Allerdings ist das Sentiment der Anleger im umgekehrten Sinne zu lesen. Was bedeutet, dass eine schlechte Stimmung unter den Marktteilnehmern oft ein Vorzeichen für eine positive Marktentwicklung ist. Diverse Indikatoren deuten darauf hin, dass viele Anlegerinnen und Anleger noch immer vorsichtig sind. Eine Marktanalyse, die an diesem Punkt endete, käme daher zu dem Ergebnis, dass Aktien übergewichtet sein sollten. Jetzt kommen aber die Fundamentaldaten ins Spiel, also Wirtschaftswachstum und Unternehmensgewinne. Gerade bei Letzteren stehen noch Einbrüche ins Haus. Dies wird der Markt nicht ohne Korrekturen verkraften, weshalb wir hier mit gewisser Vorsicht agieren. Dieser scheinbare Gleichlauf um die Schwelle „3000“ ist aber auch eine Bestätigung der schlechteren Entwicklung europäischer Aktien. Denn vor genau 10 Jahren lag der EuroStoxx50 bereits bei 2600, der S&P500 bei 1100. Man muss kein Finanzmathematiker sein, um zu sehen, dass der Performanceunterschied massiv ist. Natürlich kann man alles gut begründen. Die großen und erfolgreichen Technologie- und Internetunternehmen gibt es in den USA. Und US-Banken performen seit Jahren stabil, während man das von den heimischen Finanzwerten zumindest im Aggregat nicht behaupten kann. In der nächsten Konjunkturerholung werden europäische Werte allerdings eine neue Chance bekommen. Immerhin sollten die hiesigen Exporteure von einem Anspringen des Welthandels profitieren. Spätestens dann sollten auch die attraktiven Aktienbewertungen ins Auge springen.
Staatsanleihen: Risikoprämien könnten weiter sinken
Innerhalb des europäischen Staatsanleiheuniversums bevorzugen wir europäische Peripherieanleihen gegenüber europäischen Kernländern (vor allem gegenüber Deutschland und Frankreich). In Summe gehen wir davon aus, dass die Risikoprämien am Staatsanleihenmarkt – entgegen der fundamentalen Verfassung der meisten Staaten – vorerst weiter sinken werden.
Unternehmensanleihen: High-Yield-Segment wieder attraktiver
Wir sehen EUR-Investmentgrade-Unternehmensanleihen weiterhin positiv. Bei USD-High-Yield-Anleihen haben sich die Refinanzierungsmöglichkeiten dieser Unternehmen etwas verbessert. Das Segment profitiert auch von einem steigenden Ölpreis. Die Spreads am EUR-High-Yiel-Markt sind ebenfalls gesunken. Hier beobachten wir die erwähnten unterstützenden Faktoren (noch) nicht in der Ausprägung.
Emerging-Markets-Anleihen: Hartwährungsanleihen eine der attraktiveren Anleiheklassen
Unsere Sichtweise in Bezug auf Schwellenländer-Hartwährungsanleihen hat sich zuletzt nicht geändert. Diese Anleiheklasse bleibt für uns aktuell eine der attraktiveren, zumal wir einen Großteil der durch die Covid-19-Pandemie ausgelösten fundamentalen Probleme bereits eingepreist sehen.
Entwickelte Aktienmärkte präsentierten sich beeindruckend stark
Die internationalen Aktienmärkte präsentierten sich in den letzten Wochen weiter beeindruckend stark. Umfangreiche Fiskalpakete und geldpolitische Maßnahmen in Kombination mit der Aussicht auf eine voranschreitende Normalisierung des Wirtschaftslebens lassen die Anlegerinnen und Anleger aktuell sämtliche Risikofaktoren ausblenden. Wir sehen kurzfristig zu viel Zuversicht eingepreist (vs. der erwarteten Verbesserung der Fundamentalfaktoren) und sind daher weiterhin vorsichtig positioniert.
Aktienmärkte Schwellenländer: einige Sektoren seit Jahresbeginn im Plus
Aktien aus den Emerging Markets konnten sich zuletzt erholen. Auf Sektorebene ist ersichtlich, dass die Bereiche Gesundheit und Telekom seit Jahresbeginn mittlerweile sogar im Plus sind. Am stärksten negativ dahingegen sind die zyklischen Sektoren Finanz, Energie und Industrie betroffen. Die Gewinnentwicklung geht deutlich zurück und trifft jene Regionen stärker, die zyklischer aufgestellt sind. Dabei ist wichtig festzuhalten, dass das Tief bei den Gewinnen noch nicht erreicht ist, da die wirtschaftliche Entwicklung weiterhin rückläufig ist.
Rohstoffmärkte: Rohstoffpreise habe sich von ihren Tiefstständen erholt
In einem freundlichen Kapitalmarktumfeld konnten sich auch die Rohstoffpreise von ihren Tiefstständen erholen. Besonders stark präsentiert sich weiterhin der Edelmetallbereich. Hier sind die umfangreichen Notenbankmaßnahmen besonders stark zu spüren und führen zu Rekordzuflüssen in Goldprodukten. Trotz der Kursanstiege werden die aktuellen Preisniveaus unverändert zu weiteren Angebotsrücknahmen führen.
Ingrid Szeiler, Chief Investment Officer, Raiffeisen KAG