Der aktuelle Stillstand im US-Bundeshaushalt hat weitreichende Auswirkungen auf die US-Verwaltung, die Finanzmärkte zeigen sich jedoch unbeeindruckt. Während der Kongress um eine Einigung ringt, stehen rund 750.000 Beschäftigte vor der Unsicherheit eines Zwangsurlaubs. Für die Märkte ist jedoch relevanter, dass die Veröffentlichung entscheidender Wirtschaftsindikatoren auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Historisch gesehen gab es seit 1976 bereits 20 Shutdowns, und die Märkte reagierten bislang stets gelassen (Bloomberg, 3. 10. 2025). Aktuell verzeichnen wir sogar neue Allzeithochs in den USA.
Das Phänomen des Shutdowns
Der US-Kongress muss die jährliche Verwendung des Bundeshaushalts zu Beginn des neuen Haushaltsjahres am 1. Oktober in Form eines Bewilligungsgesetzes beschließen oder über Übergangsgesetze die Finanzierung verlängern. Geschieht dies nicht – wie letzte Woche – tritt der Antideficiency Act in Kraft, und es werden „nicht-essenzielle“ Staatsaktivitäten gestoppt, während „essenzielle“ Bereiche, wie nationale Sicherheit und Sozialsysteme, weiterlaufen. Zwar kontrollieren die Republikaner derzeit beide Kammern – das Repräsentantenhaus und den Senat – jedoch wird im Senat für die meisten Haushaltsgesetze eine qualifizierte Mehrheit von 60 Stimmen benötigt, und hierzu fehlen den Republikanern sieben Stimmen. Sie müssten also mindestens sieben Demokraten gewinnen, um den Haushalt zu verabschieden. Politisch ist der Stillstand das Ergebnis eines Streits über Ausgabenprioritäten und Nebenforderungen; strukturell ist er Ausdruck eines seit Jahren stockenden Haushaltsprozesses.
Es wird geschätzt, dass rund 750.000 Beschäftigte betroffen sind, die nun in den Zwangsurlaub geschickt wurden. Für den Budgethaushalt bedeutet dies etwa 400 Millionen Dollar an aufgeschobener Vergütung pro Tag. Für die Märkte bedeutet es: Warten auf Daten. Denn die Veröffentlichung wichtiger Makrodaten über die Wirtschaftsentwicklung der USA bleibt ausgesetzt, wie beispielsweise die US-Arbeitsmarktdaten vom letzten Freitag oder die Inflationsdaten in dieser Woche.
Auswirkungen überschaubar – es sei denn …
Aus aktueller Sicht scheinen die realwirtschaftlichen Auswirkungen jedoch überschaubar bleiben, vorausgesetzt, es kommt nicht zu einem längeren Shutdown. Die Finanzmärkte reagierten bisher gelassen, und die US-Aktienleitindizes schlossen mit neuen Allzeithochs. Ein längerer Daten-Blackout könnte jedoch die Volatilitätsrisiken erhöhen und den US-Dollar weiter schwächen. Die US-Notenbank Fed könnte ohne Regierungsdaten verstärkt auf die Daten privater Anbieter zurückgreifen – eine derart lange Aufschiebung gilt jedoch als unwahrscheinlich. Einer weiteren Leitzinssenkung um 25 Basispunkte Ende Oktober sollte demnach nichts im Wege stehen. Weitere Impulse wird die beginnende Berichtssaison für das dritte Quartal bringen, die am 14. Oktober beginnt – diese Veröffentlichungen sind unabhängig vom Shutdown und entscheidend für die weitere Entwicklung der Aktienmärkte.
In den kommenden Tagen wird es weitere Verhandlungen und Abstimmungen im Senat geben, die den Stillstand beenden sollen. Wir beobachten die Situation weiterhin und managen unsere Portfolios im Rahmen unserer Investmentstrategie.
Von Clemens Fontner, M.A., Portfolio Manager bei der Kathrein Privatbank
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