Die verborgenen Treiber des Unternehmenswerts

Immer mehr Unternehmen schaffen Wert durch immaterielle Vermögenswerte wie Humankapital, Markenreputation oder geistiges Eigentum. Studien zeigen: Firmen mit starkem Fokus auf diese Faktoren erzielen bessere Ergebnisse. Mit dem Aufstieg von KI und nachhaltigem Investieren steigt ihre Bedeutung weiter. William Blair Investment Management | 10.10.2025 13:15 Uhr
© William Blair
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Seit Jahrzehnten stützen sich Investoren bei der Bewertung von Investitionsmöglichkeiten auf traditionelle Finanzkennzahlen und materielle Vermögenswerte. Derzeit findet jedoch ein grundlegender Wandel in der Art und Weise statt, wie Unternehmenswert geschaffen und gemessen wird. Heute wird der wahre Wert eines Unternehmens zunehmend von immateriellen Vermögenswerten und externen Faktoren bestimmt.

Der Aufstieg der immateriellen Vermögenswerte

Immaterielle Vermögenswerte wie Humankapital, geistiges Eigentum (IP), Markenruf und Kundenbeziehungen sind heute die wichtigsten Treiber für Unternehmenswachstum und Shareholder Value. Die folgende Grafik veranschaulicht den dramatischen Anstieg der immateriellen Vermögenswerte der Unternehmen im S&P 5001-Index von 17% des gesamten Unternehmenswertes im Jahr 1975 auf 90% bis Ende 2020.2

Weitere Belege für den Trend

Weitere Belege für diesen Trend und den Einfluss immaterieller Vermögenswerte auf die Unternehmensleistung liefert ein neuer wissenschaftlicher Artikel, der in European Financial Management veröffentlicht wurde, einer renommierten Fachzeitschrift für internationale Wissenschaftler und Praktiker im Bereich Finanzmanagement moderner Unternehmen.
In der Studie „The Role of Intangible Assets in Shaping Firm Value“ („Die Rolle immaterieller Vermögenswerte bei der Gestaltung des Unternehmenswerts“) kommen die Professoren Feng Dong und John Doukas zu dem Ergebnis, dass die Intensität immaterieller Vermögenswerte ein starker Indikator für die Unternehmensleistung ist. Unternehmen mit einem hohen Anteil an immateriellen Vermögenswerten erzielten demnach jährlich rund 3% bessere Ergebnisse als ihre Wettbewerber.3

Das Aufkommen von Künstlicher Intelligenz (KI) dürfte diese Entwicklung noch weiter beschleunigen und den Wert immaterieller Vermögenswerte zusätzlich steigern. KI-Systeme basieren in hohem Maße auf proprietären Daten, Algorithmen und Modellen, allesamt zentrale immaterielle Vermögenswerte. Unternehmen, die über hochwertige Datensätze verfügen oder fortschrittliche KI-Fähigkeiten entwickeln, könnten diese immateriellen Güter zunehmend als Kern ihres Wettbewerbsvorteils erleben.

Beispiel für immaterielle Vermögenswerte: Humankapital

Das Wissen, die Fähigkeiten und die Erfahrung der Mitarbeitenden werden heute nicht mehr nur als Kostenfaktor betrachtet, sondern als entscheidende Quelle der Wertschöpfung.

Das McKinsey Global Institute untersuchte in seiner 2023 veröffentlichten Studie „Performance Through People“ rund 1.800 Unternehmen in 15 Ländern und identifizierte darin eine Gruppe von sogenannten „People and Performance Winners“.4
Diese Unternehmen zeichneten sich sowohl durch starke Maßnahmen zur Entwicklung des Humankapitals (etwa durch Weiterbildung, interne Mobilität und organisatorische Gesundheit) als auch durch herausragende finanzielle Ergebnisse aus. Sie wiesen auf:

  • 30% höheres Umsatzwachstum pro investiertem Dollar in Human- und Organisationskapital,

  • geringere Fluktuationsraten und größere Ertragsstabilität in Krisenzeiten sowie

  • eine überdurchschnittliche Fähigkeit, Talente zu halten und zu motivieren, was sich in einer konstanteren langfristigen Performance niederschlug.

Laut McKinseys Vergleich über sechs zentrale Kennzahlen übertrafen die „People and Performance Winners“ ihre Wettbewerber insbesondere bei Kapitalrendite (ROIC), Umsatzwachstum, ökonomischem Gewinn und Fluktuationsrate.

