Trumps Zollroulette lässt die Märkte vorerst kalt

„Hunde, die bellen, beißen nicht“ – so denken anscheinend die Finanzmärkte über den erneuten Zollhammer von US-Präsident Donald Trump. Der S&P 500 ist auf Rekordhöhen geklettert, ebenso der deutsche DAX und der britische FTSE 100. Doch Vorsicht: „Viele positive Nachrichten sind bereits eingepreist – potenzielle Belastungsfaktoren hingegen kaum“, warnt Anthony Willis, Senior Economist bei Columbia Threadneedle Investments. Was dem Chefökonomen Sorgen bereitet, welche Auswirkungen die Zölle haben könnten und was das für Anleger bedeutet, erläutert er in seinem Marktkommentar: Columbia Threadneedle Investments | 16.07.2025 13:48 Uhr
Anthony Willis, Senior Economist bei Columbia Threadneedle Investments / © e-fundresearch.com / Columbia Threadneedle Investments
Anthony Willis, Senior Economist bei Columbia Threadneedle Investments / © e-fundresearch.com / Columbia Threadneedle Investments

  • Erneut dominieren Zölle die Schlagzeilen, nachdem das Weiße Haus nach der 90-tägigen Pause neue Zolltarife bekannt gegeben hatte. Die Aktienmärkte bleiben vorerst gelassen und der S&P 500 klettert auf ein Rekordhoch.
  • Die USA haben mehreren Ländern Zölle weit über zehn Prozent angedroht – insbesondere Vietnam, Indien, Brasilien und der Europäischen Union.
  • Sektorspezifische Zölle sind ebenfalls im Gespräch, unter anderem für Kupfer, Holz, Halbleiter und Arzneimittel. Diese würden den effektiven Zollsatz zusätzlich erhöhen.
  • Die Auswirkungen der Zölle werden sich erst mit Verzögerung zeigen. Viele positive Nachrichten sind bereits eingepreist, während die Abwärtsrisiken nicht vollständig berücksichtigt wurden.

Das Weiße Haus hat eine Reihe neuer Zölle angekündigt und die Frist für Verhandlungen nochmal um drei Wochen verlängert, da US-Präsident Donald Trump nach eigenen Angaben bisher nur drei Deals abgeschlossen hat und damit weit hinter dem Versprechen von „90 Deals in 90 Tagen“ liegt. Das Weiße Haus hat daher damit begonnen, seine Handelspartner über die neuen Zollsätze zu informieren – für die meisten Länder liegen diese auf der gleichen Höhe, wie schon zum „Liberation Day“ angekündigt.

Finanzmärkte sind des Wettens müde

Die Märkte zeigen sich davon jedoch unbeeindruckt – der S&P 500 erreichte letzte Woche sogar ein neues Rekordhoch. Im Fall Trump scheint an den Börsen mittlerweile das Motto zu gelten: „Hunde, die bellen, beißen nicht“. Man geht davon aus, dass sich die angedrohten Zölle auf den Basissatz von zehn Prozent einpendeln werden – ähnlich wie zuvor gegenüber dem Vereinigten Königreich und China. Diese Sorglosigkeit, gepaart mit niedriger Volatilität, scheinen den Präsidenten jedoch zu aggressiveren Zöllen zu ermutigen.

Für einige Länder werden die Zölle den Zehn-Prozent-Satz deutlich übertreffen. Länder, mit denen den USA keine Vereinbarung treffen können, werden mit 15- bis 20-prozentigen Zöllen belegt. Für Vietnam wären es beispielsweise 20 Prozent – wesentlich weniger als die ursprünglichen 46 Prozent, aber dennoch ein erheblicher Wert. Grundabkommen mit der Europäischen Union (EU) und Indien stehen angeblich kurz bevor, was Trump allerdings nicht davon abhielt, der EU Zölle in Höhe von 30 Prozent anzudrohen. Für Indien liegen 10 Prozent auf dem Verhandlungstisch. Die Begründung: Das Land ist Teil der BRICS-Gruppe – eine wirtschaftliche Staatengemeinschaft, die den USA nach Trumps Ansicht schaden soll. Theoretisch bedeutet dies auch zusätzliche Zollsätze von 10 Prozent für jedes andere BRICS-Land. Allerdings hat Trump die Zölle für Brasilien auf ganze 50 Prozent angehoben – und das, obwohl das Land sogar ein Handelsdefizit mit den USA hat.

