Mit Blick auf die Zinsentwicklung in den nächsten sechs Monaten ist für deutsche Sparer keine Trendwende in Sicht. Die Mehrheit (61 Prozent) rechnet mit gleichbleibend niedrigen Zinsen. Im Vorquartal waren es knapp zwei Drittel (64 Prozent). 21 Prozent gehen sogar von weiter fallenden Zinsen aus. Das sind drei Prozentpunkte mehr gegenüber der letzten Erhebung. Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass zinsbasierte Anlageformen an Attraktivität verlieren, vor allem das Sparbuch. Hielt im letzten Quartal fast jeder dritte Anleger (29 Prozent) das Sparbuch für eine gute Geldanlage, ist es derzeit nur noch jeder Fünfte (19 Prozent). Das ist der niedrigste Wert seit Beginn der Fragestellung im ersten Quartal 2010. Auch Tagesgeld, Festgeld, Kapitallebensversicherung und festverzinsliche Wertpapiere büßen an Attraktivität ein. Einzig Aktien und Investmentfonds werden zum zweiten Mal in Folge attraktiver beurteilt: Während Aktien von 30 Prozent im zweiten Quartal 2014 auf aktuell 33 Prozent steigen, legen Investmentfonds im gleichen Zeitraum um acht Prozentpunkte auf 31 Prozent zu. „Das anhaltend niedrige Zinsniveau und ein Mangel an rentierlichen Anlagealternativen wecken nach und nach das Interesse der Anleger für Aktien und Investmentfonds“, sagt Giovanni Gay, Geschäftsführer bei Union Investment.
Dieser Prozess erfolgt jedoch in kleinen Schritten. Denn viele Anleger haben die Konsequenzen des Niedrigzinsumfelds offensichtlich noch nicht richtig vergegenwärtigt. Lediglich 36 Prozent der Befragten glauben, dass die aktuell niedrigen Zinsen negative Auswirkungen für sie persönlich haben. 34 Prozent versprechen sich dagegen einen Vorteil, möglicherweise weil sie ein Darlehen aufnehmen möchten. Ein weiteres Drittel (30 Prozent) erwartet weder positive noch negative Folgen. „Das Ergebnis zeigt, dass das Problem Minizinsen und seine Auswirkungen immer noch nicht überall angekommen ist“, erklärt der für das Privatkundengeschäft zuständige Geschäftsführer. Daher wird der Handlungsbedarf oft nicht gesehen: Erst 30 Prozent der Anleger nehmen das aktuell niedrige Zinsniveau zum Anlass, ihre Geldanlagen zu überdenken. Nur 27 Prozent haben schon einmal in Erwägung gezogen, monatlich einen festen Betrag in Investmentfonds anzulegen.
Knapp jeder Zweite erwartet steigende Aktienkurse im ersten Halbjahr 2015
Die Rahmenbedingungen für die Investition am Aktienmarkt werden dabei nicht schlecht beurteilt. Fast jeder Zweite (47 Prozent) geht von steigenden Börsennotierungen in den ersten sechs Monaten des neuen Jahres aus. Das sind mehr als doppelt so viel wie im dritten Quartal 2014 (18 Prozent). Dabei setzt sich die Gruppe der Optimisten zusammen aus 29 Prozent, die von leicht steigenden Kursen ausgehen, und 18 Prozent, die mit stark steigenden Kursen rechnen. Im Gegenzug werden die pessimistischen Stimmen leiser. Glaubten im Vorquartal 39 Prozent der Anleger an fallende Aktienmärkte, ist es derzeit ein Fünftel (21 Prozent). Knapp jeder Dritte (31 Prozent) erwartet dagegen gleichbleibende Notierungen im Vergleich zu 36 Prozent bei der letzten Befragung. Auch nach Ansicht der Experten von Union Investment bieten Aktien im kommenden Jahr Potenzial. Für Anleger, die auf dem jetzigen Kursniveau einsteigen und gleichzeitig Kursrückschläge meiden wollen, empfiehlt Gay sogenannte Multi Asset-Lösungen. „Mit ihnen haben Sparer die Möglichkeit, an steigenden Aktienmärkten zu partizipieren und gleichzeitig das Risiko durch die Investition in möglichst viele Anlageklassen zu minimieren.“
Konjunktur: Geopolitische Krisen drücken auf die Stimmung der Sparer
Etwas weniger optimistisch betrachten Anleger die gesamtwirtschaftliche Situation in Deutschland. Fast jeder Zweite (47 Prozent) rechnet mit einer konstant bleibenden Konjunkturentwicklung im nächsten halben Jahr. Im dritten Quartal 2014 waren es 52 Prozent. Auch der Anteil derer, die von einem Wirtschaftsaufschwung ausgehen, sinkt von zwölf auf zehn Prozent. Entsprechend erfährt das Lager der Pessimisten Zulauf und steigt um sechs Prozentpunkte auf aktuell 42 Prozent. „Durch die anhaltende Ukraine-Krise sowie die Unruhen in Syrien und im Irak zeigen sich die Anleger verunsichert“, sagt Gay. 89 Prozent der deutschen Finanzentscheider erwarten, dass sich der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine auf die heimische Wirtschaft auswirken wird. 97 Prozent von ihnen rechnen mit negativen Konsequenzen. Nach der Situation im Irak und Syrien gefragt, denken zwar deutlich weniger Befragte (60 Prozent), dass die Konsequenzen für das Wirtschaftswachstum haben wird. Die Mehrheit unter ihnen (86 Prozent) geht jedoch ebenso von negativen Folgen aus.
Trotz der leicht eingetrübten Wirtschaftsaussichten blicken die Menschen entspannt auf ihre eigene finanzielle Situation im neuen Jahr: 73 Prozent schätzen die persönliche wirtschaftliche Lage in den nächsten sechs Monaten unverändert ein (Vorquartal: 67 Prozent). Beim Eurokurs erwarten die Deutschen dagegen einen leichten Abwärtstrend. Knapp ein Drittel (32 Prozent) glaubt an einen fallenden Euro. Das sind neun Prozentpunkte mehr gegenüber dem letzten Quartal. Im Gegenzug sinkt der Anteil der Befragten, die von einem konstanten Euro ausgehen, von 62 auf 51 Prozent. Auch die Anleger, die mit einem steigenden Eurokurs rechnen, schwinden von 13 auf 11 Prozent.
Hintergrund der Studie
Seit Anfang 2001 ermittelt das Marktforschungsinstitut Forsa im Auftrag von Union Investment quartalsweise das Anlegerverhalten. Befragt werden 500 Finanzentscheider in privaten Haushalten im Alter von 20 bis 59 Jahren, die mindestens eine Geldanlage besitzen. Für das vierte Quartal erhob Forsa die Daten vom 3. bis 12. November 2014. Bei Umfragewerten, die sich nicht zu 100 Prozent addieren, gibt die Differenz den Anteil der unschlüssigen Befragten an.