CIO Weekly | Staatsanleihen unter Druck

Warum US-Staatsanleihen eingebrochen sind, was den Markt wieder beruhigt hat und was beides für die nächsten Monate bedeutet. Neuberger Berman | 23.04.2025 10:50 Uhr
Shannon Saccocia, Chief Investment Officer – NB Private Wealth, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman
Shannon Saccocia, Chief Investment Officer – NB Private Wealth, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman

Am 2. April stellte Donald Trump seine „reziproken“ Zölle vor. Zwei Tage lang reagierten US-Staatsanleihen wie aus dem Lehrbuch: Wegen schwächerer Konjunkturaussichten fiel die Zehnjahresrendite unter 4%.

Aber dann liefen die Dinge aus dem Ruder. Am Montag, dem 7. April, schnellte die Rendite um über 15 Basispunkte nach oben und stieg immer weiter. Am Freitag waren es schon 4,6%, der größte Wochenanstieg seit fast 25 Jahren.

Der Ausverkauf irritierte Anleger sehr, und das gleich aus mehreren Gründen: Erstens gelten US-Staatsanleihen als sicherer Hafen, als eine stabile Anlage bei fallenden Aktienkursen. Zweitens erlebten wir massive Turbulenzen an einem Markt, der alle anderen und noch dazu die Weltwirtschaft bestimmt. Und drittens dämpften Langfristrenditen von mehr als 5% Konsum, Geschäftsklima und Unternehmensinvestitionen. Das könnte die mittelfristig positiven Effekte der verlängerten Steuersenkungen und Deregulierungsmaßnahmen zunichtemachten, auf die sich Optimisten gerne berufen.

Letzte Woche ließ die Panik dann nach. Könnte sie zurückkehren? Und falls ja, was kann man tun?

Beruhigung

Entscheidend für den Ausverkauf war der sogenannte Basis Trade.

Dabei kombinieren Händler Short-Positionen in Staatsanleihen- bzw. Zinsderivaten mit Long-Positionen in laufzeitgleichen Anleihen selbst. Sie hoffen darauf, dass andere Marktteilnehmer für eine Angleichung der Zinsen sorgen. Dann würden die Händler einige wenige Basispunkte verdienen, die allerdings durch den enormen Leverage der Derivatepositionen vervielfacht werden. Bei einem ungewöhnlich starken Ausverkauf am Staatsanleihenmarkt reichen die Sicherheitsleistungen für die Terminkontrakte, die sogenannten Margins, aber mitunter nicht mehr aus. Die Positionen müssen abgewickelt werden, sodass auch Staatsanleihen verkauft werden. Es kommt zu einem Schneeballeffekt.

Doch wie wahrscheinlich ist eine Wiederholung? Viel hängt davon ab, warum sich der Staatsanleihenmarkt letzte Woche wieder beruhigt hat.

Ein plausibler Grund für das Ende der Turbulenzen ist der Abbau der Basis Trades.

Ein weiterer Grund könnte sein, dass der US-Dollar weiter nachgegeben hat. Langfristig ist das allerdings beunruhigend, zumal man einen gleichzeitigen Ausverkauf von Währung und Anleihen vor allem aus risikoreicheren Ländern kennt – und nicht aus sicheren Häfen wie den USA. Lässt die Weltnachfrage nach dollardenominierten Titeln also doch strukturell nach? Noch finden internationale, eher kurzfristige Investoren die Kombination aus höheren Renditen, Renditevorsprung und einem günstigeren US-Dollar aber interessant.

Vielleicht hat auch der Beginn der Berichtssaison geholfen, lenkt er doch die Aufmerksamkeit der Anleger acht Wochen lang eher auf Mikro- als auf Makrothemen. Wir schrieben bereits, dass die harten Konjunkturdaten zuletzt meist besser waren als die Umfragen – und die Mikrodaten besser als die Makrodaten.

Am meisten hat US-Anleihen aber wohl genützt, dass Trump seine Zölle erst einmal ausgesetzt hat, zumal das wie eine Reaktion auf die Marktturbulenzen erschien. Außer für China gelten während der geplanten 90-tägigen Verhandlungszeit jetzt überall 10% Zoll. Und selbst die Zölle gegen China wurden durch vorübergehende Ausnahmen für Smartphones, Computer und andere Elektronikprodukte deutlich gesenkt.

Nachrichtenlage

Das gibt uns erste Hinweise darauf, wie lange es ruhig bleiben und was die Ruhe wieder stören könnte.

