"Emerging Markets Assets waren im ersten Halbjahr noch schwächer. Aktien, Anleihen in Lokalwährung und Hartwährung haben zwischen drei und sechs Prozent verloren. Der einzige Lichtblick waren die „großen“ Fremdwährungen, die zum Euro im Schnitt zwei bis vier Prozent aufgewertet haben. Damit wurden die Erwartungen, die wir an das Jahr gestellt haben, noch nicht erfüllt. Wir waren zu Jahresbeginn von positiven Aktienmärkten und steigenden Anleiherenditen ausgegangen. Die Schwäche der Emerging Markets hatten wir nicht antizipiert. Lediglich den stärkeren US-Dollar hatten wir auf der Rechnung. Insofern war das erste Semester auch eine Bestätigung dafür, dass man sich nicht allzu sehr auf Prognosen verlassen sollte. Viel wichtiger ist, Veränderungen des Umfeldes wahrzunehmen und flexibel zu reagieren. Dies ist in der Taktischen Asset Allocation gut gelungen, denn der Beitrag zur Wertentwicklung unserer Fonds ist deutlich positiv und gut im Plan, die Ziele zu erreichen. Die Einschätzung für die unmittelbare Zukunft fällt uneinheitlich aus. Die Wirtschaftsdaten befinden sich auf gutem Niveau, die Veränderung der letzten Monate ist aber negativ. Sehr positiv schlagen in unserer Beurteilung die Daten aus dem Unternehmenssektor zu Buche. Gewinnwachstum und -revisionen sind unverändert robust. Die bedenklichen Signale kommen zum Teil aus dem Markt selbst. Insbesondere die Tatsache, dass der Aktienmarkt von immer weniger Aktientiteln getragen wird, ist ungesund. Auch der aktuelle Newsflow (Stichworte: Handel, EU) belastet. Das mittelfristig jedoch wesentlich wichtigere Thema ist die Normalisierung der Geldpolitik, wodurch dem Finanzmarkt Liquidität entzogen wird. Auf Basis dessen wird die neutrale Haltung in Bezug auf Aktien und Anleihen beibehalten. Rohstoffe werden weiterhin positiv gesehen.
Staatsanleihen: Erwartungskomponenten enttäuschen auf hohen Niveaus
Die Konjunkturindikatoren in der Eurozone sind weiterhin ernüchternd. Insbesondere die Erwartungskomponenten enttäuschen – wenngleich auf hohen Niveaus – immer stärker.
Die EZB wird voraussichtlich bis Herbst 2019 keine Zinsanhebungen durchführen. Ihr Anleihen-Kaufprogramm wird jedoch im Dezember 2018 enden. Die Divergenz zwischen europäischen Peripherie-Renditen und Kerneuropa-Renditen besteht nach wie vor. In den USA verflachte sich die Zinsstrukturkurve weiter. Das ist in Wahrheit dem starken Renditeanstieg am kurzen Ende geschuldet – die Fed befindet sich mitten im Zinsanhebungszyklus.
Unternehmensanleihen: Risikoprämien steigen weiter und belasten Segment
Die Risikoprämien an den Euro-Unternehmensanleihen-Märkten sind abermals angestiegen. Emittenten aus dem High-Yield Segment sind mittlerweile mit um rund 100 Basispunkte höheren Refinanzierungskosten konfrontiert als noch zu Jahresbeginn. Im Gegensatz dazu ist die Fieberkurve an den Aktienmärkten (implizite Volatilität) deutlich flacher und reflektiert die gepreisten Risiken an den Unternehmensanleihe-Märkten kaum. Die Unternehmensanleihe-Märkte diskontieren damit unter den Erwartungen liegende Konjunkturdaten, politische Risiken und zuletzt negative Gewinnrevisionen deutlich stärker als die Aktienmärkte.
Anleihen Emerging Markets: Renditen steigen
Die Zinspolitik der USA, stark positive reale US-Renditen und ein fester US-Dollar sorgen für eine deutliche Abwertung von Emerging-Markets-Währungen. Dementsprechend schwieriger wird es für diese Länder, ihrem Schuldendienst (insbesondere bei Hartwährungsanleihen) nachzukommen. Allerdings ist die Verschuldung in USD deutlich niedriger als noch vor einem Jahrzehnt. Dennoch ist die Folge, dass die Renditen von Emerging-Markets-Anleihen ansteigen. Erschwerend ist ein an Dynamik gewinnender Handelskonflikt zwischen den USA und dem Rest der Welt, der den globalen Freihandel einschränken dürfte und die exportorientierten Emerging Markets überproportional belastet.
Entwickelte Aktienmärkte: Volatilität steigt bei intaktem Konjunkturumfeld
Die entwickelten Aktienmärkte präsentierten sich in den letzten Wochen erneut schwächer. Vor allem Ängste vor einer weiteren Verschärfung im Handelskrieg mit den USA belasteten die Stimmung. Wir sehen aber vor allem in der anstehenden Liquiditätsrückführung der Notenbanken einen Faktor, der in den kommenden Monaten weiterhin für Volatilität sorgen wird. Der Unternehmensbereich (Ausblick für Unternehmensgewinne) erweist sich auch weiterhin noch als Unterstützungsfaktor.
Aktienmärkte Schwellenländer: Gewinnentwicklung vor allem in Asien weiterhin positiv
Anfang des Jahres war die vorherrschende Meinung, dass Emerging Markets wieder goldenen Zeiten entgegengehen. Sechs Monate später wird die Lage von vielen Investoren ganz anders betrachtet: Der starke US-Dollar und die steigenden Zinsen würden dafür sorgen, dass Emerging Markets in eine neue Krise schlittern werden. Beide Szenarien sind aus unserer Sicht Übertreibungen – aktuell herrscht jedoch das Negativ-Szenario vor. Sieht man sich die Gewinnentwicklung der einzelnen Emerging Markets-Regionen an, geht der Trend weiterhin den richtigen Weg. Insbesondere der asiatische Raum zeigt eine sehr ansprechende Entwicklung. Auf mittlere Sicht und gesamt gesehen bleiben Emerging Markets-Aktien relativ attraktiv bewertet.
Rohstoffe: angespannte Angebots- und Nachfragesituation unterstützt Entwicklung
Während im Energiebereich die Aufkündigung des Atomdeals mit dem Iran in Kombination mit weiteren Rückgängen bei den Lagerdaten zu steigenden Kursen führten, mussten Industriemetalle und Edelmetalle Kursrückgänge verbuchen. Ängste vor einer stärkeren Konjunkturabschwächung (vor allem in den Emerging Markets) und ein deutlich stärkerer US-Dollar erwiesen sich als Belastungsfaktoren. Aufgrund einer angespannteren Angebots-/Nachfragesituation und einer attraktiveren Kurvenstruktur (backwardation) erwarten wir für die Assetklasse in den nächsten Monaten eine positive Kursentwicklung."
Ingrid Szeiler, Chief Investment Officer, Raiffeisen KAG