Gröschls Mittwochskommentar: 38/2021

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 22.09.2021 10:15 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
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Das Schöne an den marktnahen Berufungen ist: Fad wird uns irgendwie nie, oder? Nicht, dass jedes Fahrrad, das in Peru umfällt, dann auch gleich Auswirkung auf die Preisbewegungen hat – da ist das sprichwörtliche chinesische Reissackerl, möglicherweise schon relevanter ;-) – aber man kann sich zumindest trefflich den Kopf darüber zerbrechen, weil wer weiß schon, welche chaostheoretischen Unwege die Lemminge zu erwarten glauben… Wobei momentan haben wir es eh nicht nur mit einzelnen Reissäcken zu tun, sondern eher mit ganzen Containerschiffladungen. Die Evergrande Sache (allein der Name macht mich Schmunzeln :-)) ist ja inzwischen hinlänglich bis in die Tiefen, wer vor wieviel Monaten noch wie viele Bonds gekauft hat, bekannt. Ob China damit seinen eigenen (kleinen?) Lehmann-Moment feiern darf, wird man sehen, ist aber – bezogen auf die Benamsung – nur bedingt relevant.

Ein wenig in nachdenklicher Erregung die Nackenhaare aufstellen muss man wohl aber im Hinblick auf die möglichen Lösungsansätze der chinesischen Führung. Unbestritten ist dabei, dass die PBOC und das Zentralkomitee die Angelegenheit zu lösen versuchen werden. Leider ist der TrackRecord der chinesischen Führung bei der Reaktion auf Marktverwerfungen kein besonders aufregender. Das mag zum einen daran liegen, dass ihnen insbesondere die ausländischen Investoren nicht ganz so wichtig sind, zum anderen aber immer noch daran, dass das Know How und auch das Netzwerk fehlt, um marktfreundliche Kommunikation mit den richtigen Flows zur richtigen Zeit zu hinterlegen. Die Goldmänner, JPMorgans und Citigroups dieser Welt werden sich kaum auf Einladung der chinesischen Regierung am Sonntag Abend zur einem Rettungstreffen verabreden. Das nicht zuletzt deshalb nicht, weil sie niemand einladen wird…

Nicht eingeladen bzw. sogar ausgeladen wurden dieser Tage auch die Franzosen aus dem australischen U-Boot Deal. Ob man für die Grand Nation jetzt was übrig hat oder nicht, irgendwie scheinen wir als Unionsbürger, die wir im gleichen (U?)Boot sitzen, da schon auch ein bisserl brüskiert worden zu sein. Überrascht uns die Vorgehensweise? – Eher nicht seit sich die Briten endgültig vom Kontinent losgesagt haben, aber freuen müssen wir uns trotzdem nicht. Inhaltich, politisch und emotional fehlt mir hier zwar die Einsicht, was mir aber in diesem Zusammenhang sinnvoll erschiene, wäre eine neue Kategorie von Märkten zu definieren.

Aktuell operieren wir mit Developed Markets (DM), Emerging Markets (EM) und die ein bisserl Sophistizierteren vielleicht noch mit Frontier Markets(FM). Das ist super. Für alle diese Kategorien gibt es Indexanbieter, die Benchmarks (mit und ohne ESG usw) rechnen und veröffentlichen, Fondsmanager, die diese abbilden und eine ganze Industrie, die davon lebt. Nun wäre es aus mehreren Gründen doch endlich an der Zeit eine neue Klasse für Regionen wie Europa und Japan einzuführen. Wenn die Abkürzung ein bisserl weniger verfänglich wäre, würde vielleicht Saturated Markets (SM) ganz gut passen, aber auch mit Mature Markets (MM) könnte ich leben. Das gäbe nicht nur der Industrie eine neue Allokationsrichtung, mit allem was dazu gehört, es würde damit auch der Realität genüge getan.

Dass es innerhalb diese Kategorie zwischen zB Japan und Deutschland zum Teil große Unterschiede gibt bzw geben muss, ist selbstredend, aber das ist in den EMs wohl nicht anders. Tatsache ist, dass insbesondere (West)Europa, durchaus vergleichbar mit Japan, nahezu ausschließlich mit idiosynkratischen Thematiken befasst ist und darob vom Rest der Welt, nur mehr wahrgenommen wird, wenn´s darum geht irgendwo mitzuzahlen. Klar wird man dafür von der nächsten Generation gern gehabt und oft besucht (haben Sie Kinder/Enkel? :-)), aber wenn´s darum geht wirklich wichtige Entscheidungen zu treffen, wird man immer weniger gefragt… Bedeutet, das zwangsläufig eine rückwärtsgerichtete Entwicklung (Euphemismus?! ;-))? Sicher nicht, aber eine immer stärkere Konzentration auf sein Inneres. Dass Regierende, die selbst schon im Landeanflug sind – vgl. insbesondere Trump & Biden – eine solche Entwicklung eher unterstützen, als sie zu konterkarieren, versteht sich von selbst.

Dass die deutsche Wahl thematisch nicht mehr weit sein kann, wird auch kaum mehr wen überraschen. ;-) Frau Merkel hat mit ihren 67 Jahren ihre Schuldigkeit mehr als getan, Vieles für das Land geleistet, natürlich auch die eine oder andere Baustelle hinterlassen, könnte sich aber nun in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden. Leider gilt das nur für sie als Person und nicht für ganz Deutschland, von dem man denselben Eindruck bekommen bzw dieselben Tendenzen erkennen könnte, wenn man genauer hinschaut, oder?! Die Frage ist, wird das einer der zur Wahl stehenden Kandidaten verändern wollen bzw. die Kandidatin verändern können? Hier darf man wohl durchaus Zweifel haben…..

Nachdem wir mit dieser Woche nun vom Coming Of Age von Xi Jinpings China über die Rente von Merkels Deutschland bis zum Landeanflug von Joe Biden, wohl noch nicht der USA ;-), alle wesentliche Entwicklungsstadien des Menschen behandelt haben, müssen wir uns für nächste Woche wohl was Neues einfallen lassen… *lol*

Have a good one!

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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