Basis Trades können zwar abgebaut werden, aber ganz verschwinden werden sie wohl nie. Sie haben auch eine wichtige Funktion: Sie sorgen dafür, dass sich die Zinsen von Staatsanleihenderivaten nicht zu stark von den Staatsanleihenrenditen selbst entfernen – zum Nutzen von Anlegern, Unternehmen, Versicherungen und Pensionsfonds, die Staatsanleihen kaufen. Bei einem weiteren raschen Renditeanstieg droht also erneut eine ungeordnete Abwicklung.

Außerdem wertet der US-Dollar weiter ab. Kurzfristige Investoren außerhalb der USA könnten daher irgendwann zu dem Schluss kommen, dass sich die höheren Dollarrenditen wegen der Währungsrisiken nicht mehr lohnen.

Und selbst die erfreulichste Berichtssaison geht nur bis Ende Mai. Dann dürfte die unsichere Konjunktur wieder zum Thema werden. Sind die Geschäftszahlen schwach, mit eher zurückhaltenden Gewinnausblicken, könnte die Konjunktur die Anleger auch schon früher wieder beschäftigen. Bei einem schwächeren Konjunkturausblick könnten die Staatsanleihenrenditen fallen – aber bei Zweifeln, ob die USA wirklich noch ein sicherer Hafen sind, droht neue Volatilität.

Zum Thema Zölle hat man seit dem 9. April allerdings fast nur Gutes gehört. Doch auch das könnte sich schnell wieder ändern. Vielleicht scheitern die Verhandlungen, vielleicht werden Smartphones wieder belastet, und vielleicht kommen sogar ganz neue Zölle etwa auf Halbleiter und Medikamente. Auch wenn die Zollpause erst in 90 Tagen, also Anfang Juli, endet, könnten die Handelsgespräche schon viel eher Schlagzeilen machen, etwa Ende Mai und Anfang Juni, wenn die Berichtssaison langsam zu Ende geht.

Zu allem Überfluss steht Anfang Juni auch noch die nächste Zinsentscheidung der Fed an, und im August dürfte die US-Schuldengrenze erreicht werden. Im Juni könnten internationale Investoren daher wieder mit höheren US-Risiken rechnen. Jetzt, wo der Kongress seinen Haushaltsentwurf verabschiedet hat, werden wir wahrscheinlich genau dann mit dessen Einzelheiten – und höheren Staatsausgaben – konfrontiert.

Widersprüchliche Ziele

Aber was kann man tun, wenn die Anleihenmärkte erneut einbrechen?

Wenn Zölle der Auslöser sind, ist ein erneuter Rückzieher des Weißen Hauses unwahrscheinlich.

Letzte Woche brachte Finanzminister Scott Bessent höhere Rückkäufe älterer US-Staatsanleihen ins Spiel. Solche Rückkäufe, letztes Jahr eingeführt von Bidens Finanzministerin Janet Yellen, dienen eigentlich dem Liquiditätsmanagement und nicht der Lösung von Liquiditätskrisen. In einer Notsituation könnten sie wirkungslos bleiben.

Vermutlich könnte die Fed eine zweite Marktpanik ganz alleine stoppen. Massive Senkungen der Kurzfristzinsen reichen aber wohl nicht, um einen starken Anstieg der Langfristrenditen zu verhindern, zumal die Inflationsbekämpfung dann großen Schaden nähme. Wahrscheinlicher sind Anleihenkäufe wie in der internationalen Finanzkrise und der Coronazeit. Interventionen zur Überwindung eines Schocks, den ausgerechnet die Regierung ausgelöst hat, könnten aber dem Anlegervertrauen noch stärker schaden.

Die Unsicherheit ist nicht weg, denn Trumps Ziele scheinen weiter widersprüchlich. Renditen von langfristig über 5% machen die Erfüllung der Wahlversprechen – „Make housing affordable again“ – nicht gerade einfacher. Sie wären auch kein Anreiz, Fabriken in den USA zu bauen oder neue Autos zu kaufen, egal, ob aus amerikanischer oder deutscher Produktion. Am leichtesten lassen sich die Renditen unter 5% halten, wenn die laufenden Handelsgespräche erfolgreich sind. Dann müssten aber genau jene Zölle deutlich gesenkt werden, die aus Trumps Sicht der US-Industrie helfen sollen.

Neue Unsicherheit ist also nicht auszuschließen.

Von Shannon Saccocia, Chief Investment Officer – NB Private Wealth, Neuberger Berman

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