Wöchentlicher Börsenbarometer von Dr. Josef Obergantschnig | Ein politisch rauer Wind mit wirtschaftlichen Folgen
Diese Woche geht es politische hoch her. Während ich meinen morgendlichen Espresso trinke, beschäftige ich mich dieser Tage vorwiegend mit politischen Themen, die auch Auswirkungen auf die Wirtschaft haben und damit auch für Unsicherheit an den Börsen sorgen. Während in Österreich die politischen Verhandlungen ins Stocken geraten, wird in den USA der Ton in der Wirtschaftspolitik rauer. Donald Trump setzt seinen Kurs der wirtschaftlichen Selbstbestimmung fort, und Jerome Powell, Chef der Federal Reserve, steht dabei zwischen den Fronten. In seiner Anhörung vor dem Senat hielt sich Powell auffallend zurück, wenn es um Trumps Politik ging – ein geschickter Schachzug, um die politische Unabhängigkeit der Notenbank zu wahren. Doch zwischen den Zeilen war seine Botschaft klar: Die Fed wird sich nicht unter Druck setzen lassen.
Die Märkte hatten sich bereits Hoffnungen auf baldige Zinssenkungen gemacht, doch Powell dämpfte diese Erwartungen. Seiner Einschätzung nach besteht kein Grund zur Eile. Ein wichtiger Aspekt ist die Inflation, die am Tag nach den Ausführungen des Präsidenten der amerikanischen Notenbank unerwartet wieder auf 3% gestiegen ist. Die Finanzmärkte reagierten enttäuscht, da weithin mit eine Senkung der Zinsen gerechnet wurde.
Während Powell die Ruhe bewahrt, treibt Trump seine protektionistische Agenda weiter voran. Die USA werden ab nächstem Monat einen 25%igen Zoll auf alle Stahl- und Aluminiumimporte erheben – eine Maßnahme, die Trump als notwendig ansieht, um amerikanische Arbeitsplätze zu schützen. Doch damit nicht genug: Der Präsident ließ durchblicken, dass er auch Zölle auf Autos und Halbleiter prüft. Die Botschaft ist klar – Trump will Amerikas Industrie wieder stärker vom globalen Handel entkoppeln.
Die EU reagierte prompt auf diese Drohung. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte klar, dass Europa bereit sei, die eigenen wirtschaftlichen Interessen zu verteidigen. „Wir sind offen für Dialog, aber nicht naiv“, erklärte sie. Brüssel prüft bereits Gegenmaßnahmen, die von gezielten Vergeltungszöllen bis hin zu einer neuen Industriestrategie reichen könnten. Die transatlantischen Beziehungen stehen also vor einer neuen Belastungsprobe – mit potenziellen Auswirkungen für Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks.
Während Trump mit seiner Zollpolitik eine neue Front eröffnet, kämpft China weiterhin mit den Nachwirkungen seiner geplatzten Immobilienblase. In den letzten Jahren konnte Peking durch einen starken Exportboom eine tiefe Wirtschaftskrise vermeiden. Doch nun zeigt sich, dass die Erholung ins Stocken gerät: Die Immobilienverkäufe schwächeln weiter, und die Lage für große Bauunternehmen bleibt angespannt.
Besonders deutlich wurde dies Ende Januar, als die chinesische Regierung eingreifen musste, um China Vanke Co., einen der größten Bauträger des Landes, zu stabilisieren. Mit einem geplanten Rettungspaket in Höhe von 6,8 Milliarden Dollar soll ein weiteres Abrutschen verhindert werden. Doch das eigentliche Problem liegt tiefer: Chinas Regierung hat in den letzten Jahren versucht, die Abhängigkeit von schuldenfinanzierter Immobilienentwicklung zu reduzieren. Das führte dazu, dass die Preise um 30% gegenüber dem Höchststand 2021 gefallen sind und der BIP-Anteil der Branche von rund 24% auf 19% geschrumpft ist.
Der Immobilien-Preisverfall trifft auch die chinesische Bevölkerung, die den größten Teil ihrer Vermögenswerte traditionell das eigene Haus oder die eigene Wohnung ist. Das wiederum führt dazu, dass viele Chinesen ihre Konsumausgaben zurückfahren und damit einen dämpfenden Effekt auf die Wirtschaft auslösen.
An den Aktienmärkten sind wir gut ins Jahr 2025 gestartet. Im Gegensatz zu den letzten Jahren führen europäische Aktienindizes das Feld an. Wir blicken in auf eine sehr gute Performance in den letzten Jahren zurück und die Frage, die sich vermutlich viele Investoren stellen: Wie lange hält der positive Trend noch an?
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist
Dr. Josef Obergantschnig ist anerkannter Kapitalmarktexperte, Unternehmer, Autor und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset-Managers. In der Führungsebene der NIXDORF Kapital Unternehmensgruppe bringt er seine Expertise in den Bereichen Strategie, Finanzen und Nachhaltigkeit ein, um das Thema Impact-Investing weiter voranzutreiben. Darüber hinaus ist es ihm ein besonderes Anliegen, seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz nicht nur an Finanzexperten und Privatpersonen, sondern vor allem auch an junge Menschen auf unterhaltsame Weise weiterzugeben.
Infos zum aktuellen Buch: https://www.vonnullaufreich.com
Keynote Speaker: www.josefobergantschnig.at
Weitere Informationen unter: www.ecobono.com / www.obergantschnig.at
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