fondsboutiquen, nicht nur im Value Investing-Segment. Bei aktiven Wetten geht es in der Regel um Knowhow, Netzwerk und um Köpfe, die die Fäden zusammen fügen können. Auch hier gilt, wie so oft: Nicht alle Eier in einen Korb legen!
Markus Hill, Asset Management Consultant
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Markus Hill ist Asset Management Consultant in Frankfurt am Main und Herausgeber des Branchen-Newsletters MH-Fokus. Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit in den Bereichen Managerselektion, Investmentkonzept-Checks und Marketing schätzt er den intensiven fachlichen Gedankenaustausch mit Investoren und Produktanbietern. Seine unabhängige Position, die publizistische Tätigkeit sowie zahlreiche Präsentationen im In- und Ausland unterstreichen diese ausgeprägte Branchenvernetzung („Multiplikator“). Kontakt: www.markus-hill.com