Ökonom Cominetta: Ausweitung des PEPP nicht eilig, aber wahrscheinlich

Matteo Cominetta, Senior Economist, Barings Investment Institute, mit einem Kommentar zur bevorstehenden geldpolitischen Entscheidung der EZB: Barings | 03.06.2020 16:09 Uhr
Matteo Cominetta, Senior Economist, Barings Investment Institute / © Barings
Matteo Cominetta, Senior Economist, Barings Investment Institute / © Barings
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Das Hauptereignis dieser Woche für die EU-Märkte ist die morgen stattfindende Sitzung zur Festlegung der EZB-Politik (Bekanntgabe der politischen Entscheidung um 13:45 Uhr MESZ, gefolgt von der Pressekonferenz um 14:30 Uhr). Im Mittelpunkt steht das Pandemie-Notkaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Program, PEPP). Auch wenn von den 750 Milliarden Euro, die im Rahmen des neuen Programms zum Erwerb von Wertpapieren zur Verfügung stehen, bislang „nur“ 234 Milliarden Euro verwendet wurden, sind die Märkte davon überzeugt, dass das Programm um bis zu 500 Milliarden Euro ausgeweitet werden wird.

Beim derzeitigen Ankaufstempo würde das Programm im Oktober auslaufen, und die nächste EZB-Sitzung findet Anfang Juli statt. Daher besteht eigentlich keine Eile, das Programm jetzt auszuweiten. Verschiedene Mitglieder des EZB-Rates (des geldpolitischen Gremiums) haben jedoch einen solchen Schritt signalisiert, und die Märkte haben dies gebührend zur Kenntnis genommen, sodass die Staatsanleihen Italiens, Spaniens, Portugals und Griechenlands in den vergangenen Tagen einen Kursanstieg und eine deutliche Verringerung ihrer Spreads verzeichneten. Während diese Bewegungen eine Folge verschiedener Faktoren gewesen sein dürften (wobei das von der EU-Kommission vorgeschlagene starke Konjunkturprogramm der wichtigste Faktor war), halfen auch die Erwartungen größerer EZB-Käufe. Sollte die EZB also die Märkte überraschen und das PEPP-Volumen nicht erhöhen, ist eine umgekehrte Bewegung von fallenden Preisen und steigenden Spreads zu erwarten.

Ein weiterer Grund, warum eine Ausweitung des PEPP wahrscheinlich ist, ist die Veröffentlichung der Projektionen der EZB-Mitarbeiter. Dies ist der Kanal, über den die EZB ihre Sicht auf die Zukunft darlegt. Diese Projektionen werden nicht nur eine noch nie dagewesene Verschlechterung gegenüber den letzten, im März veröffentlichten Projektionen zeigen, sondern sehr wahrscheinlich auch, dass sich die Wachstums- und Inflationserwartungen der Zentralbank seit dem letzten Monat, als sie ihr Wirtschaftsbulletin veröffentlichte, ebenfalls verschlechtert haben. Da die Inflationserwartungen auf ein immer niedrigeres Level hindeuten, sind die Voraussetzungen für größere politische Anpassungen gegeben.

Über das PEPP hinaus werden Journalisten sicherlich einige Fragen zum Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts haben, das noch viele Punkte ungeklärt lässt, einschließlich der Frage, ob die EZB direkt auf die Bitte des Bundesverfassungsgerichts um Rechtfertigung seines anderen Hauptprogramms zum Erwerb von Anleihen (das PSPP) reagieren wird oder ob sie dies der Deutschen Bundesbank überlassen wird. Obwohl die rechtlichen Feinheiten des deutschen Verfassungsrechts eindeutig jenseits des Verständnisses der meisten Ökonomen (uns eingeschlossen) liegen, ist dies sicherlich ein Thema, dem man folgen sollte. Eine institutionelle Krise, die die Unabhängigkeit und Flexibilität der EZB einschränkt, ist das Letzte, was eine von der Pandemie betroffene Eurozone braucht.

Über Matteo Cominetta, Senior Economist des Barings Investment Institute:
Matteo Cominetta ist Director am Barings Investment Institute. Matteo Cominetta ist Volkswirt und verantwortlich für die Berichterstattung über wirtschaftliche und politische Entwicklungen in der EU, um mittel- bis langfristige Trends zu identifizieren, die für die Märkte relevant sind. Außerdem ist er für die Veröffentlichung relevanter Forschungsergebnisse für interne und externe Kunden verantwortlich. Matteo arbeitet seit 2010 in der Branche und in den EU-Institutionen. Er kam im Jahr 2020 von der Europäischen Zentralbank zu Barings und hatte zuvor verschiedene Positionen als Volkswirt bei UBS, HSBC, dem Europäischen Stabilitätsmechanismus und der Europäischen Kommission inne. Matteo Cominetta hat einen B.A. in Wirtschaftswissenschaften von der Bocconi-Universität und einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften von der Universität Sussex.

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