Mit Pauken und Trumpeten ist diese Woche nicht nur die Ballsaison nun endlich so richtig in Schwung gekommen. Hüben wie drüben dreht man sich herausgeputzt und voller Wonne am liebsten um die eigene Achse, wobei selbst wenn man beim Fleckerlwalzer der Dame hinter einem die Ferse ordentlich in die Achillessehne rammt, um gleich darauf vor lauter Schreck der eigenen Dame ordentlich auf die Zecherln zu steigen (sounds familiar? ;-)), bleibt der Schaden sowohl regional als auch begrenzt. Meistens. :-) Anders leider auf den Floors, die DJ Trump auf der anderen Seite des Atlantiks bespielt.
Wobei wir bei allem – aufgelegtem! – Trump Bashing die Angelegenheit natürlich differenziert betrachten müssen. Wirtschaft kann er, America First hat nicht er erfunden, er schreit nur lauter, die Verschuldungsproblematik wär auch jedem anderen Präsidenten auf den Kopf gefallen. Was er nicht kann bzw. nicht mag ist der Rechtsstaat, das wiederum hat er mit allen vergangenen und aktuellen Autokraten gemein. Empirisch nachweisbar ist die Korrelation zwischen der Existenz/Akzeptanz der Rule of Law und der wirtschaftlichen Prosperität von Volkswirtschaften, wobei die Analyse bisher eher nur für Emerging Markets Relevanz hatte. Schau mer mal, was die USA aushält…
Schaffen wir im post-historischen Europa es also einerseits die wirtschaftlichen Entwicklungen mitzutragen und andererseits zu akzeptieren, dass auch wir unsere (zum Teil recht artifiziellen) moralischen Standards werden anpassen oder aussetzen müssen? Nun die Finanzmärkte können das und werden das auch tun, wissend, dass DJ Trump der Präsident ist, dessen Streben und Handeln so nah mit der Entwicklung des S&P 500 verbunden ist, wie keines anderen davor. Politisch, regulatorisch wird die Angelegenheit wohl deutlich kompliziert, sonnt man sich hierorts doch gern im Licht der moralisch, ethischen Oberinstanz, der man bereit ist schon mal Wirtschaftswachstum und Verteidigungsfähigkeit zu opfern.
Die von mir hoch geschätzte Karen Ward (JPM) hat das unlängst so beschrieben: Europa sitz in einem Bus, der eine Straße entlang rast, das Problem ist nur, dass wir die einzigen im Bus sind und alle anderen von draußen zuschauen. Wir haben also die Möglichkeit, auszusteigen und mit den anderen den Bus ziehen zu lassen oder allein weiterzufahren, nur wird das dann weder uns noch die Welt retten. Fürchte also, wir werden uns dem Rest der Welt annähern müssen, wenn wir weiter mitspielen wollen, weil umgekehrt, wird sie uns möglicherweise was husten…
Ein bisserl genauer betrachtet hat Trump die Trümpfe allesamt in der Hand. Der USD ist nach wie vor die Reserve-Währung, die US-Wirtschaft brummt, das Außenhandelsdefizit und mithin die Abhängigkeit der nach Amerika exportierenden Länder vom US-Konsumenten ist enorm und auch militärisch läuft in der westlichen Welt ohne die Staaten kaum was. Kommt jetzt also der Marsianer auf die Erde (und nicht umgekehrt ;-)) und analysiert die aktuelle Situation, wird er kaum eine Wahl haben, als Trump (es geht hier nur um´s wirtschaftliche!) durchaus rationales Handeln zu unterstellen.
Unglücklich macht den historisch interessierten Erdling, hier wohl insbesondere den Europäer, dass das System, das Trump nun ins Chaos zu stürzen droht, eines ist, das die USA seit dem Zweiten Weltkrieg, wenn nicht geschaffen, doch zumindest wesentlich mitgestaltet haben. Ein starkes unabhängiges Europa, das eventuell hätte eigene Wege gehen können, war aus unterschiedlichen militärischen, wie wirtschaftlichen Überlegungen sicher nicht die Prio Eins der diversen US-Administrationen. Was uns aber vor allem auch die jüngere Vergangenheit gelehrt hat, ist, dass die US of A, so es für sie opportun ist, auch kein Problem hat, sich unter dem Hinterlassen völlig verbrannter Erde aus dem Staub zu machen. Vergleiche mit tatsächlichen Begebenheiten im Nahen Osten sind weder gewollt noch zutreffend…. ;-)
Also diesmal nicht anschnallen und die Schutzpositionen einnehmen, sondern aufstehen, umschauen und aktiv bleiben (das bitte gilt aktuell mehr denn je auch für Finanzmarktprodukte! ;-)), es werden sicher einige Flieger abstürzen, aber man muss ja nicht in jedem drinn sein! :-)
Live Long & prosper! 🖖
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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