Die wirtschaftlichen Aussichten sind ungewiss, vielleicht sogar noch mehr als sonst, angesichts der verschiedenen geopolitischen Probleme weltweit und in Europa. Dennoch sehen wir, auch wenn die Aussichten für die einzelnen Länder recht unterschiedlich aussehen, eine Chance für eine Verbesserung der europäischen Wirtschaft in 2026. Der Inflationsdruck hat nachgelassen, die Zinsen sinken und die europäischen Regierungen werden wirtschaftsfreundlicher. Nach erheblichen Belastungen für die Unternehmenskosten und die Haushaltsbudgets unmittelbar nach dem Ukraine-Krieg (höhere Energiepreise, höhere Zinsen, Lohninflation usw.) sind die verfügbaren Einkommen der Haushalte und die Bilanzen der Unternehmen heute in einer relativ stärkeren Position. Die Konsumausgaben und die Unternehmensaktivitäten waren in den letzten zwei bis drei Jahren rückläufig. Wenn sich die Stimmung verbessert – unterstützt durch eine bessere Wirtschaftspolitik, mehr geopolitische Stabilität und staatliche Konjunkturmaßnahmen in Ländern wie Deutschland – könnte das BIP-Wachstum 2026 wieder anziehen.
Zudem sehen wir das Potenzial für eine weiterhin bessere Performance in Europa. Zwar haben sich europäische Aktien im Jahr 2025 bislang besser entwickelt (insbesondere in vergleichbaren Währungen), doch ging dem eine rund 15-jährige Underperformance voraus. Die Kluft zwischen den Aktienbewertungen – in den USA recht hoch, in Europa eher angemessen – bleibt ebenfalls groß. Es gibt in Europa ein aufgestautes Potenzial für eine wirtschaftliche Erholung – die Aussichten in den USA sind weniger klar, da das Risiko einer höheren Inflation aufgrund höherer Zölle, einer sehr angespannten Haushaltslage und einer etwas unberechenbaren Politik besteht (auch wenn die beiden Volkswirtschaften selten völlig unabhängig voneinander sind). Ein Umfeld mit etwas höherer Inflation und normalisierten Zinssätzen ist für die europäische Sektorenzusammensetzung relativ gesehen ebenfalls günstiger als das extrem niedrige (negative) Zinsumfeld zwischen 2008 und 2022.
Adidas mit Potenzial
Unser Modell für die Aktienauswahl legt den Schwerpunkt vor allem auf die Attraktivität eines Unternehmens (einschließlich seiner Kapitalrendite und Wachstumsaussichten sowie qualitativer Faktoren), die Bewertung und die Geschäftsdynamik (ob sich die Fundamentaldaten in den nächsten 12 bis 18 Monaten beschleunigen oder verlangsamen). Ein Beispiel, das gut in unser Modell passt und derzeit eine bedeutende Position im Portfolio einnimmt, ist Adidas. Das Geschäft von Adidas ist attraktiv, mit hohen und sich weiter verbessernden Kapitalrenditen von rund 20%, einem guten strukturellen Wachstum im attraktiven globalen Sportartikelmarkt und einem starken Managementteam. Die Bewertung ist nach dem Rückgang der Aktie in diesem Jahr auf ein KGV von etwa 16 für 2026, eine FCF-Rendite von 6-7% und eine starke Bilanz attraktiv geworden. Wir glauben, dass das organische Umsatzwachstum mit fast 10% robust bleiben kann und die operativen Margen das Potenzial haben, von etwa 6% im Jahr 2024 und etwa 8% im Jahr 2025 in den nächsten Jahren auf niedrige zweistellige Werte zu steigen – was auch die Kapitalrendite von Adidas weiter verbessern dürfte.
Übergewichtung im Immobilien- und Energiesektor
Innerhalb Europas sind wir derzeit in Deutschland übergewichtet und in Frankreich untergewichtet. Die Haushaltslage Deutschlands (Staatsverschuldung/BIP und Haushaltsdefizit) ist deutlich gesünder als die Frankreichs. Die deutsche Politik und Wirtschaftspolitik scheint sich unter der neuen Regierung zu verbessern, während die Lage in Frankreich schwieriger wird und für die nächsten ein bis zwei Jahre keine offensichtlichen einfachen Lösungen in Sicht sind.
Was die Sektoren betrifft, so sind wir in den Bereichen Immobilien und Energie übergewichtet, die in letzter Zeit wenig Beachtung fanden und mittelfristig attraktive Anlagemöglichkeiten bieten. Wir sind in den Bereichen Rohstoffe und zyklische Konsumgüter untergewichtet.
Von Sebastian Schrott, Regional Portfolio Manager Equity bei T. Rowe Price
Weitere beliebte Meldungen: