e-fundresearch.com: Worin bestehen die grössten Herausforderungen für Schweizer Finanzberater im momentanen Umfeld und welche Produkte/Lösungen werden kundenseitig aktuell am stärksten nachgefragt?
Jörg Knaf: Bedenklich ist die Tatsache, dass sich die Zeit, die ein Berater in der Schweiz für den regulatorischen Papierkram auf sich nimmt, im Vergleich zum Vorjahr auf 20 Stunden pro Monat verdoppelt hat! In Deutschland, wo die für Bürokratie aufgewendete Zeit fiel, liegt der Wert mittlerweile bei 12 Stunden. Es ist umso bemerkenswerter wenn man hinzufügt, dass ein Schweizer Berater heute gerade mal 4 Stunden im Monat aufwenden kann, um sich weiterzubilden. 2013 waren es noch 20 Stunden. Die fehlen besonders wenn es darum geht, Produktinnovationen, die gezielt die Marktvolatilität mindern und auf unkorrelierte Assetklassen setzen, näher kennenzulernen – sprich: Alternative Investments.
Da müssen wir als Anbieter von innovativen Lösungen unseren Vertriebspartnern unter die Arme greifen, indem wir Schulungen zu neuen Finanzstrategien anbieten, Fondsmanagerbesuche organisieren, Umfragen von Marktteilnehmern weiterführen, Anlegerbedürfnisse eruieren, in der Portfolio-Konstruktion mitwirken und Öffentlichkeits-Arbeit bzw. PR für die Branche und das Fonds-und Durable-Portfolio-Concept forcieren.
e-fundresearch.com: Inwieweit könnten neue Technologien und neue Vertriebskanäle (z.B. Facebook, Social Trading (wikifolio.com & co.)) das Geschäftsmodell von Schweizer Finanzberatern bedrohen?
Jörg Knaf: Ergänzen können sie, aber Ablösen auf keinen Fall. Denn Vertrauen, ein sehr emotionales Merkmal, spielt bei den Anlegern die wichtigste Rolle überhaupt. Wenn man überlegt, dass der Schweizer Berater im Vergleich zu seinen internationalen Kollegen weniger mit der Neuakquise beschäftigt ist, könnte dieser Kanal nur neue Chancen bieten. Man sollte nicht vergessen, dass Anleger nur in ihnen vertraute und bekannte Produkte investieren. Wie sollen da Google, Twitter und Facebook ihm die Kunden abwimmeln?
Um auf die Preisfrage, die häufig mit dem Internet in Verbindung gebracht wird, einzugehen, ist laut unserer Umfrage für 85% der Anleger zwar eine geringe Gebührenstruktur wichtig, aber lediglich 22% der Schweizer Finanzberater meinen, dass eine Preisveränderung zu einem schlechteren Geschäftsumfeld beitrug. Bei der Preispolitik ist eben Fingerspitzengefühl gefragt, aber es ist nicht alles entscheidend. Vertrauen ist das A und O.