Seit Anfang Juli läuft das Ankaufprogramm der EZB für Unternehmensanleihen. Die Auswirkungen auf das Rentensegment sind komplex. Investoren sollten umdenken sagt Dr. Frank Engels, Leiter Portfoliomanagement Renten und Mitglied des Union Investment Committee.
Union Investment
| 11.08.2016 10:00 Uhr
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"Seit einigen Wochen ist der Markt für Unternehmensanleihen um einen äußerst solventen Marktteilnehmer reicher – die Europäische Zentralbank (EZB). Längst hat sich bestätigt, was ohnehin zu vermuten war: Ihr Einfluss auf die Anlageklasse ist enorm. Dies zeigte sich bereits im Vorfeld des im März angedachten – doch erst im Juni umgesetzten – Ankaufprogramms. Die bloße Ankündigung ließ die Kurse in die Höhe schnellen.
Risikoaufschläge sind stark rückläufig
In der Zeit von März bis Mai waren die Risikoaufschläge bereits stark rückläufig. Industrieanleihen entwickelten sich wesentlich freundlicher, da schnell klar wurde, dass Finanztitel nicht unter das Kaufprogramm fallen. Der defensive und wenig zyklische Nahrungsmittelhersteller Unilever sorgte in dieser Zeit für Aufsehen, da es dem Konzern als erstem gelang, eine Anleihe mit einem Kupon von null Prozent herauszugeben.
Anfang Juni ist die EZB nun tatsächlich am Markt aktiv. Wir beobachten, dass die Währungshüter dabei ausgesprochen aggressiv zu Werke gehen. Nach den ersten Wochen lässt sich somit konstatieren, dass die Erwartungen vieler Marktteilnehmer übertroffen wurden. Im Vorfeld hielten wir fünf bis sechs Milliarden Euro pro Monat für denkbar, sofern es ausreichend neue Papiere gibt. Schließlich haben die Währungshüter die Möglichkeit, bis zu 70 Prozent einer Emission anzukaufen. Am Ende ist es den Notenbankern gelungen, im ersten Monat sogar für mehr als acht Milliarden Euro Anleihen zu erwerben.
Trotz aller Befürchtungen hat sich das britische Votum für einen Ausstieg aus der Europäischen Union nicht negativ ausgewirkt. Lediglich in einer ersten Reaktion kam es zu größeren Verkäufen. Kurze Zeit später wendete sich das Blatt sogar zugunsten der Anlageklasse. Wachstumssorgen führten zu immer niedrigeren Renditen auf der Staatsanleiheseite. Infolgedessen rentierten Bundesanleihen zwischenzeitlich bis zu einer Laufzeit von 15 Jahren im negativen Bereich.
Kaum noch Papiere zu bekommen
Vor allem für institutionelle Investoren gilt derzeit, was sich auch Nationaltorwart Manuel Neuer in jedem Spiel wünscht: Die Null muss stehen! Um negative Renditen zu vermeiden, fließt deshalb verstärkt Geld in Anlageklassen mit einem Zinsaufschlag, wie ihn Unternehmensanleihen bieten.
Für Käufer stellt sich das zunehmend problematisch dar, da am Sekundärmarkt kaum noch Stücke zu bekommen sind. Die EZB kommt einem riesigen Staubsauger gleich, der den Markt nahezu leer fegt. Wie eng die Liquiditätslage geworden ist, wird an dieser Stelle auch noch einmal mit Blick auf das hohe Volumen deutlich. Die EZB kauft nicht nur insgesamt mehr als erwartet, ihr gelingt es auch, die Stücke größtenteils am Sekundärmarkt einzusammeln.
Dort steht sie in Konkurrenz zu allen anderen Investoren, die derzeit gern in die Anlageklasse investieren wollen. Auch wir stellen Rekordzuflüsse in Unternehmensanleihen fest. Neuemissionen wären diesbezüglich hilfreich und willkommen zugleich. Viele Unternehmen sind jedoch gut durchfinanziert und begeben deshalb momentan keine Anleihen, auch wenn die Kosten für die Kapitalaufnahme derzeit historisch gering sind.
