Dr. Zimmermann: Überalterung und wachsender Wohlstand treiben Nachfrage im Healthcaresektor

Cyrill Zimmermann: Bellevue Asset Management ist einer der größten Healthcare Investoren in Europa. 30 Jahre Erfahrung und über 20 Gesundheitsexperten unterstreichen, dass wir vom Wachstumspotenzial dieses Sektors überzeugt sind. Ein Alleinstellungsmerkmal  ist auch, dass wir mit insgesamt acht Publikumsfonds mit unterschiedlichen Risikoprofilen sämtliche Gesundheitsbereiche abdecken – von der Biotechnologie über Medizintechnik bis zu Digitalisierungstrends im Gesundheitswesen und dem geografischen Fokus auf die Zukunftsmärkte Asien und Schwellenländer. Weitere Fonds-Auflegungen sind bereits in Planung. Unser Investitionsansatz fokussiert Unternehmen, die bei einer Vielzahl von Basistechnologien und Therapien führend sind und dank denen die Gesundheitsversorgung besser, effizienter und kostensparender wird. Viele Managementteams unserer Portfoliounternehmen kennen und begleiten wir seit Jahren. Der direkte Kontakt zum Management vor Ort sowie der Besuch von medizinischen Fachkonferenzen und Gesprächen mit Spezialisten sind Schlüsselfaktoren für uns. Ferner ermöglicht die Datenbankanalyse unter Verwendung von Künstlicher Intelligenz einen schnellen und umfassenden Überblick zu allen Entwicklungen bei der Medikamentenforschung, der Medizintechnik und Gesundheitspolitik. Die Kombination von unabhängiger Analyse, persönlicher Expertise und direktem Managementkontakt begründet unseren Erfolg. 

Cyrill Zimmermann: Die drei beherrschenden Themen sind Kosteneffizienz, Bekämpfung großer Volkskrankheiten und personalisierte Medizin.  Staatliche Maßnahmen wie der Inflation Reduction Act in den USA zielen darauf ab, die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente in Krankheitsfeldern zu senken, in denen bereits Arzneien auf dem Markt sind. Hier erwarten wir durch den Preisdruck sinkende Margen. Zugleich bleibt das Umfeld für Therapien gegen Krankheiten mit einem hohen medizinischen Bedarf positiv, weil Innovationen weiter gefördert werden. Krebs, neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes und seltene genetisch bedingte Erkrankungen sind hier zu nennen. Und die enormen Fortschritte, die wir in den letzten Jahren beim Entdecken der genetischen Auslöser von Krankheiten gesehen haben, verbessern kontinuierlich die personalisierte Medizin, weil die Zahl der Patienten, die auf den Wirkmechanismus einzelner Moleküle ansprechen, immer genauer eingegrenzt werden kann. Eine genauso wichtige Rolle spielt die Vorbeugung gegenüber Krankheiten wie Diabetes oder Schlaganfall. Die Digitalisierung in der Medizintechnik über Künstliche Intelligenz, Big Data und Algorithmen in der Echtzeitmessung von Körperdaten wie dem Blutzucker spielt hier eine Schlüsselrolle. Genau in diese Innovationsfelder investieren wir.

Zimmermann: Wir beschäftigen uns seit sechs Jahren systematisch mit dem Thema Nachhaltigkeit, haben den ersten rein nachhaltigen Gesundheitsfonds lanciert und wurden mit dem österreichischen Umweltzeichen ausgezeichnet. In diesem Zusammenhang ist für uns der Best in Class Ansatz relevant, bei welchem die schlechtesten 40% der Firmen auf der Basis des ESG Scores unseres Partners Sustainalytics ausgeschlossen werden. Nebst einem angemessenen ESG-Risikoprofil  dürfen die Unternehmen keine schwerwiegenden ESG-relevanten Verstösse aufweisen und müssen die Einhaltung der zehn Prinzipen des UN Global Compact sicherstellen. Bei kontroversen Geschäftsfeldern- und praktiken sind für die Aufnahme Ertragsschwellen definiert. Ferner haben wir vor über 16 Jahren einen globalen Investitionsansatz entwickelt, der sicherstellt, dass wir in lokale Champions der Schwellenländer investieren, die einen regionalen und kostengünstigen Zugang zu Medizin sicherstellen, der auch ethische Gesichtspunkte einbindet.

Zimmermann: Die Überalterung und der wachsende Wohlstand der Gesellschaften treiben die Nachfrage für Medikamente und Dienstleistungen. Wir erwarten, dass die Gesundheitsausgaben in den Schwellenländern in den nächsten Jahren doppelt so stark steigen werden wie das Bruttoinlandsprodukt. Mit dem wachsenden Wohlstand und den damit einhergehenden Faktoren wie ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel durchlaufen diese Länder dieselbe Entwicklung wie die westlichen Industriestaaten vor 40 bis 50 Jahren. Nach Schätzungen der WHO gab es 2021 in China 141 Millionen Diabetiker, das sind 10% der Gesamtbevölkerung. In Saudi-Arabien ist ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung betroffen. Die staatlichen Ausgaben dieser Länder gehen zuerst in den Ausbau der medizinischen Infrastruktur für Kliniken und Fachärzte. Zugleich nimmt die Zahl der privaten Dienstleister und Krankenversicherungen zu. Zum anderen gibt es Fortschritte in der eigenen Forschung und Entwicklung. China hat sich bei der Medikamentenentwicklung durch die Einführung internationaler Standards und die Zulassung der ersten Arzneien als Vorreiter etabliert. In einzelnen Bereichen wie der Krebsmedizin bewegen sich chinesische Unternehmen mittlerweile auf Augenhöhe mit ihren Wettbewerbern aus den westlichen Industriestaaten und Japan. Aber auch Indien, Brasilien oder Saudi-Arabien bieten spannende Investment-Opportunitäten, insbesondere bei den privaten Gesundheitsdienstleistern, weil die öffentliche Versorgung wegen der eingeschränkten Ressourcen bei Ärzten und Pflegepersonal den wachsenden Bedarf nicht mehr abdecken kann. Mit zwei Fonds, die wir 2017 aufgelegt haben, investieren wir in das attraktive Wachstumspotenzial dieser Märkte.