CIO Weekly | Auf die Starken setzen

Die langwierige Anpassung an höhere Zinsen hat gerade erst begonnen. Wir glauben, dass sie die Spreu vom Weizen trennt. Neuberger Berman | 27.09.2023 14:49 Uhr
Niall O’Sullivan, Chief Investment Officer – Multi-Asset Class, EMEA / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman
Niall O’Sullivan, Chief Investment Officer – Multi-Asset Class, EMEA / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman

„Die Starken tun, was sie können, und die Schwachen erleiden, was sie müssen.“

Dieses harte Ultimatum legt Thukydides in seiner „Geschichte des Peloponnesischen Krieges“ den Athener Verhandlern bei der Belagerung von Melos in den Mund. Damit begründete er die Schule der realistischen Geschichtsschreibung. Nicht die Launen der Götter bestimmen bei ihm das menschliche Schicksal, sondern allein Interessen und eine oft brutale Machtpolitik.

Wenn sich ein Realist heute die einzelnen Assetklassen ansieht und überlegt, wo er investieren soll, dürften für ihn die relative Stärke und die „Qualität“ entscheiden.

Sicher gibt es auch hier einen Deus ex Machina – Top-down-Faktoren wie Inflation und die vielen Zinserhöhungen, mit denen die Notenbanken sie eindämmen wollen. Auf ihrer letzten Sitzung hat die Europäische Zentralbank die Zinsen erneut angehoben, und die Fed hat sich sehr scharf geäußert, auch wenn sie auf eine Erhöhung diesmal verzichtet hat. Am Markt rechnet man jetzt noch später im 2024 mit ersten Zinssenkungen. Im Grunde gleicht die Fed einem Arzt, der mit einem Stauband eine Vene abbindet. Mit jedem Zentimeter wird das Blut noch etwas mehr gestaut, bis die kumulierte Wirkung den Blutfluss stoppt.

Die schmerzhafte Anpassung an die hohen Zinsen hat aber gerade erst begonnen, und vermutlich wird sie einige härter treffen als andere. Mehr als in jeder anderen Phase sind dann die im Vorteil, die flexibel sind und trotz schwieriger Wirtschaftslage tun, was sie können. Die Schwachen haben hingegen weniger Optionen – und erleiden, was sie müssen.

Wir glauben, dass man in Zeiten wie diesen vor allem wählerisch sein muss. Mehr denn je kommt es darauf an, in starke statt in schwache Unternehmen zu investieren. In Ausnahmefällen kann es sich aber auch lohnen, den Schwachen beim Überleben zu helfen.

Margen

Aber wer ist in Zeiten wie diesen wirklich stark?

Das sind zum einen Firmen mit recht niedrigen und stabilen Kosten – Firmen mit geringem Kapitalbedarf, die nur wenige Vorprodukte oder Rohstoffe benötigen. Hinzu kommen Firmen, die mit wenig Personal auskommen und niedrige Fixkosten haben, sodass ihre Lohnkosten nicht über alle Maßen steigen. Oder Firmen nur mit einem hohen Cashflow, die auch ohne viel Fremdkapital wachsen können und deren Zinsaufwand daher niedrig und stabil ist. Manche Firmen mit gut gefüllten Kassen konnten sich trotz steigender Zinsen sogar über einen fallenden Zinsaufwand freuen.

Interessant sind auch Firmen mit einer starken Wettbewerbsposition, etwa, weil sie mit ihren Produkten oder Dienstleistungen Grundbedürfnisse decken und ihre Märkte dominieren. Für solche Unternehmen ist der unvermeidbare Kostenanstieg kein großes Problem, da sie ihn an ihre Kunden weitergeben können. Damit sichern sie ihre Margen oder können sie sogar ausbauen. Oft werden Firmen mit diesen Eigenschaften als „Qualitätsunternehmen“ bezeichnet.

