Seltene Erden sind eine heterogene Gruppe von 17 chemischen Elementen, die häufig gemeinsam in Mineralien vorkommen und zusammen abgebaut werden. Sie weisen unterschiedliche Eigenschaften auf und haben ein breites Anwendungsspektrum. Je nach Atomgewicht werden sie in sogenannte leichte und schwere seltene Erden unterteilt. Diese Elemente sind für viele moderne Technologien wie zum Beispiel erneuerbare Energien unverzichtbar.
Zu den wichtigsten seltenen Erden im Zusammenhang mit der Energiewende gehören:
Neodym,
Dysprosium,
Praseodym
und Terbium.
Diese werden insbesondere für leistungsstarke Permanentmagneten benötigt, die in Windturbinen oder Elektrofahrzeugen eingesetzt werden. Seltene Erdelemente finden auch Anwendung in Smartphones, Nachtsichtgeräten, Lasern, Glas, Brennstoffzellen, Solarpaneelen, Katalysatoren, medizinischen Kontrastmitteln u. v. m.
Aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften werden seltene Erden als „Gewürzmetalle“ bezeichnet, da bereits geringe Mengen ausreichen, um die gewünschten Eigenschaften in Endprodukten zu erzielen. Dadurch sind seltene Erdmetalle nur sehr schwer substituierbar. Trotz ihres Namens sind seltene Erden in der Erdkruste häufig vorhanden, jedoch selten in abbauwürdigen Konzentrationen. Ein weiterer Faktor, der den Namenszusatz „selten“ rechtfertigt, ist die technologisch herausfordernde Aufbereitung der Erze, um reine seltene Erden zu gewinnen.
Schattenseiten der Förderung
Während der Abbau im Tagebau stattfindet und keine auf das jeweilige seltene Erdelement abgestimmte Besonderheit erfordert, ist die Auf- und Weiterbearbeitung der Erze sehr anspruchsvoll. Von den aktuell rund 200 bekannten Mineralien mit einem signifikanten Anteil an seltenen Erden werden aufgrund der technologischen Komplexität nur wenige raffiniert. Insgesamt ist die Gewinnung von seltenen Erdelementen äußerst wasser- und energieintensiv. Bei der Förderung und Aufbereitung von Neodym entstehen in etwa 15 Mal mehr Treibhausgase als bei raffiniertem Kupfer. Außerdem ist die Gefahr der Kontamination von Grundwasser und Böden sehr hoch. Neben Umweltbelastungen bringt der Abbau von seltenen Erden auch Risiken im sozialen Bereich mit sich. Korruption und illegaler Bergbau sowie Missachtung von Menschenrechten (zum Beispiel Zwangsarbeit, fehlende oder unzureichende gesundheitliche Schutzmaßnahmen für Arbeiter:innen oder Missachtung der Rechte lokaler Gemeinden) treten immer wieder im Zusammenhang mit der Gewinnung von seltenen Erden auf.
Dominanz Chinas
China dominiert die Wertschöpfungskette mit einem Marktanteil von knapp 70% in der Förderung und rund 90% in der Weiterverarbeitung. Australien und Myanmar produzieren ebenfalls seltene Erdelemente, und in den USA wurde vor einigen Jahren die Mine Mountain Pass (Kalifornien) wieder in Betrieb genommen. Diese war nach schweren Umweltkontroversen um die Jahrtausendwende stillgelegt worden. Allerdings können die zuletzt genannten Quellen die Nachfrage nach den vielerorts als kritisch eingestuften Rohstoffen aktuell nur in geringem Maße befriedigen, was die Abhängigkeit von China verdeutlicht. Dies zeigt sich besonders in geopolitischen Spannungen. So hat vor einigen Monaten die Einführung von global gültigen Exportbeschränkungen in China für ausgewählte kritische seltene Erden zu Disruptionen in der Versorgung und kurzfristig zu einer Zuspitzung des Handelskrieges zwischen den USA und China geführt. Der Stellenwert dieser begehrten Rohstoffe und die Abhängigkeit von einer geografischen Region (und der damit verbundenen politischen Macht) trat abermals deutlich in das öffentliche Bewusstsein.
Alternativen
Alternative geografische Quellen, die in den letzten Jahren für Schlagzeilen gesorgt haben, waren zum Beispiel Schweden (Lagerstätte Per Geijer im Norden des Landes) oder die Ukraine (Rohstoffabkommen zwischen der Ukraine und den USA). Sollten weitere geologische Untersuchungen das wirtschaftliche Potenzial dieser Vorkommen bestätigen, wird dies die Dominanz Chinas in den nächsten Jahren jedoch kaum schmälern können, da der Bau und die Inbetriebnahme einer Mine mit jahrelangen Vorlaufzeiten verbunden sind.
Eine weitere Hürde stellt die technologisch anspruchsvolle Aufbereitung von seltenen Erden dar, bei der China einen erheblichen Vorsprung hat. Wie sieht es mit seltenen Erden aus Sekundärquellen aus? Derzeit sind die Recyclingquoten von seltenen Erden sehr niedrig. In den Endprodukten sind nur geringe Mengen dieser Metalle verbaut, die Wiedergewinnung ist mit hohem technologischen und monetären Aufwand verbunden. Technologischer Fortschritt sowie steigende Rücklaufquoten von relevanten Produkten am Ende ihres Lebenszyklus (zum Beispiel aus Elektroautos) werden die Wiedergewinnung von seltenen Erden als Sekundärrohstoffen zukünftig ökonomisch relevanter machen.
Seltene Erden sind für uns unverzichtbar, nicht allein aufgrund ihres Stellenwertes für erneuerbare Energien und moderne Technologien. Doch ihre Gewinnung und Verarbeitung sind mit erheblichen ökologischen und sozialen Herausforderungen verbunden. Die Abhängigkeit von China und die niedrigen Recyclingquoten verdeutlichen die Notwendigkeit, nachhaltige und diversifizierte Lösungen zu entwickeln, die Gewinnung als Sekundärrohstoff auszubauen und die Suche nach alternativen Lösungen fortzuführen.
Von Mag.a Magdalena Quell, Produkt- und Projektmanagerin bei Raiffeisen Capital Management
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