Leider fällt es auch diese Woche nicht ganz leicht irgendwo was Positives, Berichtenswertes zu finden. Über die Regierungsbildung in Österreich zu spekulieren, ist wohl genauso unsinnig wie sich auf Trump oder Harris festzulegen. Ein Theater wird´s wohl hüben wie drüben und, was auch immer rauskommt, viele werden sicher unglücklich sein. Die Welt wird sich aber auch nach der Wahl weiterdrehen. Hoffentlich!
Was abseits allenthalben (in unserer kleinen Finanzmarktwelt ;-)) diese Woche für gespitzte Ohren gesorgt hat, war die Meldung der Goldmänner, dass sie über die nächsten zehn Jahre den p.a. Ertrag des S&P500 nominell bei 3% erwarten, real sogar nur bei 1%. No, das sind ja mittelspannende Aussichten. Für den Bondie, dem eh immer schon klar war, dass Aktien eigentlich Teufelszeug sind, ist das jetzt zwar Wasser auf die aktuell eh schon recht gut laufenden Mühlen, aber aus strategischer Asset-Allokation-Sicht würde das wohl doch bedeuten, dass wir uns da was überlegen werden müssen. Täten jetzt die 10-Jährigen in den USA bei sechs bis sieben Prozent notieren und die Europäischen bei vier fünf Prozent, wie ich ;-) das eigentlich korrekt finden würde, wär die G´schicht eine gmahde Wiesen.
Leider haben sich die Marktteilnehmer in den entwickelten Märkten bisher standhaft geweigert, diese Marktanpassung geschehen zu lassen. Naja, und jetzt haben wir den Salat. Wenn wir also davon ausgehen, dass die Inflation sich nicht völlig verabschiedet, sondern sich mittelfristig (wir sehen´s sportlich und nicht keynsianisch mit den Fristen ;-)) zwischen 1,5% und 4% bewegen wird, kommen da in den entwickelten Märkten eher ertrags-ruhige Zeiten auf uns zu. Was machen wir also? Na hoffen, dass die Goldmänner nicht recht haben! :-) Falls aber doch, werden wir uns wohl auf der Risiko-Ertrags-Effizienzkurve weiter nach außen bewegen müssen.
Unter Einsparung der diversen Zwischenschritte (die finden eh in den diversen, möglicherweise nicht immer nur spannenden SAA Sitzungen statt) landen wir früher oder später alle irgendwo bei den Emerging Markets (und Small Caps und HighYield usw., aber da ist eh alles aufgelegt bzw. operationell unproblematisch). Soweit so bekannt und so regional unterschiedlich, der spannende Aspekt ist dabei aber, ob die diversen EMs Freude damit haben werden, westliche Investoren mitnaschen zu lassen. War das Anfang der 2000 Jahre als das BRIC (Bloody Ridiculous Investment Concept © Nigel Blanchard :-)) Akronym und bald drauf das Bank Austria Zertifikat RICH (Russia, India, China) entstanden ist, zweifelsohne so, dass man sich auf den dortigen Kapitalmärkten gefreut hat, wenn sich überhaupt was bewegt und ein paar wenige ein bisserl was mitverdienen durften, könnte das heutzutage völlig anders sein.
Nicht, dass es zur Stunde so ausschaut, als würde Putin und der globale Süden damit erfolgreich sein, den US-Dollar, außer vielleicht durch Bitcoin ;-), nachhaltig zu ersetzen, wär es möglicherweise weniger schwierig, Kapitalerträge ausländischer Investoren überproportional stark zu besteuern, insbesondere dann wenn man auf der anderen Seite mit überhöhten Importtarifen konfrontiert ist. Entglobalisierung also nicht nur auf dem realen Gütermarkt, sondern auch auf den Kapitalmärkten? Alles in allem also wenig erfreuliche Möglichkeiten, die uns da so einfallen für die Zukunft des Fondsmanagers, aber natürlich auch für kapitaldeckungsorientierte Pensionssysteme. Na wenigstens da wär Österreich dann wieder vorn dabei, spezialisieren wir uns ja seit jeher eh eher auf´s Drucken als aufs Veranlagen.
Naja und weil, obwohl wir ein eh wirklich gutes Jahr hinter uns haben, das Glas schon wieder eher halb leer als halb voll ist, noch eine Frage in die Runde: Wisst Ihr, was der Agrarökonom sagt, wenn er die beste Ernte seines Lebens eingefahren hat? – Na, es war nicht ganz so schlecht wie letztes Jahr! :-)
Ein kleiner Agrarökonom schlummert wohl in (fast jedem Ost)Österreicher!
Alles (nur aus) Liebe! :-)
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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