Frankreich: Politische Stabilität auf Kosten öffentlicher Finanzen?

François Bayrou hat die Vertrauensabstimmung im französischen Parlament wie erwartet verloren. Sowohl die politischen Unsicherheiten als die Ungewissheit hinsichtlich des Haushaltsplans für 2026 dürften zu anhaltender Volatilität bei französischen Staatsanleihen führen, meint John Taylor, Head of European Fixed Income bei AllianceBernstein. Warum für ihn Neuwahlen weiterhin unwahrscheinlich bleiben – und inwiefern am Ende politische Stabilität auf Kosten öffentlichen Finanzen gehen dürfte, erläutert er in seinem Kommentar zur Lage. AllianceBernstein | 09.09.2025 15:58 Uhr
John Taylor, Head of European Fixed Income and Director of Global Multisector, AllianceBernstein / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein
John Taylor, Head of European Fixed Income and Director of Global Multisector, AllianceBernstein / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein

Sowohl die politischen Unsicherheiten als die Ungewissheit hinsichtlich des Haushaltsplans für 2026 dürfte zu anhaltender Volatilität bei den Spreads französischer Staatsanleihen führen. Diese wird so lange anhalten, bis ein endgültiger Haushalt verabschiedet ist. Die Sicherung politischer Stabilität dürfte dabei auf Kosten besserer öffentlichen Finanzen gehen. Dies könnte wiederum dazu führen könnte, dass die Spreads französischer Staatsanleihen höher ausfallen als in einem Szenario, in dem François Bayrou Premierminister geblieben wäre. Neben den politischen Ereignissen wird der Markt auch ganz genau beobachten, inwiefern die Ratingagenturen Frankreich mehr Zeit für die Herstellung politischer Stabilität einräumen – und, was noch wichtiger ist, einem Haushalt für 2026 zustimmen, der für die politischen Akteure, den Markt und die EU akzeptabel ist.

Obwohl Premierminister Bayrou das Vertrauensvotum verloren hat, kam es zu einer leichten Erholung der französischen Staatsanleihen gegenüber den jüngsten Tiefstständen. Dies ist auf geringere Abwärtsrisiken zurückzuführen. Immerhin hat Präsident Macron angekündigt, zügig in den kommenden Tagen einen neuen Premierminister zu ernennen, was die Wahrscheinlichkeit für Neuwahlen senkt.

Neuwahlen bleiben unwahrscheinlich

Die zentrale Frage bleibt, wie es in den kommenden Monaten weitergeht: Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass Präsident Macron wie angekündigt, einen Premierminister ernennt, der wiederum eine neue Regierung bildet. Dieser Prozess dürfte zügig vonstattengehen. Immerhin muss der Haushaltsentwurf bis zum 7. Oktober dem Parlament vorgelegt werden. Da keine Neuwahlen stattfinden, dürfte die Verabschiedung des Haushaltsplans schwierig bleiben. Zwar halten wir Neuwahlen zum jetzigen Zeitpunkt für sehr unwahrscheinlich. Sollte der neu ernannte Premierminister jedoch bis zum Jahresende zurücktreten, könnte sich Präsident Macron gezwungen sehen, Neuwahlen anzusetzen.

Folgende Szenarien sind für die kommenden Monate möglich:

Variante 1: Ein neuer Premierminister wird ernannt, der es schafft, bis Ende des Jahres einen Haushalt im Parlament zu verabschieden – mit 70 bis 80 Prozent nach unserer Ansicht das wahrscheinlichste Szenario. Auch dies wird kein reibungsloser Prozess sein und wahrscheinlich eine niedrigere Haushaltskonsolidierung für 2026 erfordern. Bereits der vorherige Haushaltsentwurf sah ein Defizitziel von 5,4 Prozent für 2025 und 4,6 Prozent für 2026 vor, was angesichts der starken Wachstumsannahmen, auf denen der Entwurf beruhte, bereits kaum realistisch war.

Variante 2: Der neue Premierminister schafft es nicht, den Haushalt vor Jahresende zu verabschieden, bleibt aber im Amt – ein Szenario mit einer Wahrscheinlichkeit von sechs bis zehn Prozent: Auch dies könnte durchaus passieren, da sich die Verhandlungen bis 2026 hinziehen. In diesem Fall würde der Haushalt von 2025 weitergelten, bis ein neuer Haushalt verabschiedet wird.

Ebenso wahrscheinlich (sechs bis zehn Prozent) ist Variante 3: Der neue Premierminister setzt die Verabschiedung des Haushaltsplans im Alleingang durch: Wenn der neue Premierminister Artikel 49.3 anwendet, um das Parlament zu umgehen, könnte er bis Ende des Jahres einen Haushalt verabschieden. Um nicht gestürzt zu werden, müsste er dafür allerdings genügend Zugeständnisse machen. Insbesondere da die Anwendung von Artikel 49.3 wahrscheinlich zu einer weiteren Vertrauensabstimmung führen wird, dürfte der Premierminister versuchen, auch die Rechte und die extreme Rechte zufrieden zu stellen. Auch dies bedeutet eine im Vergleich zu früheren Ankündigungen begrenztere Haushaltskonsolidierung.

Variante 4: Der neue Premierminister scheitert bei der Verabschiedung des Haushaltsplans und wird gestürzt. Ein Szenario mit einer Wahrscheinlichkeit von 6 bis 10 Prozent. Damit hätten wir eine ähnliche Situation wie aktuell. Entweder ernennt Präsident Macron dann erneut einen neuen Premierminister oder er ruft Neuwahlen aus. Dies dürften die politische Landschaft jedoch ebenfalls nicht grundlegend verändern, sondern allenfalls für zusätzliche Unsicherheit sorgen.

Von John Taylor, Head of European Fixed Income and Director of Global Multisector, AllianceBernstein

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