Die Studie zeigt weiterhin: Insgesamt ist das Bildungsniveau in Deutschland deutlich angestiegen. Der Anteil der 18- bis 65-jährigen Hochschulabsolventen hat sich in den letzten 40 Jahren verdreifacht. Aber auch der Anteil der Personen mit einer Berufsausbildung hat zugenommen. „Bildung zahlt sich nicht nur in Form eines höheren Einkommens aus. Auch das Arbeitslosigkeitsrisiko sinkt deutlich“, sagt Professor Ludger Wößmann, der die Studie mit seinem Team vom ifo Institut erstellt hat.
Das Bildungsniveau hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich nach oben verschoben. So hat sich der Anteil der 18- bis 65-Jährigen ohne Berufsabschluss von 1976 bis 2013 mehr als halbiert (von 38 Prozent auf 16 Prozent). Gleichzeitig stieg der Anteil der Personen mit einer Lehre/Berufsausbildung um sechs Prozentpunkte auf 57 Prozent. Der Anteil der Hochschulabsolventen hat sich sogar von sechs Prozent im Jahr 1976 auf 18 Prozent im Jahr 2013 verdreifacht. Dabei zeigt sich, dass sich der in eine qualifiziertere Ausbildung investierte Aufwand nicht nur in barer Münze auszahlt, sondern auch mit Blick auf bessere Chancen am Arbeitsmarkt.
Während die durchschnittliche Arbeitslosenquote bei Menschen ohne eine Berufsausbildung in den vergangenen knapp 40 Jahren um mehr als das Vierfache auf 19 Prozent gestiegen ist, nahm sie bei Menschen mit Lehre/Berufsabschluss nur von rund 3 auf knapp 7 Prozent zu. Bei Universitätsabsolventen erhöhte sich die Arbeitslosenquote am moderatesten von 1,5 Prozent auf 2,5 Prozent. „Bildung senkt das Arbeitslosigkeitsrisiko deutlich und ist daher die beste Arbeitslosenversicherung. Bildung ist mehr denn je die Grundvoraussetzung für beruflichen Erfolg“, so Wößmann.
„Alleine diese Ergebnisse zeigen die zentrale Rolle einer qualifizierten Ausbildung“, ergänzt Reinke. In der Art und Weise, wie die Deutschen in Bildung investieren, sieht er jedoch Handlungsbedarf – vor allem bei Familien. „Jeder möchte seinem Nachwuchs eine gute Ausgangsposition für das Berufsleben verschaffen. Wirklich planvoll gehen aber die wenigsten an diese Aufgabe heran“, sagt Reinke.
Bildung lohnt sich auch nach Abzug aller Kosten
Viele Menschen lassen sich bei ihrer Ausbildung von dem Zeit- und Kostenaufwand einer höheren Qualifikation abschrecken. Dies ist jedoch ein Fehler. So liegt das Lebenseinkommen mit einer abgeschlossenen Lehre durchschnittlich 143.000 Euro netto über dem von Menschen ohne Berufsausbildung. Gegenüber einer Ausbildung erzielt ein Meister oder Techniker durchschnittlich 129.000 Euro netto mehr, ein Fachhochschulabsolvent 267.000 Euro und ein Universitätsabsolvent 387.000 Euro.
Stellt man die zunächst durch ein Studium entgangenen Einnahmen den späteren höheren Einkommen gegenüber, so lässt sich eine Ertragsrate auf die Investition in ein Studium berechnen. Diese beträgt für einen Hochschulabschluss (Fachhochschule und Universität) auf dem ersten und zweiten Bildungsweg jeweils rund zehn Prozent. „Bei einem Studium werden die aufgewendeten Studienkosten über das gesamte Erwerbsleben mit durchschnittlich zehn Prozent im Jahr verzinst“, so der Professor. Es zahlt sich außerdem aus, mit dem Studium frühzeitig anzufangen und es straff durchzuziehen: „Je früher man beginnt und je kürzer es dauert, desto höher ist das Lebenseinkommen. Pro gespartem Jahr erhöht sich das Einkommen um durchschnittlich rund 20.000 Euro“, so Wößmann.
