„Nach einem relativ ruhigen Sommer belässt die EZB den Leitzins bei 0 Prozent. Außerdem hat sie sich heute gegen die Verlängerung ihres Anleihekaufprogramms entschieden. Diese Ankündigung hat die Märkte etwas überrascht, da viele eher eine Ausdehnung des Programms über März 2017 hinaus erwartet hatten.
Aus makroökonomischer Perspektive sind die europäischen Konjunkturdaten nach dem Brexit-Votum Großbritanniens stabil geblieben. Sowohl Wachstum als auch Inflation bewegen sich auf dem Niveau der EZB-Prognosen. Folglich ist der EZB-Rat offenbar der Meinung, dass für die Analyse neuer Wirtschaftsdaten und des Anleihekaufprogramms reichlich Zeit ist.
Die momentane Widerstandskraft der europäischen Wirtschaft ist zwar beruhigend. Trotzdem halten wir es für möglich, dass die EZB das Kaufprogramm noch vor dem Jahresende verlängern wird. Bei einer jährlichen Inflationsrate von nur 0,2 % im August bleibt Europa gefährlich nah an einem deflationären Umfeld. Auch der Markt insgesamt glaubt nicht recht daran, dass die Inflation der Eurozone ihren Zielwert noch innerhalb des Prognosezeitraums erreichen wird. Und der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der EU wird das Wirtschaftswachstum und Verbrauchervertrauen dämpfen, was sich möglicherweise schon kurzfristig zeigen könnte. Die EZB wird deshalb gezwungen sein, ihre Geldpolitik sogar noch weiter zu lockern, um die Wirtschaft der Eurozone zu stützen.
Immerhin kann die EZB eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, beispielsweise die Verlängerung und Ausdehnung des Ankaufprogramms, die Änderung der Rahmenbedingungen um Liquiditätsprobleme zu verhindern, und die weitere Senkung der Zinsen in den Negativbereich. Aus unserer Sicht sind weitere geldpolitische Anreize nur eine Frage der Zeit.“
Anthony Doyle, Investment Director im Fixed-Interest-Team bei M&G Investments