Willkommen zur wöchentlichen Dosis Kommentar aus dem Camp der Bären. :-) Dabei wär´s ja für uns alle durchaus erfreulicher, wenn eh alles super wäre und wir uns keine Sorgen machen müssten. Genauso gut wär´s wahrscheinlich, wenn wir - die Marktteilnehmer aber auch die Zentralbanken und Regierungen - in den vergangen Jahren ein bisserl mehr darüber nachgedacht hätten, ob wirklich alles was glänzt auch Gold ist und man Marktanpassungen in einzelnen Bereichen nicht nur zugelassen, sondern eventuell sogar gefördert hätte. Möglicherweise muss auch nicht jede/jeder überall mitspielen, das mit dem Börsenführerschein haben wir ja schon besprochen….
Das Frappierende daran ist, dass in den vergangen Jahren nicht nur Assets zu Fantasiepreisen gehandelt wurden, die man eventuell - hätte man sich mit den negativen Zinsen was überlegt - sogar bewerten hätte können, sondern gewaltige Mengen an (Retail?)Geld auch in Dinge (Assets vermeide ich ganz bewusst :-)) geflossen sind, die außer Fantasie und ihre begrenzte Verfügbarkeit an Bewertungsbasis eher kaum eine haben. Kaurimuscheln, Bitcoin, wen kümmert´s am Ende. Greater Fool ist zwar ein hehrer Ansatz, weil mittelmäßig Schlaue gibt´s ja leider überall zu Hauf (gut also, dass wir so g´scheit sind *lol*), aber irgendwann sind wir dann durch und die Herde wechselt die Richtung. In diesem Zusammenhang wurde früher oft von den Lemmingen gesprochen bzw geschrieben, aber vielleicht ist das ja inzwischen politisch unkorrekt… (Lemming*innen? :-))
Warum also jetzt, wo wir an der Schwelle der größten Recovery seit Beginn der Aufzeichnung stehen? Nun weil wir, anstatt natürliche Korrekturmechanismen zuzulassen, durch die Seuche durchgeschaut haben (Covid adjusted EBITDA und so) und uns jetzt der Schmäh ausgeht, was denn noch alles besser werden soll. Erschwerend kommt hinzu, dass es diesmal (this time it´s different! ;-)) tatsächlich soweit sein könnte, dass wir nach 40(!) Jahren - gemessen an der 10jährigen US Treasury Rendite - in ein Umfeld steigender Zinsen hineinschlittern könnten und dafür haben bis auf George, Charlie und Warren wahrscheinlich die wenigsten noch aktiven Portfoliomanager noch ein Playbook.
Fairerweise muss man dabei aber festhalten, dass die Zinsen nur nachhaltig anziehen werden, wenn das auch die Inflation tut bzw. die Inflationserwartungen abheben. Ob das tatsächlich im Blatt ist, ist meiner Ansicht nach noch nicht ganz fix ausgemacht. Die Geschichte mit den Basiseffekten kennen wir; die funktioniert natürlich in beide Richtungen… Damit die Inflation aber nachhaltig ansteigt braucht es schon ein bisserl mehr und das ist, wenn wir uns die letzten Arbeitsmarktzahlen aus den USA anschauen, noch nicht gesetzt. Blöd wär, wenn wir keinen selbsttragenden Aufschwung zustande bringen, die Kapitalmärkte sich ein bisserl verabschieden und die Qualität der in den vergangen Jahren kreierten Geldmengen in Frage stellen…. Aber das ist dann wirklich nur ein Szenario für die echten Bären unter uns.
Abgesehen von diesen unwesentlichen globalen Imponderabilia, ist dieser Mittwoch der 19. Mai für uns hierzulande ein durchaus erfreulicher Tag (und das nicht nur wegen des Geburtstags der Gattin :-)), dürfen wir doch endlich wieder zum Wirtn gehen. Bin schon sehr neugierig, ob es im Ö.Reich der Mitte auch zu Engpässen bei der Bier-Bereitstellung kommt, wie wir es in Großbritannien erlebt haben. In diesem Zusammenhang hoffen wir auch, dass die Bundesregierung, die sich heute Mittag im Schweizerhaus im Wurschtelprater (beabsichtigte Ironie?) zu treffen scheint, sich nicht erwischen lässt, wenn sie vermittels Handzeichen drei Bier bestellt, hat sie doch ohnehin schon genug Probleme mit der Wahrheitspflicht, Interpretation, Datenaufarbeitung und so weiter und so fort…
What is not sustainable eventually will fail! Ist ein Spruch mit beinahe universeller Gültigkeit, der dann auch fast immer passt. :-)
Alles Liebe!
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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