Kann KI den Gesundheitssektor für Aktienanleger wiederbeleben?

KI kann ein Segen für Gesundheitsunternehmen sein. Für nachhaltigen Erfolg zählen Fundamentaldaten, nicht die neueste Technologie. AllianceBernstein | 24.10.2025 13:39 Uhr
Vinay Thapar, Portfolio Manager – Global Healthcare bei AllianceBernstein / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein
Vinay Thapar, Portfolio Manager – Global Healthcare bei AllianceBernstein / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein

Mit einem neuen Wachstumstreiber geben Gesundheitsunternehmen Anlegern trotz der diesjährigen Schwäche des Sektors wieder Anlass zu Optimismus. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens entwickelt sich zu einer innovativen Kraft, die das Gewinnwachstum – und damit auch das Ertragspotenzial von Aktien – bestimmter Unternehmen beflügeln kann.

Technologischer Fortschritt war schon immer ein Treiber für Veränderungen in der Gesundheitsbranche, die stark von Datenmanagement und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen abhängt. KI markiert nun die nächste Entwicklungsstufe – von schnelleren Zulassungsverfahren für Medikamente und verbesserten Patientenerfahrungen bis hin zu Roboterchirurgie und Pflastern, die Krebs erkennen können. Das Thema KI taucht bei Gesundheitsunternehmen immer häufiger auf (Abbildung), auch wenn bislang nur ein relativ kleiner Teil der Branche aktiv an konkreten Anwendungen arbeitet. Wir sehen in KI jedoch einen entscheidenden Differenzierungsfaktor, der in den kommenden Jahren zu größerem geschäftlichem Erfolg, stärkerem Wachstum und höheren Aktienerträgen führen kann.

Starke Signale für die aufstrebende Rolle der KI

KI hat bereits einen wichtigen Beitrag zur Lösung eines der zentralen Probleme des Gesundheitswesens geleistet: der Erfassung und dem Austausch von Informationen. OpenEvidence, eine KI-gestützte Datenplattform speziell für medizinisches Fachpersonal, entwickelt sich rasant zum „OpenAI der Medizinbranche“.

Mit nur wenigen eingegebenen Fragen sammelt, visualisiert und verbreitet die Plattform Antworten aus einer stetig wachsenden Bibliothek von maßgeblicher medizinischer Fachliteratur und akademischer Spitzenforschung – eine essenzielle Grundlage für fundierte Entscheidungen.

Frühe Erfolge mit KI-gestützten medizinischen Verfahren

Die Vorstellung, dass ein Roboter wie R2-D2 komplexe Operationen an lebenden Patienten durchführt, braucht zunächst etwas Gewöhnung. Doch die Entwicklung autonomer Chirurgie – also Eingriffe ohne menschliche Unterstützung – macht rasante Fortschritte. So gelang es Forschenden der Johns Hopkins University, Roboter mit umfassendem Videomaterial zur Gallenblasenoperation an lebensechten Modellen zu trainieren. In acht Versuchen wurde eine Erfolgsquote von 100 % erreicht. Wie aus einer Zusammenfassung der im Juli in Science Robotics publizierten Studie hervorgeht, stellte dies einen Meilenstein auf dem Weg zur klinischen Einführung autonomer chirurgischer Systeme dar.

Ein Gesundheitsunternehmen, das hier bereits führend ist, ist Intuitive Surgical. Mit einem soliden Geschäftsmodell ist Intuitive Marktführer im Bereich robotergestützter chirurgischer Systeme sowie Services zur Datenerfassung und -analyse. Wir gehen davon aus, dass KI der Technologieplattform des Unternehmens weiteren Auftrieb verleihen und den gesamten chirurgischen Prozess von der Patientenauswahl bis zur Genesung grundlegend verändern kann.

Viren bekämpfen und Patientenversorgung intelligent steuern

KI kann auch dazu beitragen, die Wirkstoffentwicklung, Genomforschung (DNA-Analysen) und klinische Studien zu beschleunigen. Zugegeben: Die bisherigen Erfolge sind noch begrenzt. Die Financial Times berichtete kürzlich, dass die Erwartungen an eine Revolution bei der Senkung der hohen Ausfallraten in der Wirkstoffentwicklung überzogen gewesen seien und nur wenige KI-gestützte Medikamente bislang späte klinische Studienphasen erreicht hätten.

