„Wir gehen davon aus, dass sich in den verbleibenden drei Quartalen des Jahres 2015 die europäischen Aktienmärkte, unterstützt durch die ultralockere Geldpolitik (Quantitative Easing) der Europäischen Zentralbank (EZB), den schwachen Euro sowie den niedrigen Ölpreis, weiterhin positiv entwickeln werden“, ist Alfred Reisenberger, Investmentstratege der Valartis Bank Austria AG überzeugt. „Man könnte“, so ergänzt Reisenberger, „den Rückgang des Ölpreises, der vor einem Jahr begonnen hat, als positive Deflation sehen, da es zu einer Umschichtung von Vermögen zwischen Ölkonzernen und Konsumenten kommt.“
Die Anlagespezialisten der Valartis Bank haben derzeit vermehrt in europäische Aktien, aber auch in Asien investiert und US Dollar Veranlagungen etwas zurückgefahren. Vor allem deutsche Aktien profitieren von der starken Wirtschaft und dem positiven Konsumverhalten. Während der DAX im 1. Quartal 2015 bereits um rd. 22 Prozent zulegen konnte, zeigte der S&P 500 mit knapp zwei Prozent Anstieg, eine deutlich schwächere Entwicklung.
Die wirtschaftliche Erholung in Europa zeigt aktuell mehr Dynamik als in den USA, welche sich im Citigroup Economic Surprise Index gut ablesen lässt, wenngleich auch von einem deutlich niedrigeren Niveau weg. Dieser Index vergleicht Erwartungshaltungen von Analysten und Wirtschaftsexperten mit der dann eintretenden Realität. Hier zeigt sich, dass die Entwicklung für Europa viel zu negativ eingeschätzt wurde. Der Wert für die USA ist derzeit negativ, allerdings bleibt die Wirtschaftsentwicklung in den USA auf einem sehr hohen Niveau. „Unsere seit längerem bestehende positive Haltung zu Europa hat sich somit eindrucksvoll bestätigt“, so Reisenberger.
Gutes Aktienklima, noch keine Spekulationsphase
Für 2015 erwartet Reisenberger einen signifikanten Anstieg der Gewinne europäischer Unternehmen zwischen 10 und 12 Prozent, vor allem bei stark exportorientierten Unternehmen. Die gute wirtschaftliche Entwicklung, nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Euroländern, wird ausgelöst durch den niedrigen Ölpreis und den tiefen Euro, während die Gewinne der US-amerikanischen Unternehmen durch den starken Dollar gedrückt werden. Wann die amerikanische Notenbank Fed die Leitzinsen erhöhen wird, ist laut den Valartis-Experten noch keinesfalls fix, da die USA ebenso wie Europa mit niedriger Inflation zu kämpfen haben. „Für Kapitalmärkte sind zwar Zinsanhebungen nie gut, allerdings ist die jeweilige Dosis von entscheidender Bedeutung“, so Reisenberger, der jedoch keine großen Verwerfungen an den Märkten erwartet, da die Anhebung der US-Leitzinsen eher moderat ausfallen wird und bereits eingepreist sein sollte. Die Gefahr einer Blasenbildung sieht er nicht, da einerseits die Bewertung nicht zu hoch ist und andererseits die Attraktivität der Aktie ungebrochen ist. Dazu kommt, dass der gesamte Markt steigt, d.h. dass der Anstieg auf breiten Beinen steht. Das Risiko im Anleihenmarkt sei angesichts negativer Renditen bei Laufzeiten bis zu sieben oder acht Jahren tendenziell höher.
Wahlen in den UK als Knackpunkt?
Politisch kann es durchaus zu Verwerfungen kommen, die aber die Märkte nicht nachhaltig negativ beeinflussen sollten. Ein für Europa interessanter Termin wird die Wahl in Großbritannien am 7. Mai sein, die durchaus entscheidend für den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU entscheidend sein könnte.