Mit dem Fortschreiten der Automatisierung durch KI gewinnt der Wert menschlicher Fähigkeiten, etwa Kreativität, emotionale Intelligenz und strategisches Denken, weiter an Bedeutung. Dadurch steigt die Relevanz von Talentmanagement, Unternehmenskultur und Führung, die allesamt immaterielle Werttreiber darstellen.

Warum Externalitäten wichtig sind

Externalitäten sind die verborgenen Kosten und Nutzen der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens, die Dritte oder die Gesamtwirtschaft betreffen. Wenn diese Auswirkungen finanziell relevant werden, können es sich Anleger nicht länger leisten, sie zu ignorieren.

Positive Externalitäten

Positive Externalitäten tragen dazu bei, Werte außerhalb des Unternehmens zu schaffen, und sind für Anleger relevant, weil sie zukünftiges Wachstum, verbesserte operative Widerstandsfähigkeit und reduziertes Risiko signalisieren können und potenziell den Aktionärswert erhöhen.

Beispielsweise können Investitionen in Forschung und Entwicklung oder in innovative Software Spillover-Effekte erzeugen, die die Produktivität steigern und branchenweite Innovationen anregen, was mitunter zu höheren Marktrenditen insgesamt führen kann.
Ebenso kann die Ausbildung von Arbeitskräften zu einem besser qualifizierten Arbeitskräfteangebot beitragen, das der breiteren Wirtschaft zugutekommt.

Auch starke Praktiken in den Bereichen Umweltschutz, soziale Verantwortung und Corporate Governance signalisieren operative Stabilität und Fokus auf Stakeholder, was potenziell die Kapitalbeschaffungskosten eines Unternehmens senken und Investoren anziehen kann, die diese Faktoren priorisieren.

Wir sind der Überzeugung, dass Unternehmen, die Innovationen entwickeln, um ökologische Herausforderungen zu lösen oder gesellschaftliche Bedürfnisse zu adressieren, von uns als „Enabler“ bezeichnet, beträchtliche Marktchancen erschließen können.

Investitionen, die beispielsweise zu geringerem Abfallaufkommen, einer besser ausgebildeten Belegschaft oder höherer Produktqualität führen, können eine stärkere Markenreputation und Kundentreue fördern und damit einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil schaffen.

Negative Externalitäten

Umgekehrt können negative Externalitäten, oder unbeabsichtigte Nebenwirkungen, die andere tragen müssen, den Aktionärswert schmälern, indem sie Risiken erhöhen und das Wachstumspotenzial verringern.
Historisch gesehen wurden Unternehmen weniger für Externalitäten wie Verschmutzung durch Produktionsprozesse oder unsichere Arbeitsbedingungen zur Verantwortung gezogen.
Das ändert sich jedoch, da Unternehmen zunehmend unter Druck geraten, ihre negativen Auswirkungen zu berücksichtigen.
Diese „Internalisierung“ von Kosten kann durch Regulierung, nachlassende Nachfrage oder eine eingeschränkte Fähigkeit, Talente anzuziehen und zu halten, erfolgen.

Die Integration von immateriellen Werten und Externalitäten in Investitionen

Wir betrachten nachhaltiges Investieren seit Langem als Erweiterung der Fundamentalanalyse, bei der berücksichtigt wird, wie ökologische Beschränkungen, soziale Dynamiken und Governance-Strukturen die Fähigkeit eines Unternehmens beeinflussen, seine Strategie umzusetzen, Wettbewerbsvorteile zu sichern und Abwärtsrisiken zu steuern.

Im Kern sind wir der Überzeugung, dass nachhaltiges Investieren im weiteren Sinne bedeutet, immaterielle Vermögenswerte und Externalitäten in den Investmentprozess zu integrieren, da diese Faktoren zunehmend die langfristige Wertschöpfung und das Risiko prägen.

Dies ist keine ideologische Zielsetzung, sondern Ausdruck des Bewusstseins für das gesamte Spektrum finanziell relevanter Risiken und Chancen, die Anlageergebnisse beeinflussen können.
Um sich in dieser neuen Realität zurechtzufinden, halten wir es für wichtig, unsere Investmentrahmen und -instrumente kontinuierlich weiterzuentwickeln, um eine breiter werdende Palette potenzieller Werttreiber von Unternehmen zu erfassen.

Blake Pontius, CFA, ist Director of Sustainable Investing bei William Blair.

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Weitere beliebte Meldungen:

1 Der S&P 500 Index ist ein Aktienmarktindex, der die Wertentwicklung von 500 der größten börsennotierten Unternehmen in den Vereinigten Staaten abbildet.
2 Quelle: Oceantomo.
3 Quelle: European Financial Management.
4f Quelle: McKinsey.

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.

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