Aber nicht jedes Studium ist per se lohnender als etwa der Weg über eine Lehre zum Meister oder Technikerabschluss. „Wir beobachten deutliche Unterschiede bei den Einkünften zwischen den Berufszweigen und der Studienrichtung“, so Wößmann. Während man durch ein Medizinstudium über das gesamte Erwerbsleben durchschnittlich bis zu 983.000 Euro mehr verdient als mit einer Lehre, schlägt ein Studium im Bereich Sozialarbeit nur mit einem Plus von 20.000 Euro zu Buche. Auch bei einer Meister- oder Technikerausbildung gibt es erhebliche Unterschiede. So kann das Lebenseinkommen eines Meisters mit gut laufendem Betrieb das eines Hochschulabsolventen deutlich übersteigen. Auch regional und geschlechterspezifisch unterscheiden sich die Erträge zum Teil deutlich.
Kostenlose Leistungen des Bildungssystems überdecken private Aufwände
„Auch wenn die privaten Aufwendungen für die Bildung in Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten deutlich geringer sind, sollte man sich auch hier Gedanken über Bildung und die damit verbundenen Investitionen machen“, betont Reinke. „Ganz gleich ob es sich um einen möglichen Meisterbrief oder die Finanzierung eines Studiums für die Kinder oder Enkel handelt.“ Denn die kostenlosen Leistungen des deutschen Bildungssystems verdeckten die umfassenden privaten Aufwände, die Bildung heute mit sich bringe. Das zeige sich etwa am deutlichen Anstieg der Ausgaben für Nachhilfe. Jeder fünfte Gymnasiast werde heute bereits außerhalb des Unterrichts privat betreut. Trotzdem würden die Kosten für Bildung aktuell zumeist noch aus laufenden Budgets finanziert. Ausbildungssparen lande unter den Sparmotiven im hinteren Mittelfeld. „Man spart zwar allgemein für die Kinder – aber die Ausbildung oder das Studium haben dabei die wenigsten vor Augen“, so Reinke. Immerhin beliefen sich die durchschnittlichen Kosten eines Studiums auf rund 30.000 Euro. Mit der Veröffentlichung der Studie will Union Investment einen Impuls setzen, um den Aspekt des Bildungssparens stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Wer etwa 100 Euro monatlich in einen Fondssparplan einzahlt, erzielt bei einem Ertrag von vier Prozent nach 18 Jahren einen Betrag von 31.441 Euro und damit mehr als die Summe, die das Studium eines Kindes heute kostet.
Durchschnittliche Jahreseinkommen sinken bereits ab einem Alter von rund 50 Jahren
Bei der Untersuchung der Lebenseinkommen zeigt die Studie eine weitere überraschende Entwicklung in Hinblick auf die Altersvorsorge: Ab einem Lebensalter von etwa 50 Jahren sinken die durchschnittlichen Einkommen. „Dieser Effekt ist nicht nur bei gutverdienenden Akademikern festzustellen, die sich ein frühes Ausscheiden aus dem Berufsleben leisten können“, so Wößmann. Diese Entwicklung überrascht, weil er die Annahme vieler Beitragszahler entkräftet, dass sich das Einkommen bis kurz vor der Rente auf mindestens gleichem Niveau wie mit 50 Jahren bewegt. Das ist insbesondere bedeutsam vor dem Hintergrund der jährlichen Renteninformation, in der die Rentenversicherung genau davon ausgeht. „Verantwortlich für den Rückgang sind zunehmende Nichtbeschäftigung, insbesondere durch Vorruhestand“, sagt Wößmann. Bei der Planung der eigenen Altersvorsorge bleibt dies meist unberücksichtigt: „Wer böse Überraschungen beim Renteneintritt vermeiden möchte, muss mehr vorsorgen und vor allem früher“, so Reinke. Je höher das Einkommen ist, desto deutlicher fällt dieser Effekt aus. „Altersvorsorge ist damit nichts, was auf die lange Bank geschoben werden kann“, betont der Vorstandsvorsitzende.