Märkte weiterhin im Bann der Politik

Marino Valensise, Leiter der Multi Asset Group bei Baring Asset Management, ist davon überzeugt, dass sich die Märkte weltweit in eine Abhängigkeit von der Politik begeben haben und nicht die Wirtschaftslage, sondern die Geldpolitik die Märkte antreibt. Diese Tatsache sei nicht nur in den Industrieländern offensichtlich, sondern auch in weiter östlich gelegenen Volkswirtschaften, einschließlich China. Barings | 02.06.2015 16:03 Uhr
Marino Valensise, Baring Asset Management
Marino Valensise, Baring Asset Management
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Das enttäuschende Wachstum in den USA hatte vorteilhafte Auswirkungen auf die Aktienkurse

Bei Barings ist man der Auffassung, dass sich das enttäuschende Wachstum in den USA dennoch vorteilhaft auf die Aktienkurse ausgewirkt hat und dass die Erwartungen an eine baldige Zinserhöhung durch die US-Notenbank Federal Reserve zurückgegangen sind. Infolgedessen glaubt Barings, dass sich die Märkte weltweit in eine Abhängigkeit von der Politik begeben haben und nicht die Wirtschaftslage, sondern die Geldpolitik die Märkte antreibt. Diese Tatsache ist nicht nur in den Industrieländern offensichtlich, sondern auch in weiter östlich gelegenen Volkswirtschaften, einschließlich China.

Nach wie vor ist man bei Barings aber davon überzeugt, dass die US-Notenbank im September handeln wird, sofern sich das enttäuschende Wachstum des ersten Quartals nicht auch im zweiten Quartal fortsetzt.

Bezogen auf Japan ist laut Barings die Unternehmensrentabilität solide, und zwar auch im Hinblick auf Firmen außerhalb des Exportsektors. In der Eurozone zeichnet sich infolge einer besseren Ausweitung der Geldmengenaggregate eine stärkere Kreditvergabe ab. Obwohl die Konjunkturdaten in beiden Regionen uneinheitlich ausfielen, erkennt man bei Barings echte Fortschritte und geht davon aus, dass beide Volkswirtschaften zukünftig einen wichtigen Beitrag zum globalen Wachstum leisten werden.

Langfristige Prognose für höheres Wachstum bleibt intakt

Marino Valensise, Leiter der Multi Asset Group bei Baring Asset Management, sagt: „Die jüngsten Wirtschaftsdaten fielen nicht überragend aus. Unserer Auffassung nach handelt es sich hierbei einfach um eine saisonale Abschwächung, wie wir sie auch in den vergangenen Jahren bereits erlebt haben, weshalb wir unsere langfristige Prognose für ein höheres Wachstum zum Jahresende hin beibehalten.

In den Jahren nach der Finanzkrise haben die Zentralbanken getan, was auch immer nötig war, um die Marktvolatilität einzudämmen, den Zugang zu Krediten zu erleichtern und sich an verschiedenen Arten der Finanzrepression zu beteiligen, wodurch die Sparer aufgrund der niedrigen Zinsen belastet wurden. Die wirtschaftlichen Bedingungen könnten sich soweit erholen, dass diese politischen Maßnahmen eingestellt oder sogar umgekehrt werden müssten. Sobald dies der Fall ist, besteht jedoch das Risiko, dass das, was unterdrückt wurde, mit aller Macht zum Vorschein kommt. Nachdem die Katze so lange im Sack gehalten wurde, ist es unmöglich abzuschätzen, welchen Schaden sie anrichtet, sobald sie aus dem Sack ist."

Nach Ansicht von Barings würde eine Verbesserung des US-Arbeitsmarktes, bis hin zu einem möglicherweise inflationären Niveau, politische Handlungen erforderlich machen. Darüber hinaus könnten jedoch auch zwei weitere Aspekte eine wichtige Rolle bei der Zinsentscheidung spielen.

Fehlallokation von Kapital "muss gestoppt werden"

Marino Valensise erläutert: „Erstens besteht der Wunsch nach einem Wiederaufbau des Zinsniveaus, damit die Zinsen, falls notwendig, auch wieder gesenkt werden können. Somit würde die Federal Reserve erneut Handlungsspielraum für zukünftige Abschwungphasen erlangen. Zweitens muss der Kreditmarkt diszipliniert werden und eine übermäßige Kreditaufnahme vermieden sowie die Fehlallokation von Kapital gestoppt werden. US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen ließ Anfang Mai Bemerkungen fallen, die der „irrationalen Überschwang“-Rede des früheren Fed-Chefs Alan Greenspan aus dem Jahr 1996 ähnelten. Die wichtigste Prüfung ihrer Amtszeit wird es für Yellen sein, den Ausstieg der Katze aus dem Sack zu bewältigen.“

Nach Feststellung von Barings entwickeln sich Schwellenländer auf der Aktienseite seit längerer Zeit schon schlechter als Industrieländer und man ist bei der Investmentgesellschaft der Auffassung, dass Anleger möglicherweise das Ende dieser Entwicklung sehen werden, sobald der Zinsanstieg in den USA vollständig eingepreist ist.

Wendepunkt in Reichweite?

Marino Valensise sagt weiterhin: „Wir erkennen eine Reihe von Faktoren, die einen Wendepunkt nahezulegen scheinen: Schwache Positionierung in globalen Portfolios, schwer angeschlagene Rohstoffriesen in Russland und Brasilien,  chinesische Aktien steigen wegen der lockeren Geldpolitik stark an, Asien profitiert überdurchschnittlich stark von dem Ölpreisrückgang. Ein starker US-Dollar und eine mögliche Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank verheißen für die unmittelbare Wertentwicklung von Schwellenländern erst einmal nichts Gutes. Allerdings könnte es zu einem Wendepunkt kommen, sobald die erste Zinserhöhung verdaut ist und die höheren Zinsen und der starke US-Dollar vollständig am Markt eingepreist wurden. Dies könnte der Moment des Umschwungs sein.“

Die Anlagestrategie von Barings, einschließlich der Präferenz für Aktien und der Neigung zu Japan und Europa, bleibt unverändert. Auf Sektorenebene hat man den Finanzsektor auf das Niveau einer bevorzugten Branche angehoben, da die Bedingungen sowohl für US- als auch für europäische Banken freundlicher werden.

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