Die EZB-Präsidentin prognostiziert für 2020 eine Wachstumsverlangsamung von 5 bis 12%. Im Grunde warnt sie davor, dass es keine Visibilität gibt und depressionsähnliche Ergebnisse wahrscheinlich sind. Dies würde uns in ein Neustartszenario versetzen, das dann beginnen würde, wenn die Gesamtaktivität um 10% zurückgegangen ist bzw. bei 90% liegt. Um von 90% auf ein Vorkrisenniveau von 100% zurückzukehren, müssten wir davon ausgehen, dass die Konsummuster auf das Niveau von 2019 zurückspringen.
Dies wird nicht aber geschehen. Die Nachfrage- und Angebotsfunktionen sind ernsthaft gestört worden. Von einer effektiven Rückkehr zur Normalität können wir vielleicht erst dann sprechen, wenn die Fussballarenen wieder voll sind. Das bringt uns bestenfalls in das Jahr 2021, schlimmstenfalls vielleicht in das Jahr 2022, 2023. Denken Sie daran, dass das US-BIP im Verlauf der Großen Finanzkrise 2008-2009 um etwa 4% auf ein Tiefstniveau von 96% gefallen ist. Heute deutet der Konsens darauf hin, dass das reale BIP der USA um 6 bis 8% gesunken ist und die Arbeitslosigkeit bei 15% liegt. In den letzten sieben Wochen haben 30 Millionen US-Arbeitnehmer, d.h. 20% der dortigen Arbeitskräfte, Arbeitslosenunterstützung beantragt. Es ist zu erwarten, dass die Haushaltsdefizite und die Verschuldungszahlen in Rekordhöhe um 20 bis 30 Prozentpunkte steigen werden.
Insgesamt lässt sich sagen, dass rekordverdächtige Kennzahlen und außergewöhnliche Rahmenbedingungen ein hohes Maß an Wachsamkeit und Vorsicht rechtfertigen. Beispiel: Das von US-Geldmarktfonds verwaltete Vermögen ist in den letzten 6 Wochen um mehr als eine Billion USD gestiegen!
Währenddessen erleben wir in den Schwellenländern einen grundlegenden Wandel in der Zentralbankpolitik im Vergleich zu früheren Abschwüngen. Die dortigen Zentralbanken senken die Leitzinsen aggressiv - trotz eines Umfelds abwertender Währungen (FX). Sie werden zu starken Zinssenkungen gezwungen, da der monetäre Transmissionsmechanismus (d.h. die Auswirkungen niedrigerer Zinsen auf das Wachstum) schwächer ist. Dieser Politikwechsel ist die Hauptursache für die von Mitte Februar bis heute beobachtete Abwertung der Währungen der Schwellenländer. Wir glauben, dass die Märkte diese neue Realität inzwischen eingepreist haben. Insgesamt wurde Schwellenländerwährungen gegenüber dem USD um 11,3% bereinigt. Bis Ende April verloren z.B. die Währungen Brasiliens 26,7%, Südafrikas 24,4% und Mexikos 21,7% gegenüber dem Greenback.
Den ausführlichen Kommentar von Peter De Coensel finden interessierte LeserInnen hier als PDF-Dokument.