Der Erhalt von Vermögenswerten als Triebfeder für das professionelle Sammeln von Kunst rückt laut der aktuellen Studie mehr in den Vordergrund. „Den Sammlern geht es immer häufiger um die langfristige Sicherung von Werten und nicht um kurzfristige schnelle Renditen“, erklärt dazu Gernot Schuster, Partner von Deloitte Österreich.
72 % der Kunstsammler weltweit kaufen Kunst aus Leidenschaft und haben dabei den Renditeaspekt nur im Hinterkopf, während nur 6 % Kunst als reines Investment kaufen. 22 % der befragten Sammler kaufen Kunst allein mit dem Ziel des Sammelns. Während emotionale Aspekte weiterhin die primäre Motivation für den Erwerb von Kunst bleiben, gewinnt die finanzielle Komponente zunehmend an Bedeutung.
Trend zur Werterhaltung
Laut dem Art & Finance Future Indicator werden Vermögensverwalter in den kommenden zwölf Monaten weiter in kunstbezogene Services wie Kunstinvestmentfonds investieren – aber in geringerem Maße. Der Indikator liegt in diesem Bereich am geringsten Level seit dem ersten Report 2011. Die Vermögensverwalter werden sich zukünftig vermehrt auf Dienstleistungen konzentrieren, die die Werterhaltung des Kunstanteils im Vermögen ihrer Kunden in den Fokus stellen. Beispiele für solche Services sind Nachlassplanung, Anlagen unter philanthropischen Gesichtspunkten und mit Kunst besicherte Darlehen.
US-Markt für Kunstdarlehen stark im Wachstum
Der US-amerikanische Markt für kunstbesicherte Darlehen ist in den vergangenen fünf Jahren jährlich um 15 bis 20 % gewachsen (gemessen am Wert der ausstehenden Darlehen). Aktuell wird dieser Markt auf ein Volumen von 15 bis 19 Milliarden US-Dollar geschätzt. Kunstdarlehen bieten den Sammlern die Möglichkeit, Zugang zum Vermögenswert ihrer Kunstgegenstände zu erhalten, ohne sie verkaufen zu müssen.
Die USA nehmen seit einigen Jahren bei Kunstdarlehen eine Führungsrolle ein. Dies erklärt sich vor allem durch niedrige Zinsen, einen wachsenden Markt und ein attraktives rechtliches Umfeld.
„Europa befindet sich bei mit Kunst besicherten Darlehen gegenüber den USA noch deutlich im Hintertreffen“, betont Gernot Schuster.
Negative Meinung zu Regulierung
Der Kunstmarkt sieht sich immer stärker dem Vorwurf mangelnder Regulierung ausgesetzt. Die Mehrheit der Vermögensverwalter, Kunstfachleute und Sammler stehen einer stärkeren Regulierung des Kunstmarktes aber ablehnend gegenüber. 76 % der befragten Fachleute befürworten eine Selbstregulierung des Kunstmarktes. 62 % der Vermögensverwalter sehen allerdings auch den ungeregelten Charakter des Kunstmarktes als größte Herausforderung bei der Aufnahme von Kunst in ihr Serviceportfolio.
Vorsichtig positive Wachstumsprognose
Obwohl der Weltmarkt für zeitgenössische Kunst 2015 geschrumpft ist, ist die Entwicklung im Jahr 2016 nur schwer vorhersehbar. Grund dafür sind makroökonomische Faktoren, die sich auch heuer auf den globalen Kunstmarkt auswirken können. Die im Report analysierten Aussichten für sechs von acht regionalen Kunstmärkten sind neutral bis positiv, was für die kommenden Jahre ein solides Wachstum auf diesen Märkten erwarten lässt. Nur für den chinesischen und den russischen Markt sind die Prognosen der Experten für 2016 eindeutig negativ. Grund dafür sind die generell eher pessimistischen wirtschaftlichen Aussichten für diese beiden Länder.
Art & Finance Report 2016
Der vierte Art & Finance Report wurde von Deloitte Luxemburg zusammen mit ArtTactic, einem in London ansässigen, auf den Kunstmarkt spezialisierten Research-Unternehmen, erstellt. Im Zeitraum November
2015 bis Jänner 2016 wurden über 120 Kunstfachleute von Galerien und Auktionshäusern sowie Kunstberater, rund 50 Privatbanken und 14 Family Offices sowie über 90 Kunstsammler in Europa, den USA, Lateinamerika, dem Mittleren Osten und Asien befragt.
Hinweis: Interessierte Leser finden den vollständigen "Art & Finance Report 2016" hier im englischsprachigen Original: Deloitte Art & Finance Report 2016 (PDF)