Zollschwankungen auf dem Niveau der 1930er

Sektorale Zölle sind ebenfalls auf Trumps Agenda. Section 232 erlaubt es dem amerikanischen Präsidenten, Einfuhrzölle oder andere Beschränkungen für Güter zu verhängen, wenn deren Menge oder Umstände die nationale Sicherheit der USA gefährden. Hier laufen bereits Untersuchungen zum Handel in den Bereichen Kupfer, Holz, Halbleiter und Pharmazeutika. Die US-Kupferpreise sind letzte Woche bereits sprunghaft angestiegen, nachdem Trump angekündigt hatte, die USA würden einen Zoll von 50 Prozent auf Kupferimporte erheben – diese sollen ab 1. August in Kraft treten. Auch deutete Trump an, dass die Zölle auf Pharmaimporte in den nächsten 18 Monaten erhöht werden sollen.

Diese zusätzlichen Sektorzölle werden den effektiven Gesamtzollsatz spürbar erhöhen. Bereits Anfang August könnte dieser auf fast 20 Prozent steigen. Dieser Wert ist jedoch alles andere als stabil – seit Jahresbeginn schwankte der effektive Satz zwischen 2,5 und 26,5 Prozent. Zollvolatilität in diesem Ausmaß hat es seit den 1930er Jahren nicht mehr gegeben – und das macht die Planung für Unternehmen entsprechend schwierig. Wenn sich die Zölle bei durchschnittlich 20 Prozent einpendeln, läge das deutlich über dem, was die Märkte eingepreist haben. Dann könnte es zu einem leichten Stimmungsumschwung an den Märkten kommen – vor allem, wenn die Zölle im August höher ausfallen als angenommen.

Finanzmärkte auf Allzeithoch – Abwärtsrisiken nicht vollständig eingepreist

Die Finanzmärkte haben in den letzten Monaten eine starke Entwicklung hingelegt. Der S&P 500 ist auf Rekordhöhen geklettert und bewegt sich nun in teils überhitztem Terrain. In Europa erreichten sowohl der deutsche DAX als auch der britische FTSE 100 in der vergangenen Woche neue Allzeithochs. Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten sind dabei weiterhin vielversprechend. Die Auswirkungen der Zölle treten allerdings erst verzögert ein. Wir werden in den kommenden Monaten sehen, ob die Unternehmen sich entscheiden, die zusätzlichen Kosten selbst zu tragen oder an die Verbraucher weiterzugeben.

Angesichts des aktuellen Marktniveaus sind wir etwas besorgt: Viele positive Nachrichten sind bereits eingepreist, während mögliche Belastungsfaktoren – unerwartet hohe Zölle oder ein Ausbleiben von Handelsabkommen – nicht vollständig berücksichtigt wurden. Zudem wird in den kommenden Monaten das Handelsvolumen aufgrund der Urlaubssaison zurückgehen. In dieser Phase erhalten Schlagzeilen oft überproportionalen Einfluss auf die Marktbewegungen. Die bevorstehenden Unternehmensberichte sowie die Inflationsdaten werden uns Aufschluss darüber geben, wie sich die Zölle letztendlich auswirken werden. Zudem sollten Anleger natürlich auch die konkreten Zollsätze im Auge behalten, die in den nächsten Wochen verhängt werden.

Von Anthony Willis, Senior Economist bei Columbia Threadneedle Investments

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