Erste Neuemission mit negativer Rendite
Das hohe Kaufvolumen der EZB drückt die Renditen immer weiter in den Keller. Gab es zu Beginn des Ankaufprogramms nur wenige ausgesuchte Emissionen, deren Verzinsung unter null Prozent lag, so ist dieser Anteil in den letzten Wochen immer weiter angewachsen.
Laut dem Börseninformationsdienstleister Bloomberg erfüllen derzeit 1.099 umlaufende Anleihen die Ankaufbedingungen der EZB. Bei 330 davon ist die Rendite inzwischen negativ. Das entspricht einem Anteil von 27 Prozent. Interessant an der aktuellen Entwicklung ist aber auch, dass es sich hierbei inzwischen um ein globales Phänomen handelt. Obwohl die EZB am europäischen Rentenmarkt tätig ist, ziehen auch andere Regionen nach.
Eine Emission von Anleihen mit einer negativen Rendite ist bislang noch die Ausnahme. Den Präzedenzfall beansprucht seit Mitte Juli die Deutsche Bahn für sich, die ein Papier mit fünf Jahren Laufzeit und einer Rendite von -0,006 Prozent am Markt platzieren konnte. Die Emission war mehrfach überzeichnet.
Aktives Portfoliomanagement bleibt unerlässlich
Das Ankaufprogramm hat darüber hinaus noch weitere Implikationen für institutionelle Investoren und im Besonderen auch für das Fondsmanagement. Aufgrund der Käufe der Notenbank nähern sich die Risikoaufschläge der verschiedenen Emittenten immer mehr an.
Wenngleich die Nachfrage nach Unternehmensanleihen inzwischen derart hoch ist, dass nicht mehr nur die Anleihen im Kurs kräftig steigen, die unmittelbar vom Kaufprogramm betroffen sind, so bleibt eine gezielte Einzeltitelauswahl unerlässlich. Es gibt weiterhin Segmente, wie etwa Nachrangpapiere, in denen die EZB nicht aktiv ist. Darüber hinaus ist es keineswegs so, dass seit der Ankündigung im März die Kursentwicklung aller Anleihen nur eine Richtung kannte. In einigen Sektoren ist das Bild sehr differenziert. Finanzanleihen stehen sogar verstärkt unter Druck. Insbesondere bei italienischen Banken mahnen wir zur Vorsicht.
Während die Notenbank ihre Kaufentscheidung von der Zugehörigkeit zu einer Ratingklasse abhängig macht, sind für uns weitaus mehr Faktoren ausschlaggebend. Nach eingehender Analyse kommen wir so mitunter zu dem Schluss, dass es auch sinnvoll sein kann, Papiere zu tauschen. Nämlich dann, wenn zum gleichen Preis eine bessere Qualität zu bekommen ist. Schließlich darf bei aller Euphorie nicht vergessen werden, dass die positiven Effekte, die wir gerade beobachten, auch irgendwann auslaufen. Auf Anleihen guter Emittenten wird sich das weniger auswirken als auf solche Titel, deren Risikoaufschläge gerade deutlich stärker nach unten gedrückt werden, als es die fundamentale Lage rechtfertigt. Die Spreu wird sich vom Weizen trennen, wenn die Risikoaufschläge von Unternehmensanleihen, die jetzt künstlich nach unten gezogen werden, wieder in die Höhe schnellen. Dann sind Anleger klar im Vorteil, die auf aktives Fondsmanagement gesetzt haben."
Dr. Frank Engels, Leiter Portfoliomanagement Renten und Mitglied des Union Investment Committee.
Statistisch gesehen
Wie agiert die Europäische Zentralbank am Anleihemarkt? Und wie wirken die Maßnahmen auf Rendite und die Zinskurve?
Maßnahmen
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