Wöchentlicher Börsenbarometer von Dr. Josef Obergantschnig | 20.000 und ein starkes Jahr ante-portas
Das Jahr neigt sich langsam dem Ende zu. In der vermeintlich ruhigen und besinnlichen Vorweihnachtszeit erreicht der Stresslevel für viele von uns ungeahnte Höchststände – sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich. Auch ich persönlich kann mich diesem bunten Treiben (leider) nicht ganz entziehen. Bei uns in Österreich wird bei Terminen regelmäßig Kaffee angeboten. Insofern habe ich aufgrund der Termindichte meinen persönlichen Espresso-Konsum deutlich gesteigert. Das hindert mich jedoch nicht daran, an meiner bewährten Morgenroutine festzuhalten.
An den Kapitalmärkten ist der Stresslevel im Gegensatz dazu auf einem sehr niedrigen Niveau. Die Stimmung bleibt optimistisch, und viele Aktienmärkte notieren an oder zumindest nahe ihrer Allzeithochs. „20.000“ hat für mich gute Chancen, die Zahl des Jahres 2024 zu werden. Vor Kurzem konnte der deutsche DAX erstmals in seiner Geschichte die 20.000er-Hürde überspringen. Diese Woche folgte die Technologiebörse NASDAQ Composite. Gegen Jahresende werfe ich traditionell einen Blick auf die Prognosen vom Jahresbeginn. Damals notierte der NASDAQ Composite bei rund 15.000 Punkten, und es gab zahlreiche Gründe, warum das Jahr 2024 für Tech-Aktien schwierig werden könnte. Nicht einmal ein Jahr später hat sich der Wert der Technologie-Aktien um ein Drittel erhöht, und wir können auf ein außergewöhnlich gutes Jahr zurückblicken.
Für das kommende Jahr sind die Prognosen ebenfalls positiv. Für den breiten S&P 500 bewegen sich die Schätzungen der Wallstreet-Banken zwischen 6.400 und 7.100 Punkten. Der größte Optimist ist Oppenheimer, die vom heutigen Niveau aus eine Performance von rund 17% prognostizieren. Am „pessimistischsten“ zeigt sich UBS, die eine Wertsteigerung von rund 6% erwartet. Es scheint also angerichtet. Klar ist jedoch, dass es sich dabei nur um Prognosen handelt. Die Wahrheit liegt nicht in den Strategiebüchern der Investmentbanken, sondern auf dem glitschigen Börsenparkett.
Ein Schwenk zur EZB: Präsidentin Christine Lagarde hat am Donnerstag zum vierten Mal in diesem Jahr den Einlagensatz wie erwartet um 0,25% auf 3,0% gesenkt. Aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und einer Inflationsrate von lediglich knapp über der EZB-Richtmarke von 2% gehen viele Kapitalmarktteilnehmer von weiteren Zinssenkungen im Jahr 2025 aus.
Besonders augenscheinlich ist die Lage in Deutschland. Just am Freitag, dem 13., veröffentlichte das Ifo-Institut das Barometer für die Investitionserwartungen. Der Ausblick ist wenig erbaulich, da viele Unternehmen aufgrund struktureller Standortprobleme und einer hohen Unsicherheit hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ihre Investitionen zurückhalten. Im Gegensatz dazu ist die Stimmungslage bei Unternehmen und Privatpersonen in den USA deutlich besser. Beim letzten ZEW-Finanzmarkttest gingen zwei Drittel der deutschen Analysten davon aus, dass US-Aktienkurse in einem Jahr höher stehen werden als heute. Für den deutschen DAX oder den STOXX-50 (Euroraum) prognostizieren hingegen nur 4 von 10 Analysten steigende Kurse. Für Investoren macht es daher durchaus Sinn, global zu investieren und sich nicht nur auf bekannte Namen aus der Heimat zu verlassen. All jene, die das in den letzten 10 bis 15 Jahren nicht beherzigt haben, dürften dies vermutlich bitter bereuen. Ich bin fest davon überzeugt, dass ein globaler Ansatz auch in den nächsten 10 oder 20 Jahren Stabilität ins eigene Portfolio bringt. Insofern bleibe ich meinem Grundsatz „Invest Global“ auch 2025 treu.
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist
Dr. Josef Obergantschnig ist anerkannter Kapitalmarktexperte, Unternehmer, Autor und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset-Managers. In der Führungsebene der NIXDORF Kapital Unternehmensgruppe bringt er seine Expertise in den Bereichen Strategie, Finanzen und Nachhaltigkeit ein, um das Thema Impact-Investing weiter voranzutreiben. Darüber hinaus ist es ihm ein besonderes Anliegen, seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz nicht nur an Finanzexperten und Privatpersonen, sondern vor allem auch an junge Menschen auf unterhaltsame Weise weiterzugeben.
Infos zum aktuellen Buch: https://www.vonnullaufreich.com
Keynote Speaker: www.josefobergantschnig.at
Weitere Informationen unter: www.ecobono.com / www.obergantschnig.at
