2020: EM-Währungen vor dem Wendepunkt?

Zehn Jahre liegt die Finanzkrise inzwischen zurück. Das globale Finanzsystem scheint wieder bereit, Fremdkapital aufzunehmen. Dieser Prozess würde wahrscheinlich Jahre dauern und dürfte Schwellenlandwährungen eine Finanzierungsquelle eröffnen und für einigen Rückenwind sorgen. Barings | 22.01.2020 17:36 Uhr
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Dieser Beitrag ist Teil unserer Serie 2020: Der Weg nach vorn Serie—lesen, sehen oder hören Sie sich das vollständige Gespräch hier an.

Das größte Risiko

Das größte Risiko des Jahres 2020 – mit den möglicherweise größten negativen Auswirkungen auf Schwellenländer (EM) und die breitere Weltwirtschaft – wäre eine Rezession in China. Das ist zwar nicht unser Basisszenario, dennoch ist es das Risiko, das uns nachts den Schlaf raubt – allein wegen des negativen Dominoeffekts, der in der Weltwirtschaft hohe Wellen schlagen könnte. Die chinesische Regierung hat in den letzten Jahren Schritte für den Abbau von Schulden unternommen, die seit der weltweiten Finanzkrise der Jahre 2007/2008 ständig gestiegen waren. Wie wir vor zehn Jahren in den USA beobachtet haben, ist der Schuldenabbau in einer Volkswirtschaft ein komplexer Prozess. Denn letztlich kann er zu einer Kapital- oder Kreditknappheit – und einem Mangel an Liquidität – an den Finanzmärkten führen. Letzten Endes kann es Emittenten somit erschwert werden, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, wodurch das Ausfallrisiko steigt. Wenn es in China zu schwerwiegenderen und weitreichenderen Zahlungsausfällen kommt, würden wir mit ziemlich ernsten Folgen für das globale Finanzsystem rechnen.

Die andauernden Handelsspannungen zwischen den USA und China erzeugen zwar zusätzlichen Druck, stellen in unseren Augen aber keine große oder unkontrollierbare Bedrohung für Schwellenmärkte dar. Das liegt vor allem daran, dass es China in der Vergangenheit gelungen ist, Ressourcen recht effektiv umzuverteilen, und wir sind zuversichtlich, dass es das auch in Zukunft tun wird. Wie wir vor Kurzem in einer Frage-und-Antwort-Runde erörtert haben, war die chinesische Regierung beim Umgang mit den Handelsbeschränkungen der USA im letzten Jahr sehr erfolgreich. Zudem ist sie unseres Erachtens bereit, auch 2020 die Konsequenzen der Handelsspannungen zu tragen. Die größere Sorge ist ein längerfristiger Fehltritt der Politik, vor allem bei den Maßnahmen zum Schuldenabbau in der Wirtschaft.

Die größte Chance

EM-Währungen stellen 2020 die attraktivste Chance dar und könnten im kommenden Jahr lokale Schuldpapiere und Aktien aus Schwellenländern stärken. Die Weltwirtschaft hat in den elf Jahren seit der globalen Finanzkrise massiv Schulden abgebaut. Das Resultat waren Portfolio- und Finanzströme weg von risikoreicheren Anlagen, wovon vor allem Schwellenlandinvestitionen betroffen waren. Nachdem die Weltfinanzkrise inzwischen mehr als ein Jahrzehnt zurückliegt, scheint das globale Finanzsystem wieder bereit, Fremdkapital aufzunehmen. Dieser Prozess würde wahrscheinlich einige Jahre dauern und dürfte Schwellenlandwährungen eine Finanzierungsquelle eröffnen und für erheblichen Rückenwind sorgen.  

Es sollte darauf hingewiesen werden, dass die meisten Schwellenländer wegen der Abflüsse angesichts von Beschränkungen ihrer Außenhandelskonten insgesamt immer geringere Leistungsbilanzdefizite aufweisen – einige Schwellenländer verzeichnen inzwischen Leistungsbilanzüberschüsse. Das bedeutet, dass der Finanzbedarf der Schwellenländer weiter zurückgegangen ist – oder anders ausgedrückt: Ihre Bilanzen sind in besserer Verfassung. Unserer Einschätzung nach könnte sich diese zehn Jahre dauernde Risikoaversion 2020 allmählich umkehren, was eine Outperformance von EM-Währungen unterstützen würde und der Stärke von Anlageklassen wie lokalen EM-Schuldtiteln und EM-Aktien zugutekommen könnte.

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Quelle: Haver Analytics; Barings. Stand: Oktober 2019.

Eine kühne Prognose

Eine kühne Prognose für 2020 besteht darin, dass die oben dargestellte Chance – dass EM-Währungen günstig erscheinen und strukturelle Kräfte ihre schwache Entwicklung ins Gegenteil umkehren könnten – tatsächlich zum Tragen kommt. Zugegebenermaßen können wir keinen eindeutigen Auslöser im Jahr 2020 benennen, der diese Wende vorantreiben wird. Doch wenn man die globale Landschaft auf Wertpotenziale untersucht, heben sich EM-Währungen als klare Chance ab.

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