Herr Holzer, gerade als die Emerging Markets zum Comeback ansetzten, machte die US-Wahl wieder vieles zunichte. Täuscht der Eindruck?
Max Holzer: Es stimmt, dass die Trump-Wahl in einer ersten Reaktion in einigen Schwellenländern zu größerer Unsicherheit geführt hat. Viele Emerging Markets stehen aber inzwischen deutlich robuster da als in der Vergangenheit – und können damit auch externe Schocks besser verarbeiten. Kapitalmarkt-seitig haben sich die aufstrebenden Volkswirtschaften 2016 recht gut entwickelt. Und auch für die Zukunft sehe ich Potenzial.
Das müssen Sie erklären.
Max Holzer: Investments aus den Schwellenländern gehörten fast das gesamte Jahr 2016 über zu den Outperformern. Sowohl mit Renten-als auch mit Aktieninvestments ließ sich eine Rendite von rund zehn Prozent verdienen.
Was waren die Gründe?
Max Holzer: Zum einen unterstützte die Rohstoffpreiserholung, zum anderen sorgten auch die niedrigen globalen Zinsen für eine hohe Attraktivität der Schwellenländer. Und schließlich haben viele Emerging Markets einfach ihre wirtschaftspolitischen Hausaufgaben gemacht.
Was meinen Sie damit?
Max Holzer: In den vergangenen Jahren standen die Emerging Markets vor einem Berg an Herausforderungen: niedrige Rohstoffpreise, China-Schwäche, eine abrupte Aufwertung des US-Dollars – und das alles in einem mauen globalen Wachstumsumfeld. Doch im Gegensatz zu früher agierten die meisten Schwellenländer-Regierungen umsichtig. Sie reduzierten Leistungsbilanzdefizite und damit Abhängigkeiten von ausländischem Kapital – die Widerstandsfähigkeit nahm zu.
Inzwischen hat sich das Bild aber gewandelt: Die weltweiten Anleiherenditen ziehen an und der neue US-Präsident Trump setzt wohl verstärkt auf Abschottung. Wie geht es weiter mit den Schwellenländern?
Max Holzer: Differenzierung bleibt Trumpf! Denn während auch im vergangenen Jahr nicht alles gut war – so haben etwa Rohstoffimporteure unter den anziehenden Notierungen gelitten – ist jetzt bei weitem nicht alles schlecht. Von einer schneller wachsenden US-Konjunktur könnten die aufstrebenden Volkswirtschaften profitieren. Dennoch werden die Herausforderungen mit dem erwarteten Schwenk in der US-Politik nicht kleiner. Das zeigt sich auch daran, dass im November und Dezember erstmals seit mehreren Monaten wieder in größerem Maße Investorengelder aus den Schwellenländern abgeflossen sind.
Welche Regionen werden denn unter der veränderten Marktlage am meisten leiden?
Max Holzer: Vor allem China dürfte der Trump’sche Protektionismus treffen. Es trägt am meisten zum Handelsbilanzdefizit der USA bei. Auch sind viele Jobs der klassischen Trump-Wähler in den vergangenen Jahren nach Asien verlagert worden. Und schließlich bieten die Handelsvereinbarungen mit Peking, die nur zum Teil durch die WHO geschützt sind, die meisten Angriffspunkte. Unter einer Wachstumsverlangsamung in China würden dann natürlich auch andere Schwellenländer aus dem asiatischen Raum leiden: etwa Südkorea, Thailand oder Indonesien.
Und wie steht es um Mexiko?
Max Holzer: Womöglich besser als von vielen erwartet. Zum einen exportieren die USA selbst viele Güter in das Nachbarland. Zum anderen gibt es aufgrund strengerer WHO-Vorschriften hohe Hürden für Strafmaßnahmen. Auch ist bei mexikanischen Aktien, Anleihen und der Währung schon vieles eingepreist. Findet die Trump’sche Wahlkampfrhetorik also nur abgeschwächt Eingang in die Realität, könnten sich hier durchaus Chancen ergeben.
Es lohnt sich also, weiterhin auf die Emerging Markets zu setzen?
Max Holzer: Auf jeden Fall. Das Wachstumstempo in den Schwellenländern ist trotz nachlassender Dynamik immer noch doppelt so hoch wie in den Industrienationen. Wir rechnen 2017 mit rund vier Prozent. Damit bieten auch Aktien- und Anleihekurse noch Potenzial. Und allein aus Diversifikationsaspekten führt an den Emerging Markets kein Weg vorbei. Entscheidend bleibt aber die Auswahl. Chancen sehen wir etwa in Russland, das sich – auch dank anziehender Öl- und Gaspreise – aus der Krise arbeitet. In Asien überzeugt Indien mit einem starken Reform-Momentum.