Wöchentlicher Börsenbarometer von Dr. Josef Obergantschnig | Christine prescht vor, zieht Jerome nach?
Oops! … I Did It Again! Dieser Song von Britney Spears eroberte Anfang der 2000er Jahre die Musikwelt und wurde zum Welthit. Irgendwie musste ich unweigerlich daran denken, als ich bei einem Espresso über die jüngste EZB-Sitzung gelesen habe. Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank, hat diesen Donnerstag zum zweiten Mal den Einlagenzins für den Euroraum um 0,25% auf 3,5% gesenkt. Grund dafür ist die beinahe schon chronische Wachstumsschwäche des europäischen Wirtschaftsraums. Darüber hinaus ist die Inflation auf ein „erträgliches“ Niveau zurückgegangen. Im Euroraum liegt sie aktuell bei 2,20% und ist damit im Vergleich zum Vorjahreswert von 5,20% oder dem Höchstwert im Oktober 2022 von nahezu 11% deutlich gesunken. Wir nähern uns damit dem EZB-Zielwert von 2,0% kontinuierlich an.
Von den Börsen wurde die Zinssenkung weitgehend positiv aufgenommen, da Kredite für Privatpersonen und Unternehmen günstiger werden und Sparbücher sowie Festgelder weniger einbringen. Das alles soll dazu führen, dass die Banken ihre Überschussliquidität in Höhe von rund 3 Billionen Euro, die sie derzeit bei der EZB geparkt haben, an Kreditnehmer weitergeben. Dieses Vorgehen soll den stotternden Konjunkturmotor wieder ankurbeln. Für dieses Jahr wird schließlich nur ein Wachstum von 0,8% erwartet. Auch 2025 liegt der Euroraum mit einer prognostizierten Wachstumsrate von 1,3% deutlich hinter den USA oder China zurück.
Christine Lagarde hat also vorgelegt. Kommende Woche wird Jerome Powell, Präsident der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed), die Aufmerksamkeit der Finanzwelt auf sich ziehen. Der Markt geht davon aus, dass auch die Fed die Leitzinsen senken wird. Eine Senkung um 0,25% gilt als wahrscheinlich. Beim Notenbankertreffen in Jackson Hole Ende August hat Powell die Finanzwelt bereits auf diesen Schritt vorbereitet. Ich gehe davon aus, dass der gute Jerome liefern wird. Vielleicht wird er sogar überraschen und eine Leitzinssenkung von 0,50% verkünden. Die US-Wirtschaft könnte schließlich auch den einen oder anderen positiven Impuls vertragen.
In den kommenden Wochen wird auch der US-Wahlkampf verstärkt in den Fokus rücken. Bis zur Wahl Anfang November bleibt nicht mehr viel Zeit. Kamala Harris und Donald Trump liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Für langfristig orientierte Investoren wird die US-Präsidentschaftswahl 2024 in einigen Jahrzehnten vermutlich nur eine Randnotiz sein. Schließlich heißt es nicht umsonst: Politische Börsen haben kurze Beine!
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist
Dr. Josef Obergantschnig ist ein anerkannter Kapitalmarktexperte, Unternehmer, Autor und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset-Managers. Mit seinem eigenen Unternehmen berät er Kapitalanlagen, Versicherungen und andere institutionelle Investoren und will darüber hinaus auch seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz an Finanzexperten, Privatpersonen und vor allem auch an junge Menschen unterhaltsam weitergeben.
Infos zum aktuellen Buch: https://www.vonnullaufreich.com
Keynote Speaker: www.josefobergantschnig.at
Weitere Informationen unter: www.ecobono.com / www.obergantschnig.at