Dafür gibt es viele Gründe: In den USA macht Notenbankchef Jerome Powell immer wieder deutlich, dass die Fed den Leitzins möglicherweise über den sogenannten neutralen Zinssatz anheben wird. Bei diesem, so die Theorie, wird die Wirtschaft weder stimuliert noch gebremst. Die meisten Marktteilnehmer sehen ihn derzeit zwischen 2,5 und 3,0 Prozent. In Europa stehen die Märkte weiterhin unter dem Einfluss der beiden Problemthemen Brexit und dem Haushaltsstreit zwischen Italien und der EU. Zusätzlich lastet in China schon lange der Handelsstreit mit den USA auf der Stimmung. Die Folge: Chinas Börsen befinden sich schon seit Längerem in einem Bärenmarkt. Außerdem haben einige Unternehmen die hohen Erwartungen in der abgelaufenen Berichtssaison enttäuscht. Dazu gehörten auch einige hochbewertete Technologieriesen in den USA. Oder es erging ihnen wie Apple. Hier machten Gerüchte die Runde, das Unternehmen habe geringere Mengen bei ihren Zulieferern bestellt. Und schon geriet die Aktien unter die Räder.
Konjunktur schwächt sich auf breiter Front ab
Sind all diese Ängste übertrieben? Was die Aktienmärkte angeht, wohl nicht. Bei den Konjunkturerwartungen trübt sich das Bild immer weiter ein. Das geht natürlich auch mit sinkenden Erwartungen an die Umsätze und Gewinne der Unternehmen einher. Und das in den USA, wie auch in Europa. Das hat zur Folge, dass zum Teil schon extreme Angst im Markt vorherrscht. Und Angst ist gut für Value-Investoren wie uns. Denn dann übertreiben die Märkte nach unten. Auch gute Aktien werden dann frei nach dem Motto verkauft: „Alles muss raus!“. Was uns wiederum erlaubt, gute Aktien wieder zu günstigen Kursen einzukaufen. Doch noch ist es nicht so weit. Wir warten noch auf die finale Kapitulation der Anleger, sodass der Markt ganz nach unten rauscht, damit er sich wieder neu aufbauen kann. Auch bei den FAANG-Aktien wie etwa Facebook, Apple, Alphabet, Amazon & Co. wäre eine solche Kapitulation wünschenswert, doch noch ist das Vertrauen vieler Anleger in diese Titel nicht erschüttert. Das hat zur Folge, dass wir das Aktien-Exposure in unseren Mandaten wie dem Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen und dem PRIMA – Globale Werte weitgehend abgesichert haben. Wir bleiben vorerst vorsichtig.
Portfolioabsicherung aus Angst vor „TINA“
Hinzu kommt, dass man die weitere Zinsentwicklung im Auge behalten muss. Denn: Bei Aktien galt bisher die ultimative These ‚There Is No Alternative’, TINA abgekürzt. Dieses Szenario ändert sich aber gerade, denn mit rund 2,6 Prozent ist der Libor mittlerweile durchaus wieder eine Alternative. Umfragen unter institutionellen Investoren zeigen, dass bei einem Zins von 3,7 Prozent die Scheidung von TINA droht. Dann würde weiter in Anleihen umgeschichtet, was eine weitere Belastung für die Aktienmärkte bedeuten sollte. Das würde uns als überzeugte Aktieninvestoren natürlich hart treffen. Denn grundsätzlich sind und bleiben wir ein Aktienhaus und sehen im Aktienmarkt unsere primäre Ertragsquelle. Aber ab einem gewissen Zinsniveau werden Anleihen eine Alternative. Bei uns zwar nicht, denn für uns sind sie nach wie vor eher ein Ersatz für Cash.
Ausblick mit vielen Fragezeichen und einem kräftigen „Vielleicht“
Bei einem Blick nach vorne erwarten wir ein schwieriges Jahr 2019. Per Definition befindet sich der DAX bereits in einem Bärenmarkt. Und auf eine Rezession deutet auch vieles hin. Beides ist nicht innerhalb weniger Wochen ausgestanden, sondern dauert eher 18 bis 24 Monate. Aber die Vergangenheit lehrt: Ist die Korrektur erst einmal wieder vorbei, eröffnen sich wieder wunderbare Chancen, um in gute, eigentümergeführte Unternehmen mit wirtschaftlichem Burggraben und Sicherheitsmarge aktiv zu investieren. Denn jede Krise bietet neue Chancen. Die Kunst ist, diese aktiv zu erkennen und zu nutzen. Und wer weiß, vielleicht erleben wir ja positive Überraschungen. Vielleicht nähern sich ja US-Präsident Trump und Chinas Premier Xi beim anstehenden G20-Treffen an und entschärfen den Handelskonflikt. Vielleicht bekommt es Premierministerin Theresa May ja hin, im eigenen Parlament eine Mehrheit für ihren Deal mit der EU zu bekommen. Und vielleicht kommt es ja auch noch zu einer Übereinkunft zwischen Brüssel und Rom über den geplanten Haushalt. Hinter alle dem stehen noch große Fragezeichen, sollte sich aber nur bei einem der Probleme eine Lösung abzeichnen, könnte der Traum von einer Jahresendrally VIELLEICHT noch wahr werden.
Frank Fischer, CEO & CIO, Shareholder Value Management AG