"Ziemlich genau zehn Jahre sind vergangen, seit die durch das US-amerikanische Subprime-Debakel losgetretene Krise die Finanzmärkte in ihren Grundfesten erschütterte und die amerikanische Großbank Lehman Brothers zu Fall und andere renommierte Institute ins Wanken brachte. Weltweit brachen die Aktienbörsen um 50 Prozent und mehr ein. Heute scheint das Geschichte, wären da nicht die Notenbanken, deren unvergleichbare Rettungsaktionen wohl Schlimmeres verhindert haben. Die Folgen davon reichen bis in die Gegenwart.
Bei der Septembersitzung der US-Notenbank wurde nun ein weiterer Schritt beschlossen, um diese Rettungsanker weiter einzuholen. Ein weiterer Zinsschritt noch vor Jahresende scheint ausgemachte Sache. Gleichzeitig hat die Notenbank detaillierte Informationen über die anstehende Bilanzverkürzung gegeben. Ab Oktober wird sie monatlich bis zu zehn Milliarden US-Dollar an fälligen Wertpapieren nicht mehr reinvestieren. Im kommenden Jahr könnten die zu reinvestierenden Volumina um bis zu 50 Milliarden US-Dollar im Quartal sinken. Diesseits des Atlantiks wird die Europäische Zentralbank ihr QE-Programm zurückfahren.
Damit kann kein Zweifel mehr daran bestehen, dass sich die Liquiditätshausse, die die Aktienbörsen über die letzten Jahre zu neuen Höchstständen getragen hat, dem Ende zuneigt. Es kann kaum verwundern, dass sich die Sorgen um Übertreibungen auf dem Börsenparkett mehren.
Allerdings greift diese Betrachtungsweise zu kurz. Vielmehr gilt, dass de facto alle Kernvermögensklassen teuer sind. Dies gilt insbesondere für festverzinsliche Wertpapiere in ihren unterschiedlichsten Facetten. Die Renditen von europäischen Staatsanleihen bewegen sich nur leicht über 1 Prozent. Deutsche Bundesanleihen rentieren marginal positiv und schweizerische Eidgenossen bei oder unter null. Unternehmensanleihen werden mit Zinsdifferenzen in der Nähe der Tiefstände vor der Wirtschafts- und Finanzkrise gehandelt. Wenn aber alle Vermögensklassen teuer sind, wird die relative Betrachtungsweise für die langfristigen Investoren bestimmend.
Vereinfacht ausgedrückt sollte die Rendite von Staatsanleihen dem langfristigen nominalen Wirtschaftswachstum zuzüglich einer Risikoprämie entsprechen. Für deutsche Bundesanleihen würde sich demzufolge eine langfristige Zielrendite zwischen 2 und 2,5 Prozent errechnen. Eine zu erwartende Normalisierung des Zinsabstandes zu Unternehmensanleihen impliziert Renditeabstände um die 100 Basispunkte. Das aktuelle Zinsniveau impliziert damit, dass die Vermögensklasse „festverzinsliche Anlagen“ über die kommenden Jahre wohl eher eine Nullperformance auf dem Börsenparkett hinlegen wird.
Demgegenüber trägt die Besserung des ökonomischen Umfelds nun Früchte. Nach mehreren enttäuschenden Jahren wachsen die Unternehmensgewinne auf beiden Seiten des Atlantiks wieder zweistellig und bieten damit das notwendige Fundament für Aktienengagements. Zweifellos ist zu konstatieren, dass auch diese Vermögensklasse angesichts des aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnisses von etwa 22 (MSCI-Weltindex) nicht mehr wirklich billig ist. Ein weiteres sogenanntes „Rerating“, also steigende Kurs-Gewinn-Verhältnisse, die auf der Hoffnung auf einen Turnaround der Unternehmensgewinne basieren, ist daher nicht mehr zu erwarten. Kursanstiege werden daher primär von den Unternehmensgewinnen gestützt. Hohe einstellige Renditen sind in dieser Börsenphase die Regel.
Im Gegensatz zu festverzinslichen Papieren erscheinen Aktienengagements damit als die attraktivere Investition. Allerdings gilt auch hier: Die Bäume wachsen nicht in den Himmel. Weiter steigende Zentralbankzinsen werden über kurz oder lang das Kurspotenzial von Aktienengagements begrenzen. Allerdings agieren die Zentralbanken sehr umsichtig, zumal die Inflation sich weltweit noch sehr verhalten geriert und das Wachstum keine Überhitzungserscheinungen erkennen lässt."