Viele Investoren bevorzugen entwickelte Aktienmärkte, in denen sie relativ einfach investieren können. Die Regierung lässt den Markt mehr oder weniger allein und sorgt für eine einheitliche Aufsicht, Unternehmen machen umfangreiche Angaben über ihre Finanzen, Abläufe und Risiken, damit Investoren fundierte Entscheidungen treffen können.
Heute ähneln A-Aktien, die an Chinas Festland-Börsen gehandelt werden (Onshore-Aktien), dem US-Aktienmarkt im Jahr 1965. Er ist nach wie vor uneinheitlich reguliert, geprägt von einer lückenhaften Kontrolle börsennotierter Unternehmen und dominiert von Privatanlegern, deren Tendenz zu hohen Käufen und niedrigen Verkäufen die Volatilität verschärfen kann.
Blick voraus: Anteil chinesischer Werte im EM-Index nimmt kräftig zu
Diese Eigenschaften machen viele globale Investoren nervös. Aber umfangreiche und rasche Veränderungen sind im Gange, was zum großen Teil auf die Aufnahme Chinas in den MSCI Emerging Market Index (EM-Index) 2018 zurückzuführen ist. Die Regulierungsbehörden mussten tiefgreifende, und für Anleger vorteilhafte, Änderungen vornehmen, um die Aufnahme zu erreichen, und die Beteiligung ausländischer und institutioneller Investoren ist bereits gestiegen, da Indexfonds gezwungen sind, sich mit neuen chinesischen Komponenten der Benchmark einzudecken. Institutionelle Investoren, die eher auf Fundamentaldaten als auf Emotionen reagieren, neigen dazu, den zuvor von Privatkunden dominierten Märkten Stabilität zu verleihen.
MSCI geht davon aus, dass weitere chinesische Aktien in den Index aufgenommen werden, wobei die nächste Erweiterung im August 2019 erfolgen soll, wenn der Anteil der A-Aktien von 0,7 Prozent auf 2,8 Prozent des Index steigen wird. Wir gehen davon aus, dass die A-Aktien in nur drei bis fünf Jahren vollständig integriert sein werden, sie würden dann 16 Prozent des Index ausmachen. Somit würden chinesische Vermögenswerte insgesamt, einschließlich derjenigen, die an den Börsen Hongkongs gehandelt werden, 42 Prozent des EM-Index ausmachen. Das ist die Hälfte der Zeit, die Südkorea (sechs Jahre) und Taiwan (neun Jahre) benötigt haben, um die vollständige Integration zu erreichen.
Mit Riesenschritten zur Marktreife
China begann seinen Weg zur Marktreife, indem es den Zugang für ausländische Investoren vereinfachte. Im Jahr 2014 führten die Regulierungsbehörden Stock Connect ein. Dieses System ermöglichte ausländischen Investoren, die Onshore-Aktien von Hongkong aus zu handeln, ohne gesonderte Lizenz. Vor kurzem erst wurde die Höchstquote für Investitionen ausländischen Kapitals in chinesische Märkte im Rahmen des Qualified Foreign Institutional Investor (QFII)-Programms verdoppelt.
Ein weiteres Zeichen für einen entwickelten Markt ist, dass er mehr oder weniger frei und effizient funktioniert. In dieser Hinsicht war die Regierung im Vergleich zu vor einigen Jahren viel weniger anfällig für Eingriffe in den A-Aktienmarkt.
Rund die Hälfte der chinesischen Aktien wurde vom Handel ausgesetzt, um den großen Kursschwankungen zu entgehen, als es an den Aktienmärkten im Juli 2015 turbulent zuging. Einige Aussetzungen zogen sich monatelang hin. Als Reaktion auf die Proteste der Investoren begrenzten die Regulierungsbehörden die Aussetzung auf drei Monate im Jahr 2016, ein strengerer Standard als in Hongkong. Im November 2018 kündigten die chinesischen Regulierungsbehörden an, die Dauer der Aussetzungen weiter zu verkürzen.
Die Regierung hat auch die direkten Interventionen zur Unterstützung inländischer Aktienkurse eingestellt. Noch im Jahr 2015 beauftragten die Regulierungsbehörden staatlich kontrollierte Wertpapierfirmen, die Märkte durch den Kauf von Aktien zu stützen. Ihr Schweigen während weiteren Schwankungen im Jahr 2018 sprach Bände.
Schließlich halten Unternehmen in entwickelten Märkten die vereinbarten Richtlinien für Corporate Governance und Transparenz ein. Zu diesem Zweck haben chinesische Wertpapier- und Umweltaufsichtsbehörden im vergangenen Jahr angekündigt, dass börsennotierte Unternehmen bis 2020 die Risiken für Umwelt, Soziales und Governance (ESG) für ihre Unternehmen offenlegen müssen.
Diese Risiken haben sich in jüngster Zeit auch etwas verringert, nachdem die chinesische Regierung gegen Korruption und schlechte Unternehmensführung vorgegangen ist. Dazu gehört zum Beispiel die Bestrafung von Unternehmen, die die Luft und das Wasser des Landes verschmutzen, Fabriken auf unbestimmte Zeit stilllegen und sogar Führungskräfte inhaftieren.
„Wilder Osten" war gestern
Anleger in A-Aktien sind nach wie vor mit Risiken wie Volatilität, Geopolitik und Handelskonflikten konfrontiert. Wirtschaftliche Ungleichgewichte, einschließlich des raschen Anstiegs der Verschuldung des Finanzsystems, des verschwenderischen Ausbaus der Infrastruktur und der überzogenen Preise in Teilen des Wohnungsmarktes, sind weiterhin Anlass zur Sorge.
Aber China ist nicht der „Wilde Osten“ wie viele denken. Der reifende Markt erlaubt es Investoren, am schnellsten wachsenden Verbrauchermarkt der Welt mit branchenführenden Technologieunternehmen teilzunehmen. China ist nicht nur zu groß, um es zu ignorieren, das Land bietet Anlegern auch Potenzial, das sie so woanders kaum finden.