Zurzeit hat ein solcher Schwerpunkt auch Auswirkungen auf Sektor- und Länderentscheidungen. Der amerikanische Automobilarbeiterstreik dürfte belegen, dass sich steigende Kosten in manchen wettbewerbsintensiven Branchen nur schwer an die Kunden weitergeben lassen, ohne wichtige Marktanteile zu verlieren. Die Einkaufsmanagerindizes der letzten Woche zeigten uns einmal mehr, dass das Verarbeitende Gewerbe generell mehr Schwierigkeiten hat als der Dienstleistungssektor. Auch das erklärt, warum die USA besser mit der Lage zurechtkommen als Europa und China. Auch dürften Länder mit hohen Schulden und steigendem Zinsaufwand – Industrieländer wie Emerging Markets – zu spüren bekommen, dass sich ausländische Investoren jetzt weniger für sie interessieren.

Flexible Geschäftsmodelle

Stärke und Qualität beschränken sich aber nicht auf Large Caps, Investmentgrade-Emittenten und Aktiengesellschaften (anstelle von Small Caps, High Yield und Firmen ohne Börsennotierung).

Nach den Einzelwertanalysen unseres Anleihenteams dürften Zahlungsausfälle und Bonitätsprobleme bei High-Yield-Emittenten zunehmen. Da es sich aber um Einzelfälle handelt, rechnen sie anders als 2007/2008, 2015/2016 und 2020 nicht mit einer generellen Spreadausweitung. Unser Direct Lending Team hat kein Problem damit, ausgewählten nicht börsennotierten Firmen zu zweistelligen Zinsen bei der Refinanzierung ihres erstrangigen Fremdkapitals zu helfen. Es ist sich sicher, dass diese Firmen ihre Margen steigern können, sodass sie für den Schuldendienst mehr als ausreichen.

Über 170 Investoren hörten auf unserem letzten Private Markets Annual General Meeting (AGM) in London, wie Tony Tutrone, unser Global Head of Alternatives, über Buy-out-Deals sprach. Solche Deals, die auf Financial Engineering beruhen, dürften nicht mehr sehr ertragreich sein, wenn die Fremdkapitalkosten weiter steigen. Stattdessen sollte man auf stärkere Unternehmen setzen, die dank guter Führung Erfolg haben. Hier sind die Aussichten besser.

Heute geht es überall um die Qualität von Unternehmen, ihrem Management und ihren Geschäftsmodellen. Interessant sind Firmen, die ihr Bestes geben.

Umwälzungen, Neuaufbau und Neuorganisation

Und die Schwachen?

Wie groß ihre Probleme sein werden, hängt von den Umständen ab. Bei manchen fallen lediglich die Margen. Andere verzeichnen Verluste. Manche werden Marktanteile verlieren, andere müssen sich neu aufstellen. Und viele werden vielleicht vom Markt verschwinden.

Wieder andere werden Übernahmeziele für stärkere Unternehmen aus ihren Sektoren: Mit ausgewählten Event-driven-Strategien könnte man diese Zeit der Umwälzungen, des Neuaufbaus und der Neuorganisation nutzen.

Manche Unternehmen, vor allem nicht börsennotierte, sind fundamental stabil, aber finanzschwach. Eigentlich sollten sie in Wachstum investieren oder andere Firmen übernehmen, aber sie können sich die zusätzlichen Kredite nicht leisten. Hier könnten Anbieter von Spezialfinanzierungen helfen, etwa mit Preferred Equity oder strukturierten Finanzierungen. Solche Anlagen stellen vertraglich gesicherte aktienähnliche Erträge in Aussicht, sind aber durch das Eigenkapital der Unternehmen im Schnitt zu 50% abgesichert. Oft können diese Anlagen auch für Co-Investments interessant sein.

Die Schwachen müssen aufgeben

Investieren ist nicht so brutal wie die antike Geschichte – und es ist auch nicht immer klug, nur auf die Starken zu setzen. Bei niedrigen und stabilen Zinsen und geringen Konjunkturschwankungen liegen an der Börse oft Firmen vorn, die es ein bisschen zu eilig haben und etwas zu hohe Risiken eingehen.

Aber das ist jetzt nicht der Fall. Wir meinen, dass man jetzt sehr wählerisch sein und auf Qualitätsunternehmen mit stabilen Margen setzen sollte. Interessant können aber auch einzelne schwächere Firmen sein, sobald sie Probleme bekommen – und damit rechnen wir.

Von Niall O’Sullivan, Chief Investment Officer – Multi-Asset Class, EMEA

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