Die Kosten der Unberechenbarkeit
Aufgrund der unberechenbaren Politik der Regierung Trump hat die wirtschaftspolitische Unsicherheit in den USA stark zugenommen. Ehrgeizige Ziele, wie die Neugestaltung der globalen Wirtschaftsordnung, werden ohne klare Strategie verfolgt, was zu einer Flut von widersprüchlichen Ankündigungen, Rechtsstreitigkeiten und radikalen Kurswechseln geführt hat. Diese politische Volatilität ist messbar: Der «Economic Policy Uncertainty» Index erreichte im April ein Rekordhoch. Unsere Analysen zeigen, dass eine erhöhte politische Unsicherheit erhebliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Aktivität haben und das BIP-Wachstum innerhalb eines Jahres um fast 0,9% verringern kann. Zwar könnte die Unsicherheit durch die Umsetzung konkreter Maßnahmen etwas abnehmen, doch zum Großteil scheint sie struktureller Natur zu sein. Die Kombination aus hohen Zinskosten und einem anhaltend unterdurchschnittlichen Wachstum schafft angesichts der steigenden US-Staatsverschuldung ein gefährliches Umfeld. Was einst undenkbar war – eine Vertrauenskrise im Hinblick auf die Sicherheit von US-Staatsanleihen – ist nun ein Szenario, das Anleger nicht mehr ausschließen können.
Gold-Rally dürfte nicht nachlassen
Die wachsende politische Unsicherheit unter der Regierung Trump 2.0 hat das Vertrauen in die US-Institutionen beeinträchtigt. Der Goldpreis ist daher seit Jahresbeginn um rund 30% gestiegen, was die Frage aufwirft, ob diese Rally anhalten kann. Wir glauben schon. Präsident Trump hat mehrmals klar zum Ausdruck gebracht, dass er die globale wirtschaftliche und politische Ordnung von Grund auf ändern will, wobei die reziproken Zölle nur der Anfang sein dürften. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Zuflüsse in physisch gedeckte Gold-ETFs stark bleiben dürften, zumal die asiatischen Bestände rasch wachsen. Wichtiger ist jedoch, dass die institutionellen Käufe auf hohem Niveau verharren werden, weil die Unberechenbarkeit der US-Politik dafür sorgen dürfte, dass verstärkt eine Diversifizierung der Reserven weg vom US-Dollar angestrebt wird. Insbesondere die Zentralbanken der Schwellenländer werden vermutlich ihre Goldreserven erhöhen, um sich gegen mögliche politische Sanktionen zu schützen. Zu guter Letzt weisen wir darauf hin, wie wichtig eine Absicherung von Gold-Engagements für Anleger mit CHF als Basiswährung ist.
Unsicherheit bietet auch Opportunitäten
Unsicherheit ist der natürliche Feind der Aktienmärkte. Sie belastet die Kurse durch höhere Risikoprämien und ein breiteres Spektrum möglicher Gewinnentwicklungen. Somit reagieren Aktien wenig überraschend anfälliger auf steigende wirtschaftspolitische Unsicherheit als andere Anlageklassen. Allerdings birgt wachsende Unsicherheit auch Anlagechancen. In der Vergangenheit war eine erhöhte Unsicherheit mit einer größeren Wahrscheinlichkeit für positive künftige Aktienmarkterträge verbunden, sodass die Anleger einen Anstieg der Untersicherheit nicht fürchten, sondern vielmehr als Chance für einen Markteinstieg betrachten sollten. Dessen ungeachtet erweisen sich Timing-Strategien üblicherweise als verlustreich. Beispielsweise hätten Anleger, die in den letzten 100 Jahren die 10 besten Tage verpasst hätten, ihre Aktienerträge mehr als halbiert. Demnach erscheint eine Strategie besonders gewinnversprechend: Ruhe bewahren und engagiert bleiben, auch wenn die Unsicherheit zunimmt.
Der Umgang mit politischer Unsicherheit
Die US-Zollankündigungen in der ersten Jahreshälfte haben im Welthandel für starke Unsicherheit gesorgt und die bestehenden politischen Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, den Feindseligkeiten im Nahen Osten sowie den ambivalenten Sicherheitszusagen der USA gegenüber ihren Verbündeten verstärkt. Die erhöhte Volatilität der Märkte ist somit nicht verwunderlich. Inwieweit dieses unsichere politische Umfeld dazu führt, dass die Unternehmen ihre Investitionen reduzieren und die privaten Haushalte ihren Konsum zurückstellen, bleibt indes abzuwarten. Wir haben diese Fragen bei einer Gesprächsrunde näher erörtert, die wir in der Schweiz mit Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt durchgeführt haben, die für J. Safra Sarasin tätig sind. Tuna Dinar Ibrahimzadeh (Head Private Banking Southeast Europe), Adrian Zadeh (CEO Bank J. Safra Sarasin (Bahamas) and J. Safra Sarasin Asset Management (Panama)) und Raphael Benz (Head Investment Consulting Europe) diskutierten mit Karsten Junius (Chief Economist) und erläuterten ihre Erkenntnisse.
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