Der US-Arbeitsmarkt – mehr Schein als Sein?

Die jüngsten Nonfarm-Payrolls sorgten für Verunsicherung: Unerwartet starke Revisionen der US-Arbeitsmarktdaten ließen Zinssenkungserwartungen steigen und den Dollar schwächeln. Welche Folgen dies für Anleihen, Aktien und die Fed-Politik bedeutet, analysiert Florian König, Fondsmanager bei Kathrein Capital Management. Kathrein Privatbank | 26.08.2025 08:02 Uhr
Florian König, Portfoliomanager, Kathrein Capital Management / © e-fundresearch.com / Kathrein Privatbank
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Die gute Verfassung des US-Arbeitsmarktes war einer der Hauptgründe für die Euphorie an den Finanzmärkten, zuletzt trübte sich das Bild aber etwas ein. Ein Hauptgrund hierfür war die letzte Veröffentlichung der Nonfarm Payrolls (eine Umfrage auf Unternehmensebene zu neu geschaffenen Stellen außerhalb des Agrarsektors in den USA) Anfang August und insbesondere die Revision der Daten für die beiden Monate davor, die deutlich macht, dass weniger Jobs geschaffen wurden als angenommen.

Die Revision der Revision

Eine Herausforderung, die insbesondere mit den Nonfarm Payrolls einhergeht, ist der Zielkonflikt zwischen der Genauigkeit der Umfragewerte und dem Publikationszeitpunkt. Bei den neu geschaffenen Stellen handelt es sich um eine der am schnellsten publizierten Statistiken in den USA für einen abgelaufenen Monat. Da es sich um eine Umfrage handelt, die ursprünglich an rund 120.000 Unternehmen übermittelt wird, kommen auch statistische Mittel zu Anwendung, um auf den Gesamt-Arbeitsmarkt zu schließen. In der Regel wird das vorläufige Resultat am ersten Freitag im Monat zum ersten Mal publiziert. Somit sind die Rückmeldungsraten zu der Umfrage bei der erstmaligen Veröffentlichung oftmals überschaubar. Erst im Laufe der Zeit und in weiterer Folge im Zuge der beiden nachgelagerten Revisionen spiegelt der Datenpunkt ein detailliertes Bild wider. Nun ist es so gekommen, dass im Zuge der Veröffentlichungen für den Monat Juli sowohl der Datenpunkt für Juni als auch der für Mai in Summe überdurchschnittlich stark nach unten revidiert wurden. Der Datenpunkt weicht somit äußerst stark von sonstigen Revisionen ab, was statistisch betrachtet äußerst selten der Fall ist. Einen finalen Wert wird man erst aus den jährlichen „Benchmark Revisionen“ erhalten, wo auf Basis offizieller Versicherungsdaten, die nahezu den ganzen US-Arbeitsmarkt abdecken, ein Abriss des Arbeitsmarktes geliefert wird.

Grafik: Histogramm der kombinierten Revisionen der US-Arbeitsmarktdaten

Heute Top, morgen Flop!

Neben den Datenpunkten in Zeiten der Corona-Pandemie handelte es sich hierbei um eine der ausgeprägtesten Revisionen seit Beginn der Aufzeichnungen im Januar 1979. Das Resultat: Der US-Dollar wertete ab und die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung durch die US-amerikanische Notenbank (Federal Reserve) nahm deutlich zu. Während die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung für September, abgeleitet von Zinsderivaten, Ende Juli noch bei knapp 50% lag, notierte sie im Nachgang zur Veröffentlichung bei rund 90%. Die Uneinigkeit, die zuletzt aus dem Fed-Protokoll von vor dem ernüchternden Arbeitsmarktbericht zu entnehmen war, sorgte jedoch erneut für einen Rückgang der Wahrscheinlichkeit auf 70% nachdem die Mehrheit nach wie vor Inflationsrisiken mehr Bedeutung einräumt als Risiken im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt. Am Freitag erhielten die Hoffnungen auf Zinssenkungen erneuten Rückenwind, nachdem Jerome Powell in seiner mit Argusaugen beobachteten Rede im Rahmen des Jackson-Hole-Symposiums die Abwärtsrisiken für den US-Arbeitsmarkt betont hatte. Es scheint, als würden nun auch innerhalb der US-Notenbank Federal Reserve die „dovishen“ Stimmen überwiegen, also jene, die die Zinsen senken wollen.

