Die Bundesregierung hat ein Konzept zum Aufbau eines kapitalmarktgedeckten Anteils am gesetzlichen Rentensystem vorgelegt. Um den Aufbau zu beschleunigen, sollen in einem ersten Schritt öffentliche Mittel in Höhe von 10 Mrd. Euro bereitgestellt werden. Das ist ökonomisch kein großer Schritt. Der Aufbau einer kleineren Säule der Kapitaldeckung kann aber wichtige Erkenntnisse liefern für eine etwaige spätere große Reform des Rentensystems. Denn Anpassung am derzeitigen System sind unausweichlich. 2020 lag der staatliche Zuschuss in das gesetzliche umlagebasierte Rentensystem bereits bei rund 100 Mrd. Euro. Und bei den aktuellen Rentenregelungen und der demografischen Entwicklung wird bis 2040 etwa die Hälfe des Bundeshaushalts an Zuschuss vom Rentensystem aufgezehrt.
Ein vollständiger Umstieg auf ein kapitalgedecktes Rentensystem würde den Generationenvertrag des Umlageverfahrens ersetzen. Beitragszahler würden ihre eigene Rente ansparen, anstatt die jeweils ältere Generation zu finanzieren. Vor- und Nachteile eines solchen Systems liegen zumindest theoretisch auf der Hand. Die Rendite und damit die Rentenleistungen fallen in kapitalgedeckten Systemen in historischen Vergleichen durchschnittlich meist höher aus. Gleichzeitig zeigt die Historie auch die Risiken eines solchen Systems. Denn in Phasen von anhaltend niedrigen Realzinsen – also niedrigen Kapitalmarktzinsen und/oder hoher Inflation – kann der Kapitalaufbau stark unter Druck kommen. Das gilt vor allem für Anlagen im festverzinslichen Bereich. Gerade mit Blick auf die Erfahrungen der Riester-Rente sollte auf eine explizite Garantie des Kapitalerhalts deshalb verzichtet werden. Vielmehr sollten die Mittel langfristig renditeorientiert und damit vor allem am Aktienmarkt angelegt werden. Die Kapitalrisiken können so gut gesteuert werden. Das zeigen vergleichbare Modelle in Schweden und Norwegen.
Eine zentrale Frage ist, ob die Mittel primär im In- oder Ausland investiert werden. Für eine globale Ausrichtung sprechen die mittelfristig besseren Renditeaussichten und die bessere Risikostreuung. Auch können so die hohen Leistungsbilanzüberschüsse und Ersparnisse in Deutschland strategisch angelegt werden. Soll die Anlage stärker im Inland erfolgen, so sollte die Regulierung die Finanzierungsströme auch in Bereiche lenken, in denen ein hoher Kapitalbedarf für Zukunftsinvestitionen besteht oder Risikokapital strukturell knapp ist. Angesichts der geringen Größe des heimischen Kapitalmarktes gewinnt das Risikomanagement und damit ein aktives Management dann aber größere Bedeutung. Deshalb und mit Blick auf die Effizienz des Systems sollte den Versicherungsnehmern eine Reihe vergleichbarer Fonds zur Auswahl angeboten werden. Eine unabhängige Auswahl ist entscheidend. Auch hier gilt es Fehler der Riester-Rente zu vermeiden.
Von Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz.