Gerade erst hat die Fed die Zinsen doppelt so stark gesenkt wie üblich, und auch für den November erwarten die Märkte 50 Basispunkte. Wir selbst rechnen mit zwei weiteren Zinssenkungen um 25 Basispunkte bis zum Jahresende.
Dennoch hat das Interesse an variabel verzinslichen Anlagen deutlich zugenommen. Erstrangige Loans und Private Credit sind ebenso gefragt wie die diversen Tranchen von Collateralized Loan Obligations (CLOs).
Die Zinsen fallen, aber Anleger wollen variabel verzinsliche Instrumente. Wenn Sie das seltsam finden, lesen Sie weiter.
Weitere Spreads
Eine Erklärung ist, dass trotz des Zinsrückgangs nur sehr wenige mit Nullzinsen und flachen Zinsstrukturkurven wie zwischen internationaler Finanzkrise und Corona rechnen. Tatsächlich glauben wir, dass der Anleihenmarkt das amerikanische Wirtschaftswachstum zu pessimistisch einschätzt und die Fed die Zinsen nicht so stark und schnell senkt, wie viele Anleger vermuten.
Doch selbst wenn Sie es genauso sähen wie der Markt und von einem langfristigen neutralen Zins von etwa 2,75% bis 3,25% ausgingen, wären die Renditen variabel verzinslicher Titel noch immer attraktiv. Außerdem sind die Spreads weiter als bei vergleichbaren Festzinstiteln – ein Ausgleich für die geringere Liquidität, die höhere Komplexität und die Tatsache, dass variabel verzinsliche Instrumente oft einfach weniger bekannt sind. Dieser Zinsaufschlag wirkt als Puffer, wenn der risikolose Zins fällt.
Der Markt für erstrangige Loans, CLOs und andere variabel verzinsliche Instrumente ist heute ähnlich groß wie der High-Yield-Markt. Vor der internationalen Finanzkrise war er aber recht klein. Es gibt daher keine lange Performancehistorie für „normale“ Zeiten. Dennoch scheinen viele Anleger zu erkennen, dass die Assetklasse ganz anders ist und durchaus attraktiv sein kann, wenn die hohen Zinsen auf Normalmaß zurückgehen.
Zusätzlicher Schutz
Außerdem spricht manches dafür, dass die Zinsen wegen nachlassender Konjunkturerwartungen fallen. Credit-Investoren suchen daher Schutz und Sicherheit.
Variabel verzinsliche Instrumente haben meist einen höheren Rang in der Kapitalstruktur als andere Fremdkapitaltitel. Absicherungen mit Aktiva oder Cashflows sind wahrscheinlicher, ebenso wie anlegerfreundliche Schutzklauseln und Vertragsbedingungen.
Wie unsere Gespräche mit Kunden zeigten, ist das ein wichtiger Grund für das große Interesse an CLOs. Das mag alle überraschen, die Collateralized Debt Obligations noch immer mit der internationalen Finanzkrise verbinden.
Risikobewusste Anleger wissen, dass CLOs einen höheren Rang haben als die Loans selbst und dass ihre Struktur für zusätzlichen Schutz sorgt. CLOs bündeln verschiedene Loans und deren Coupons der unterschiedlichen Tranchen. Dabei gilt das Wasserfall-Prinzip: Die höherrangigen Tranchen erhalten niedrigere, die niederrangigeren höhere Coupons. Was nach Bedienung aller Tranchen noch verbleibt, geht an die Eigenkapitalgeber der CLOs. Man verliert also nur bei sehr hohen Kreditausfällen – die so hoch sein müssen, dass die Inhaber der Tranchen unter der eigenen gar nichts mehr bekommen. CLOs nutzen gewissermaßen das Prinzip der Diversifikation und verstärken es weiter.
In einem typischen CLO wird selbst die risikoreichste Fremdkapitaltranche, die BB-Tranche, dadurch geschützt, dass die Eigenkapitaltranche – 8% des verlusttragenden Kapitals – einen noch niedrigeren Rang hat. Unterhalb der BBB-Tranche befinden sich neben den 8% Eigenkapital außerdem die 12% Kapital der BB-Tranche. Deshalb beträgt die kumulierte Ausfallquote einer BB-Tranche über den gesamten Produktlebenszyklus laut Standard & Poor’s gerade einmal gut 1%, also nur 4 Basispunkte p.a. Dennoch liegen die Zinsen der Mezzanintranchen von CLOs laut JPMorgan um 200 bis 300 Basispunkte über denen von Anleihen mit gleichem Rating.
Selbstverstärkung
Kreditausfälle und Kapitalverluste von CLOs waren schon immer niedrig. Sofern man an seiner Anlage festhielt, galt das selbst während der internationalen Finanzkrise mit ihren extremen Kursschwankungen. Ähnlich war es während der Energiekrise 2015/2016 und zu Beginn der Pandemie.
Da die Märkte wachsen und variabel verzinsliche Instrumente immer mehr zum Mainstream werden, rechnen wir bei CLOs mit nachlassender Volatilität. Wir glauben, dass mehr Buy-and-Maintain-Anleger sowie erfahrene Investoren an den Markt kommen, die in Schwächephasen kaufen. Das dämpft die Volatilität, was wiederum größere Anlagen zur Folge hat. Die positiven Effekte verstärken sich selbst.
Wenn die Assetklasse zum Mainstream wird, hat das aber auch seinen Preis. Bei nachlassender Volatilität, höherer Liquidität und weniger Komplexität durch einen größeren Bekanntheitsgrad werden sich die Bewertungen wohl denen anderer, bekannterer Anleihenarten annähern.
Aber das ist Zukunftsmusik. Einstweilen bleiben CLOs und andere variabel verzinsliche Instrumente sehr attraktiv, selbst wenn die Zinsen wie erwartet fallen. Deshalb wollen so viele Anleger sie in ihren Portfolios, obwohl die Fed wenig Zweifel an Zinssenkungen lässt.
Von Ashok Bhatia, CFA, Co-Chief Investment Officer – Fixed Income, Brad Tank, Co-Chief Investment Officer und Global Head of Fixed Income und Joseph P. Lynch, Senior Portfolio Manager und Global Head of Non-Investment Grade Credit bei Neuberger Berman