Mit der erneuten Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten haben sich die Weltpolitik und die Haltung zur Nachhaltigkeit verändert. Das hat Auswirkungen auf das Anlegerverhalten und macht es Unternehmen wie Privatanlegern nicht leichter. Gleich an seinem ersten Tag im Amt hat Trump wieder einmal den Austritt der USA aus der Pariser Klimavereinbarung erklärt. Manche seiner anderen Wahlversprechen scheinen weniger leicht umsetzbar zu sein, doch werden schon jetzt viele ESG-Zusagen eingeschränkt oder aufgegeben.
So gab die amerikanische Umweltschutzbehörde, die Environmental Protection Agency, gerade erst eine Überprüfung ihrer Vorschriften zum Klimaschutz und zur Lufts- und Wasserverschmutzung bekannt, was zur größten Deregulierung in der amerikanischen Geschichte führen könnte. Noch wissen wir aber nicht, was sich wirklich ändert und welche Folgen das hat. Eine völlige Kehrtwende der Politik ist aber unwahrscheinlich, vor allem mit Blick auf den unter Joe Biden 2022 verabschiedeten Inflation Reduction Act (IRA). Er soll Investitionen in saubere Energien fördern.
Im Wahlkampf hat Trump zwar das Ende dieses Programms versprochen, doch wird es von beiden Parteien durchweg unterstützt. Schließlich fließt ein Großteil der Zahlungen in republikanische Wahlkreise. Statt den Inflation Reduction Act vollständig abzuschaffen, dürfte die Trump-Administration daher eher kleinere Anpassungen anstreben. Trump kann so oft „Drill, Baby, Drill“ fordern, wie er will – am Ende muss er die Realitäten akzeptieren: Zurzeit ist Öl so billig, dass sich eine höhere Förderung für viele Unternehmen einfach nicht lohnt.
Wir glauben deshalb, dass sich Unternehmen und Investoren mehr mit den Realitäten als mit der Trumpschen Rhetorik befassen sollten.
Weltweite Zusagen trotz Unsicherheit
In Europa ist man noch immer fest entschlossen, bis 2050 die Netto-Null zu erreichen. Nicht die neue US-Administration hat hier in den letzten Jahren am meisten verändert, sondern der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Durch ihn wurde die Energiesicherheit wieder zu einem Thema. Der Krieg zeigt, wie eng Energiewende und unabhängige Energieversorgung zusammenhängen.
China wiederum ist zwar noch immer der weltgrößte Umweltverschmutzer, hat aber einige Netto-Null-Zusagen bereits erfüllt und will die Kapazität seiner Wind- und Solarkraftanlagen bis 2030 auf 1.200 Gigawatt steigern.1 Und Saudi-Arabien, einer der größten Ölförderer der Welt, bereitet sich bereits auf das Leben nach dem Öl vor und prüft, was für einen geordneten Übergang nötig ist.
Aber nichts davon ist sicher, und das vor allem wegen der neuen US-Position zum Klimawandel, zur Finanzierung der Dekarbonisierung und zu internationalen Beziehungen. US-Zölle werden den Welthandel beeinträchtigen, was die Lieferketten stört und der Nachhaltigkeit schadet. Vielleicht können Unternehmen künftig nicht mehr so leicht die Rohstoffe und Finanzmittel beschaffen, ohne die sie ihre Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen können.
Dekarbonisierung durch erneuerbare Energien
Dennoch sehen wir große Fortschritte auf dem Weg zur Netto-Null. Nach einer aktuellen Studie der internationalen Energieagentur IEA wird 2025 mehr als ein Viertel aller weltweit verkauften Auto ein Elektrofahrzeug sein. Langfristig werden erneuerbare Energien im Verhältnis zu Öl und Gas immer billiger. Die Stromnachfrage steigt, vor allem wegen der Fortschritte Chinas und der künstlichen Intelligenz, die immer mehr und leistungsfähigere Datenzentren benötigt. Außerdem verbessern erneuerbare Energien die Energiesicherheit in den Emerging Markets.
Es muss aber nicht nur mehr Strom erzeugt werden, von dem ein Großteil aus erneuerbaren Energien stammt. Nötig sind auch höhere Investitionen in die Netze und den Stromtransport. Davon profitieren alle Branchen und Verbraucher. Die neue US-Administration kann daran nichts ändern.
Besser informieren und Verantwortung übernehmen
Auch DEI-Initiativen (Diversity, Equity and Inclusion) geraten unter Druck, nicht zuletzt wegen der Trumpschen Rhetorik. Einige Unternehmen haben ihrerseits die Wortwahl angepasst. Oft umschreiben sie DEI jetzt als das Bemühen um die besten Mitarbeiter, egal ob sie die klassischen DEI-Bedingungen erfüllen oder nicht. Vermutlich werden staatliche Vorgaben mehr und mehr durch eine freiwillige Berichterstattung ersetzt. Wir glauben daher, dass Unternehmen weiterhin umfassende Nachhaltigkeitsdaten veröffentlichen werden, da dies für ihr Geschäft und ihre Rentabilität immer wichtiger wird.
Auch dürften Unternehmen bei Nachhaltigkeitsfragen stärker auf deren (finanzielle) Relevanz achten. Sie wollen beweisen, dass ihre Richtlinien etwas bewirken – und Anleger verlangen bessere Informationen. Anleger spielen hier eine wichtige Rolle – durch Dialog, Engagement und Eigentümerverantwortung. Sie können das Verhalten von Unternehmen und anderen Emittenten beeinflussen. Eines ihrer schärfsten Schwerter ist, dass sie in überzeugende nachhaltige Unternehmen oder Finanzinstrumente wie grüne Anleihen investieren können.
Grüne Anlagen weiter auf einem guten Weg
Auch wenn in den USA dieses Jahr deutlich weniger grüne Anleihen begeben werden, ist der Weltmarkt noch immer stabil. Vielleicht ist das eine Chance für Anleger, sich in interessanten Regionen wie Lateinamerika und Europa umzusehen. Wir rechnen weiterhin mit einem starken Wachstum des Marktes für grüne Anleihen und glauben, dass man mit ihnen auch in Zukunft in die Energiewende investieren kann.
Weil die Risiken – u.a. für das Klima, die Artenvielfalt und den sozialen Zusammenhalt – zunehmen, muss man sie beim Investieren immer stärker berücksichtigen. Wir glauben, dass Nachhaltigkeitsüberlegungen zu besseren Anlageentscheidungen führen.
Der Klimaschutz macht weitere Fortschritte, und wir sehen darin viele Chancen für Anleger. Dazu zählen neue Technologien und Lösungen, die Menschen, Unternehmen und Volkswirtschaften helfen, mit den Risiken und Herausforderungen zurecht zu kommen.
Letztlich ist Sicherheit untrennbar mit Nachhaltigkeit verbunden. Trotz der derzeitigen politischen Turbulenzen, ausgelöst vor allem von der neuen US-Administration, rechnen wir nicht mit einer Kehrtwende: Die Dekarbonisierung geht weiter, wenn auch nicht immer so schnell wie gewünscht.
Von Chris Iggo, CIO Core Investments, AXA Investment Managers
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