Dennoch nutzen einige Unternehmen fortschrittliche Analytik und sogenannte „digitale Zwillinge“ – also virtuelle Modelle –, um Krankheitsverläufe zu simulieren, Moleküle zu optimieren und personalisierte Therapien zu entwickeln. So setzt der In-vitro-Diagnostikspezialist bioMérieux die KI ein, um seine klinischen Anwendungen zur Erkennung antimikrobieller Resistenzen, bei Infektionstests und bei der COVID-19-Überwachung weiterzuentwickeln.

Auch im kommerziellen Bereich kommt KI im Gesundheitswesen zunehmend zum Einsatz. Veeva Systems, ein Anbieter von Cloud-Software für die Life-Sciences-Branche, nutzt KI, um klinische Studien und Compliance-Prozesse für Pharmaunternehmen effizienter zu gestalten.

KI mit Empathie: Die menschliche Dimension

Manche sehen in KI noch immer eine Bedrohung – insbesondere für ihre Arbeitsplätze. Doch möglicherweise rettet sie ihr Leben, ohne dass sie es merken. GE HealthCare etwa setzt KI ein, um schneller und mit höherer Präzision Röntgenaufnahmen zu erstellen, was sowohl die Bildqualität als auch die Diagnosesicherheit verbessert und gleichzeitig die Strahlenbelastung reduziert.

KI trägt auch dazu bei, neue Therapien schneller zu den Patienten zu bringen. Beispielsweise steckt sie hinter der Entwicklung von Ultraschallpflastern, mit denen sich Krebszellen bequem zu Hause erkennen oder überwachen lassen. Ein weiterer potenzieller Vorteil für Patienten: eine bessere Kommunikation zwischen Spezialisten in einem stark fragmentierten Gesundheitssystem. Man stelle sich einen komplexen Fall vor, bei dem KI eine Abstimmung zwischen Nephrologen, Kardiologen und Endokrinologen ermöglicht – mit einer schnelleren Diagnose und Behandlung, die dem Patienten einen Krankenhausaufenthalt erspart. Das bedeutet nicht nur bessere Ergebnisse für Patienten, sondern senkt auch die Kosten im Gesundheitssystem.

KI-Boom im Gesundheitswesen richtig einordnen

Auch wenn KI viele Bereiche des Gesundheitswesens verbessern wird, sollten Anleger ihren Fokus auf den tatsächlichen Nutzen für das einzelne Unternehmen richten. Es ist klug, Kapital in vielversprechende Innovationen zu investieren. Man darf jedoch nicht davon ausgehen, dass eine einzelne Technologie allein ein Unternehmen mit größeren Problemen transformieren kann.

Deshalb betonen wir immer wieder: Anleger im Gesundheitssektor sollten sich auf das Geschäft konzentrieren, nicht auf die Wissenschaft. Diese Logik galt schon für frühere bahnbrechende Entwicklungen – von der Einführung des Internets bis hin zur Arzneimittel- und Impfstoffforschung. Selbst die erfolgreichsten disruptiven Technologien beruhen auf zahlreichen Fehlschlägen, und manchmal braucht es Zeit, bis sich selbst die besten Ideen durchsetzen.

Aus unserer Sicht sollten Anleger bei Gesundheitsaktien besonders darauf achten, wie KI zum Geschäftsmodell eines Unternehmens beiträgt, etwa in Bezug auf Cashflow, Profitabilität und Wettbewerbsposition. Ebenso entscheidend ist, ob das Unternehmen nachhaltig aufgestellt ist und Gewinne oberhalb der Kapitalkosten reinvestiert. Ein solides Geschäftsmodell kann auch dann erfolgreich sein, wenn ein KI-Projekt scheitert. Und bei wirklich hochkarätigen Geschäftsmodellen im Gesundheitswesen kann KI deren Stärke weiter ausbauen – und so zu besseren Ergebnissen bei Gewinnen und Anlegererträgen beitragen.

Von Vinay Thapar, Co-Chief Investment Officer and Senior Research Analyst—US Growth Equities; Portfolio Manager—Global Healthcare bei AllianceBernstein

Weitere beliebte Meldungen:

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.