Regulatory Corner | Kreditfonds – eine neue Option für die Investmentfondsindustrie?

Markets | 19.07.2022 12:30 Uhr
e-fundresearch.com Gastautor Prof. (FH) Dr. Armin Kammel, LL.M, Senior Manager im Bereich Financial Services Advisory bei KPMG Austria / © e-fundresearch.com / KPMG Austria
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Regulatory Corner Ausgabe #3 | Kreditfonds – eine neue Option für die Investmentfondsindustrie?

verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Prof. (FH) Dr. Armin Kammel, LL.M, MBA, Senior Manager im Bereich Financial Services Advisory bei KPMG Austria.

Mit dem mittlerweile hinlänglich bekannten1 Vorschlag für ein AIFMD II2 wird ein Thema regulatorisch propagiert, das in einzelnen EU-Mitgliedstaaten, wie etwa Luxemburg oder Deutschland seit einigen Jahren etabliert ist, jedoch in Österreich bis dato gar keine Rolle spielte, nämlich Kreditfonds. Unter einem Kreditfonds wird ein Alternativer Investmentfonds (AIF) verstanden, der eine Vielzahl von Krediten entweder vergibt oder erwirbt. Unabhängig davon, ob es sich um ein originäres oder derivatives Kreditgeschäft handelt, sind die allgemeinen Grundsätze des Kollektivanlagengeschäfts einzuhalten. Die seit knapp zehn Jahren kontinuierlich steigende Nachfrage nach Kreditfonds ist primär getrieben durch institutionelle Investoren, aber auch die Suche nach Alternativen zur (Dritt-) Finanzierung von Infrastrukturprojekten. 

Aufgrund seiner offenkundigen Nähe zum Kreditgeschäft gem. § 1 Abs. 1 Z 3 BWG war bis dato eine derartige Tätigkeit in Österreich als exklusives Bankgeschäft qualifiziert. Durch den AIFMD II-Vorschlag ist es jedoch nun der EU-Gesetzgeber, der eine Erweiterung von Kreditfonds in der EU anstrebt. 

Die Vornahme des Kreditgeschäfts durch Kreditfonds soll laut AIFMD II-Vorschlag in engen Grenzen stattfinden, da die Kreditvergabe als „the granting of loans by an AIF as the original lender“ definiert wird. Dies hilft als Abgrenzung zum klassischen Kreditgeschäft, soll aber auch eine Trennlinie zu Private Equity und Venture Capital-Fonds ziehen, damit diese nicht in den Anwendungsbereich fallen. 

Der AIFMD II-Vorschlag beinhaltet derzeit (noch) keine Spezifikation welche AIF-Struktur den Anwendungsbereich für Kreditfonds auslöst, jedoch ist dieser nicht eingeschränkt auf die Kreditvergabe an EU-Kreditnehmer. Dies ist an sich nicht verwunderlich, da einige EU-Regularien, etwa auch das AIFM-Rahmenwerk selbst, immer wieder sehr allgemein hinsichtlich ihres jeweiligen Anwendungsbereichs gehalten sind. 

Im Gegensatz dazu, sollen Kreditfonds im Rahmen von AIFMD II in den Genuss eines EU-Passport-Regimes kommen, was dazu führen wird, dass nationale regulatorische Anforderungen an Kreditfonds anzupassen sind. 

Vor diesem Hintergrund präzisiert der AIFMD II-Vorschlag das Kreditfondsgeschäft wie folgt: 

  • AIFMs haben Kreditvergabeprozesse und -standards zu etablieren, die ein Assessment des Kreditrisikos sowie ein laufendes Monitoring der Kreditportfolios vorsehen müssen. Dies ist zudem mindestens jährlich zu überprüfen. 
  • Die Struktur eines Kreditfonds sollte zum klar überwiegenden Teil (mehr als 60% des NAV) einem geschlossenen Investmentfonds entsprechen, was einerseits der Assetklasse geschuldet ist, andererseits zu erwarten ist, dass durch weitere regulatorische Verschärfungen für Kreditfonds, die Unterschiede zu etwa offenen ELTIFs sowie anderen illiquideren AIF-Strukturen deutlich herausgearbeitet werden sollen, um hier ein neues Produkt „Kreditfonds“ zu etablieren. 
  • Kreditfonds müssen laufend 5 vH des Nominalwerts der vergebenen Kredite zurückbehalten, um das jeweilige Risiko der jeweiligen Investments zu reflektieren. Damit einhergehen auch quantitative Beschränkungen zur Vermeidung von Konzentrationsrisiken, weshalb maximal 20% des Kapitals des Kreditfonds an einen Kreditnehmer vergeben werden darf. 
  • Schließlich haben Kreditfonds auch Interessenkonflikte zu beachten, sodass diese nicht an ihren AIFM, dessen Mitarbeiter, delegierte Dritte oder die Verwahrstelle Kredite vergeben dürfen. 

Wie diese Überlegungen zeigen, ist die Intention des EU-Gesetzgebers klar, nämlich Kreditfonds im Rahmen von AIFMD II in der EU zu etablieren. Dies führt unweigerlich dazu, dass sich das traditionell „Kreditinstitut-lastige“ Österreich nun überlegen muss, wie es sich zu diesem Vorschlag positioniert bzw. ob und in welcher Form es in weiterer Folge zu einer nationalen Umsetzung kommt. Für den EU-Kapitalmarkt wäre ein EU-weites Regime für Kreditfonds eine durchaus attraktive Alternative der Kreditfinanzierung, die zudem auch den Charme hat, dass bekannte vollkonzessionierte Entitäten dieses Geschäft durchführen. Somit reiht sich dieser Vorschlag harmonisch in die kontinuierliche Erweiterung des Kreditgeschäfts ein, die mit dem Crowdfunding (in Österreich im Rahmen des AltFG sowie des Schwarmfinanzierungs-VollzugsG) an sich schon begonnen hat. Entscheidet man sich für die Einführung von Kreditfonds in Österreich, was auch aus Wettbewerbs- und standortpolitischen Gründen opportun wäre, würde das für die Investmentfondsindustrie hierzulande, die nach wie vor – zumindest im Rahmen des klassischen OGAW-Geschäfts – ein Bankgeschäft (§ 1 Abs. 1 Z 13 BWG) betreibt, eine attraktive Möglichkeit, die bis dato hochgehaltene Tradition des „Spezialkreditinstituts“ fortzusetzen. 

In jedem Fall ist eine klare Grenzziehung zum klassischen Kreditgeschäft nach § 1 Abs. 1 Z 3 BWG notwendig und dogmatisch sinnvoll.

Regulatory Corner | Kompakt auf den Punkt – Gedankenanstoß und Orientierungshilfe

Über den Autor: Prof. (FH) Dr. Armin Kammel, LL.M., MBA ist Professor (FH) für Bankrecht und Finanzmarktregulierung an der Lauder Business School (LBS) in Wien sowie Senior Manager im Bereich Financial Services Advisory bei KPMG Austria. Prof. (FH) Dr. Armin Kammel ist zudem allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger im Fachbereich Kredit, Banken, Börsen sowie Autor zahlreicher Publikationen zu bank-, kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtlichen Themen im In- und Ausland.

¨ Prof. (FH) Dr. Armin KAMMEL, LL.M., MBA ist Senior Manager im Bereich Financial Services Advisory bei KPMG Austria in Wien.
1 Siehe dazu schon „Regulatory Corner #1“ vom 07.04.2022.
2 KOM/2021/721 final.

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