Hinter den Schlagzeilen
Häufig werden wir um unsere Einschätzung zu den diversen Daten gebeten, die über den deutschen Markt veröffentlicht werden. Die jüngsten BIP-Daten für das vierte Quartal 2014 fielen mit 0,7% im Vergleich zum Vorquartal beispielsweise durchaus robust aus und überraschten den Markt positiv.
Uns hingegen überrascht die lebhafte Geschäftstätigkeit nicht. Sie deckt sich mit unseren Analysen und unseren Gesprächen mit den Geschäftsführungen vor Ort. In den letzten Monaten haben wir sogar eine noch optimistischere Haltung eingenommen, obwohl wichtige Daten wie Geschäftsklimaumfragen und gesamtwirtschaftliche Daten schwächer ausfielen.
Solche Unterschiede sind uns bereits in der Vergangenheit aufgefallen, weshalb wir die entsprechenden Wirtschaftsdaten mit einem gewissen Vorbehalt betrachten. Dennoch werden sie trotzdem von uns berücksichtigt. Diese Daten sind treibende Faktoren für die Aktivität am Markt, sie können jedoch auch schwanken und sollten kritisch betrachtet und überprüft werden, wie wir unlängst am Beispiel der Industrieproduktionszahlen vom Dezember gesehen haben.
Vor allem aber entstehen unsere Einschätzungen durch eine tiefgründige Analyse nach dem Bottom-up-Ansatz jener Unternehmen, die wir abdecken. Sollte eine Ungleichheit zwischen unseren Unternehmensanalysen sowie den Erkenntnissen unserer Gespräche aus erster Hand einerseits und den datengetriebenen Entwicklungen am Markt andererseits herrschen, dann unterziehen wir diese Ergebnisse einer genauen Prüfung, um die entsprechenden Abweichungen nachvollziehen und daraus einen Vorteil für unsere Anleger ziehen zu können.
Erkenntnisse über Inflation und QE
Die Deutung von Inflationsentwicklungen ist ein weiterer Bereich, der eine genaue Überprüfung erfordert. Auf der einen Seite fielen die BIP-Daten des vierten Quartals robust aus und auf der anderen Seite drohte eine Deflation. In den meisten Situationen ist dies eine seltsame Kombination. In diesem Fall können wir den Effekt des fallenden Ölpreises auf die Aktienkurse nicht außer Acht lassen. Die Frage ist nun, ob sich der Druck der quantitativen Lockerung (Quantitative Easing - QE) gegen die hartnäckig niedrigen Preise durchsetzen kann und welche Auswirkungen dies auf die Aktienkurse der Unternehmen haben wird.
Ausschlaggebend ist natürlich, wohin das Geld fließt. In Großbritannien sehen wir auch nach der Einführung des QE-Programms im Umfang von 375 Mrd. GBP noch einen schwachen Inflationsdruck. Unserer Ansicht nach werden sich die Auswirkungen der geldpolitischen Lockerung durch die EZB auf die Finanzmärkte beschränken und Anleihen- und Aktienkurse begünstigen, ohne jedoch das beabsichtigte Ziel zu erreichen, die Preise in der Gesamtwirtschaft nach oben zu treiben.
Kurzfristig verfügt der deutsche Staat aber über einen ausgeglichenen Haushalt, weshalb wir nicht von einer Nettoneuemission von Bundesanleihen ausgehen. Und mit der EZB als neuer Käufer am Markt dürften die Anleihenkurse steigen, was das Interesse der Anleger für höher verzinsliche Rentenanlagen und Aktien stärken wird.
Mittelfristig gibt es einen weiteren wichtigen Punkt, der bei der Inflationsdiskussion anscheinend beinahe vollständig übersehen wird: Die Produktionsgrenzkosten. Bei unserer Analyse der verschiedenen von uns betrachteten Unternehmen bewegen sich die Produktionsgrenzkosten im Zuge des großen technologischen Fortschritts einer Industrie immer weiter Richtung Null. Intelligente Technologien tragen zur Optimierung des Produktionsprozesses und zur Minderung von Produktionskosten bei und ermöglichen bessere Kostenkontrollen.
In Deutschland wird dies als Industrie 4.0 bezeichnet, also die vierte industrielle Revolution.
Baring German Growth Trust
Diese Revolution bindet die Informatisierung sowie die digitale Technologie in den Industrieprozess mit ein. Aber auch der 3D-Druck und erneuerbare Energien sind Bereiche, in denen Deutschland führend ist. Der Rückgang der Grenzkosten bietet der Unternehmenslandschaft in Deutschland einen Wettbewerbsvorteil, der im Portfolio eine angemessene Berücksichtigung findet.
Raum für Bewertungssteigerungen
Ausgehend von den Tiefständen im Oktober ist der deutsche Aktienmarkt laut Thomson Reuters Datastream auf einer Gesamtertragsebene um fast 40% auf Euro-Basis gestiegen. Nach einem solch rasanten Anstieg innerhalb kürzester Zeit kann der Markt nach allen gängigen Maßstäben nicht mehr als günstig bezeichnet werden.
Trotz dieser Tatsache sind wir der Auffassung, dass am Markt weiterhin Wertschöpfungsmöglichkeiten bestehen. Im Verhältnis betrachtet sind deutsche Aktien günstiger als der breitere europäische Markt. Mit Blick auf die prognostizierten Kurs-Gewinn-Verhältnisse wird Deutschland im Vergleich zu Europa immer noch mit einem Abschlag gehandelt (siehe Abbildung 1) und zwar trotz der überdurchschnittlichen Erträge von deutschen Unternehmen (siehe Abbildung 2).
Kurzfristig gehen wir davon aus, dass die quantitative Lockerung die Wettbewerbsfähigkeit des Euro aufrechterhalten wird und infolgedessen das Nischensegment in Form von Exportunternehmen mit hoher Wertschöpfung in Deutschland unterstützt wird. Das riesige Anreizprogramm wird außerdem für Kapitalzuflüsse am Aktienmarkt sorgen. Insgesamt betrachtet können unserer Einschätzung nach alle kurzfristigen Marktkorrekturen als eine Kaufgelegenheit angesehen werden.
Das oben erwähnte Thema der industriellen Digitalisierung wird im Baring German Growth Trust durch Unternehmen wie die Cancom AG, die Cloud-Computing-Lösungen ermöglicht, bis zur Softing AG, ein Anbieter von industriellen Kommunikationsprodukten, angemessen abgedeckt.
Basierend auf den Investitionen der vergangenen Jahre wird das Portfolio, so glauben wir, mittel- bis langfristig signifikante Gewinne für Anleger erwirtschaften.
Robert SmithInvestment Manager,Baring German Growth TrustBaring Asset Management, London