Wöchentlicher Börsenbarometer von Dr. Josef Obergantschnig:
Was serviert uns Oberkellner Jerome zum Frühstück?
Heute Morgen bin ich durch die Wiener Innenstadt geschlendert. Unweigerlich ist mir ein Starbucks Logo ins Auge gestochen. Irgendwie passt das nicht in mein Bild von Wien mit seinen traditionellen Kaffeehäusern und grantigen Kellnern. Als ich so vorbeischlenderte, werde ich beinahe von einer jungen Frau mit einer „Tall Latte“ in der Hand, die hastig aus der Filiale schreitet, angerempelt. Als bekennender Espresso-Liebhaber kann ich nur sagen: Zum Glück ist nichts passiert, Frau und Kaffee sind unversehrt. Unweigerlich muss ich an den Starbucks Index denken, der analog dem Big Mac Index den Preis eines Tall Latte in unterschiedlichen Ländern angibt. Starbucks betreibt mittlerweile 32.000 Geschäfte in über 80 Ländern dieser Welt. Die Bandbreite des Kaffeepreises reicht von $7,17 in der Schweiz bis $1,31 in der Türkei. Überrascht hat mich, dass der Tall Latte in Deutschland mit $4,49 um mehr als einen Dollar teurer ist als in Österreich ($3,48). Spannend finde ich auch, wenn man den Preis eines Kaffees in Relation zum Einkommen setzt. Während Menschen in Kambodscha 86% ihres Tageslohnes ausgeben müssten, kostet ein Tall Latte einem US-Amerikaner lediglich 2,1%.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie viel die Top-Verdiener der S&P 500 Unternehmenslenker verdienen? Der Top-Verdiener heißt Peter Kern, der CEO des Online-Reiseanbieters Expedia. Kern verdiente inklusive Bonuszahlungen 296,2 Millionen US-Dollar. Das ist das 2.897fache des Mediangehalts seiner Mitarbeiter. Mit David Zaslav von Warner Bros. Discovery mit 246,6 Millionen Dollar und dem Amazon-Chef Andrew Jassy mit $212,7 Millionen verdienen drei Manager über 200-Millionen-Dollar. Sie werden sich wahrscheinlich auch fragen, wie viel Tim Cook, CEO von Apple, dem wertvollsten Unternehmen der Welt verdient? Cook hat $98,7 Millionen eingestreift und ist damit der am siebendbesten bezahlte S&P 500 Chefs.
Spannend finde ich auch das Gehalt von Eric Yuan, dem Gründer und CEO der Videokonferenzplattform Zoom, die gerade in den ersten Corona-Jahren einen enormen Zuwachs verzeichnen konnte. Seit 2022 ist aber etwas Sand im Getriebe. Eric Jan hat sich von 15% seiner 1300 Mitarbeiter trennen müssen. Aber auch er hat seinen Gürtel enger geschnallt und sein Jahresgehalt auf $6.304 heruntergeschraubt. Auch wenn er es mit einem geschätzten Vermögen von 4,1 Milliarden Dollar verkraften wird, wird diese Geste sowohl von Mitarbeitern als auch Aktionären wertgeschätzt.
Und nun kommen wir noch zur Frage, wie alt denn die Chefs der großen Unternehmen überhaupt sind? Das Durchschnittsalter liegt bei 57 Jahren. Der jüngste in diesem elitären Managerkreis ist ein gewisser Mark Zuckerberg. Seines Zeichens Gründer und CEO von Meta (ehemals Facebook). Neben Zuckerberg sind lediglich drei weitere Manager noch in ihren Dreißigern.
Machen wir einen Schwenk nach China. Das aufstrebende Land hat sich selbst ein Wachstumsziel von 5% für 2023 gesetzt. Volkswirte sind bisher sogar von einem höheren Wachstum ausgegangen, da der Industrieoutput und die Konsumentenausgaben nach dem Ende der Corona-Restriktionen einen wahren Rebound erleben.
Apropos Rebound. In diesem Zusammenhang ist wohl auch Tesla zu nennen. Einer der Verlierer des Jahres 2022 gehört, trotz des Preisrückganges in den letzten Tagen, zu den großen Gewinnern 2023. Der Trend zu Aktien scheint weiter anzuhalten. Elon Musks Vorzeigeunternehmen führt auch das Ranking der beliebtesten Aktien privater Investoren an. Spannend finde ich, dass in der Top-10 Liste sich auch zwei ETF's, die in den breiten Aktienmarkt und damit in eine Vielzahl von Unternehmen investieren, wiederfinden. Auffallend ist auch, dass prominente Namen wie Amazon, Apple, Alphabet, Meta und Microsoft nichts an Attraktivität verloren zu haben scheinen.
Diese Woche stand auch wieder ganz im Zeichen des US-Notenbankpräsidenten, der in einer vielbeachteten Rede mehr Tempo bei den Zinserhöhungen in Aussicht stellt und damit die Märkte unter Druck setzte. Oberkellner Jerome wird uns Investoren wohl Zinserhöhungen der Marke Espresso anstatt eines Latte Macchiatos servieren.
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Financial Strategies GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist
Dr. Josef Obergantschnig ist ein anerkannter Kapitalmarktexperte und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset-Manangers. Mit seinem eigenen Unternehmen ist er mittlerweile im Consulting tätig und stellt darüber hinaus seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz für diverse Weiterbildungsangebote zur Verfügung.
Berater: www.diebildungsstelle.at
Privatanleger: www.ecobono.com
Aktuelle Bücher:
ECOBONO: Nachhaltigkeit im Wandel (story.one, 2022)
Jung - Alt - Tot. Was mich die Börse für mein Leben lehrte. (2021; story.one)
Tagebuch eines Börsianers – Corona Crash 2020 – Wie alles begann“ (2020; SCEN.Zeitwertverlag.ruhr)