Grafik: Kombinierte Revisionen der jeweils beiden vorherergangenen Nonfarm Payrolls Publikationen

Außergewöhnliche Ereignisse in außergewöhnlichen Zeiten

Eine weitere Herausforderung für Statistikämter, wie das US-amerikanische Arbeitsmarktstatistikamt (U.S. BLS), sind die allgemeinen Rückmeldungsraten, die tendenziell abnehmen. Somit wird es zunehmend schwieriger, einen Abriss der realwirtschaftlichen Entwicklung zeitnah abzubilden. Hier spielt auch das Problem abnehmender finanzieller Mittel negativ mit hinein und mangelnder politischer Wille gegenzusteuern. Egal, wie man es dreht und wendet: Die Revisionen der Arbeitsmarktdaten, die der Arbeitsstatistik-Chefin letztlich den Job kosteten, waren ein außergewöhnliches Ereignis. Eines sei dennoch festzuhalten: Der Ärger von US-Präsident Donald Trump sollte nicht in einer überhasteten Entlassung der Statistik-Chefin resultieren. Eine unabhängige Prüfung wäre dem Anspruch einer westlichen Demokratie gerecht geworden. Die Geschehnisse sollten vielmehr ein Weckruf sein, dass Unabhängigkeit, qualitativ hochwertige Daten und in weiterer Folge fundierte Investitionsentscheidungen schützenswerte Prinzipien sind. Denn es sind hochwertige Statistiken, von denen auch Entscheidungsträger abseits der Investmentbranche – seien es Einkaufsmanager, CEOs, Politiker oder Fed-Gouverneure – bedeutende Maßnahmen ableiten und die westlichen Demokratien auszeichnen. Die Vereinigten Staaten sollten sich daher bemühen, diesen Vorsprung zu wahren und nicht in Muster zu verfallen, die in der Regel eher in Schwellen- als in Industrieländern zu beobachten sind. Das Bonmot „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“ beschreibt keine Tugend, sondern ein Laster.

Markteinschätzung

Unser vorsichtiger Optimismus besteht nach wie vor.

  • Das Zinsänderungsrisiko im US-Dollar-Bereich ist derzeit erhöht. Auch nach Abzug der Absicherungskosten könnten USD-Anleihen Ertragschancen im Vergleich zu EUR-Anleihen bieten. In unserem Bondportfolio sichern wir rund 85 % des US-Dollar-Risikos ab. Eine Zinssenkung seitens der US-Federal-Reserve halten wir für das laufende Kalenderjahr für sehr wahrscheinlich.
  • Die abgelaufene Berichtssaison bestätigte unsere bullishe Positionierung auf der Aktienseite, dass im heurigen Jahr mit einem Gewinnwachstum zu rechnen ist, wobei Unternehmen stellenweise deutlich abgestraft wurden, sobald sie bei Umsatz- und Gewinnwachstum enttäuschten bzw. der Ausblick pessimistisch ausfiel. Im Aktienportfolio sind wir bezüglich des US-Dollars neutral positioniert, das heißt, wir sichern rund die Hälfte des US-Dollar-Risikos ab.
  • Zwischenzeitliche Rücksetzer sind aufgrund der Handelsfriktionen, wenngleich auch mit abnehmender Tendenz, und der stellenweise überzogenen Bewertungsniveaus im Tech-Bereich nicht auszuschließen. In unserer Kathrein Investment Strategy räumen wir defensiven Aktienkomponenten einen höheren Stellenwert ein als in anderen, bullishen Marktphasen. Die Tech-Giganten, subsumiert unter dem Akronym Magnificent-7, sind in Summe zudem geringer gewichtet als in repräsentativen Marktindizes.

Von Florian König, Fondsmanager, Kathrein Capital Management

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