Studie offenbart Transparenzdefizite bei nachhaltigen Fonds

25 Kapitalanlagegesellschaften im Fragebogenvergleich, 23 Fonds im ESG-Portfolio-Check, ein privater Selbstversuch: Eine neue Studie von Nachhaltigkeitsberater Robert Zepnik zeigt, wie schwierig es für Anleger ist, echte Wirkung von Greenwashing zu unterscheiden. Research | 18.04.2025 09:41 Uhr
Robert Zepnik, Autor der Studie und seit 2007 als gewerblicher - auf Nachhaltigkeitsinvestments spezialisierter - Vermögensberater tätig / © e-fundresearch.com / ZEPCON
Robert Zepnik, Autor der Studie und seit 2007 als gewerblicher - auf Nachhaltigkeitsinvestments spezialisierter - Vermögensberater tätig / © e-fundresearch.com / ZEPCON

Kurz und bündig:

  • Impact bleibt Ausnahme: Nur wenige der untersuchten Fonds verfolgen tatsächlich messbare ökologische oder soziale Ziele – echte Impact- oder Transition-Strategien sind rar.

  • Transparenzdefizit erschwert Eigeninitiative: Privatanleger stoßen beim Versuch, eigenständig ein nachhaltiges Portfolio zusammenzustellen, schnell an Grenzen.

  • Regulatorische Standards allein reichen nicht: Trotz EU-Taxonomie und neuer ESMA-Vorgaben fehlen klare Definitionen, Vergleichbarkeit und wirkungsorientierte Berichterstattung.

Nachhaltige Geldanlagen sind häufig eine Blackbox und für viele Kunden nur schwer zu durchschauen. Dies ist das zentrale Fazit aktueller Praxisstudien zu Nachhaltigkeitsfonds in Österreich.

Es zeigt sich, dass echte Impact- und Transition-Investments unter den untersuchten Fonds die Ausnahme bleiben. In der empirischen Analyse wurden 25 Kapitalanlagegesellschaften zu ihren „Impact-Investmentfonds“ befragt. In einem zweiten Schritt wurde anhand von ESG-Kriterien die Anlagepolitik mit der tatsächlichen Zusammensetzung der Fondsportfolios zum Untersuchungszeitpunkt verglichen. Als Ergänzung wurde ein privater Anleger ersucht, seine eigenen Recherchen zur Vorauswahl zu betreiben und ein nachhaltiges Portfolio zu erstellen - mit aufschlussreichen Ergebnissen.

Nachhaltig zu investieren ist längst kein Nischenthema mehr – doch wie viel echte Wirkung steckt in den Produkten? Hier mangelt es ganz offensichtlich an Transparenz. Während regulatorische Vorgaben wie die EU-Taxonomie oder die Leitlinien für Fondsnamen der ESMA (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) die Branche vorantreiben, offenbart die Untersuchung gravierende Unterschiede zwischen Anspruch und Realität.

„Viele Fonds schmücken sich mit Nachhaltigkeitsbezeichnungen und -labels, aber bei genauerer Betrachtung sind nur wenige tatsächlich darauf ausgerichtet, messbare soziale oder ökologische Veränderungen zu erzielen“, sagt Robert Zepnik, Autor der Studie und seit 2007 als gewerblicher - auf Nachhaltigkeitsinvestments spezialisierter - Vermögensberater tätig. Die Schlussfolgerung ist daher: „Wer wirklich nachhaltig investieren will, braucht Geduld – und oft eine fundierte, aber auch kritische Beratung.“

Zentrale Erkenntnisse der Studie:

  • Nachhaltige Geldanlage bleibt trotz Gegenwind ein wichtiger Trend: Die wachsende Bedeutung ökologischer und gesellschaftlicher Kriterien wird durch regulatorische Rahmenwerke und den enormen Bedarf an privatem Kapital weiter gestärkt – auch wenn der politische Wind derzeit rauer weht.

  • Nicht alle nachhaltigen Fonds bewirken tatsächlich auch konkrete Veränderungen: Viele Anlageprodukte setzen auf ESG-Kriterien, doch messbare Impact-Ziele verfolgen nur wenige. „Die Studie zeigt klar: Etliche Anbieter konzentrieren sich auf kurzfristige Performance statt auf echte Veränderungen.“

  • Geldanlage in Eigenregie als Herausforderung: Immer mehr Menschen möchten selbst in nachhaltige Produkte investieren,  scheitern jedoch oft an mangelnder Transparenz und Vergleichbarkeit. Zepnik betont: „Für Anleger ist es schwer, Greenwashing zu erkennen bzw. zu vermeiden und ein passendes Portfolio zusammenzustellen. Eine fundierte, unbeeinflusste und auch kritische Beratung gewinnt in diesem Bereich zunehmend an Bedeutung.“

  • Es fehlt an einheitlichen Definitionen: Auch wenn es völlig okay ist, lediglich keine Gewinne bzw. Rendite mit „braunen“ Unternehmen erzielen zu wollen (ESG-Investing), so möchten Anleger vermehrt über Bestandteile und Wirkung ihrer Investments Bescheid wissen und nicht mit unpassenden oder unklaren Bezeichnungen in die Irre geführt werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die neue ESMA-Leitlinie für Fondsnamen auswirken wird.

  • Impact- und Transition-Investing noch nicht etabliert: Während Impact-Investing gezielt positive gesellschaftliche und ökologische Wirkungen anstrebt, fördert Transition-Investing den nachhaltigen Umbau von Unternehmen. Doch echte Produkte dieser Art sind laut Studie bislang rar – und ihre Wirkung schwer nachzuweisen, es fehlen die systematische Messung und Berichterstattung.

„Die Branche steckt in einem Dilemma“, so Zepnik. Es gibt enormen Bedarf an Kapital für die nachhaltige Transformation – aber zu wenige Produkte, die diesen Anspruch tatsächlich erfüllen, wobei dies auch an der Regulatorik liegen dürfte: einerseits an fehlenden Definitionen z.B. in der Taxonomie und andererseits an den strengen Vorgaben für Publikumsfonds.

Forderung nach mehr Transparenz und klaren Kriterien

Besonders deutlich wird: Es fehlen einheitliche Standards für die Messung von Nachhaltigkeitseffekten. „So reicht es nicht, Nachhaltigkeit nur zu behaupten – sie muss klar definiert, gemessen und kommuniziert werden“, fordert Zepnik. Er plädiert für freiwillige, standardisierte Angaben sowie für europäische Lösungen bei Ratingagenturen und Stimmrechtsvertretern und setzt dabei auf ambitionierte Anbieter, um Anleger eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen.

Methodik

Die Analyse basiert auf einer quantitativen und qualitativen Erhebung. 25 Kapitalanlagegesellschaften (KAGs) wurden in Phase 1 mittels standardisierter Fragebögen zu „Impact-Investmentfonds“ zwischen [12/2023] und [05/2024] befragt. Von 13 Anbietern wurden Daten zu 17 Fonds zur weiteren Analyse übermittelt. In Phase 2 und 3 wurden mittels internationalem Abfragetool „investRFP“ je rund 1.500 KAGs im März 2024 zu „Green Bond Funds“ und dann im Juli 2024 zu „Transition Finance“ eingeladen, detaillierte Informationen zu ihren Produkten zu liefern. Die Analyse von Green Bonds wurde verworfen, zu Transition folgten vier Antworten, wovon drei Fonds weiter analysiert wurden. Ergänzt wurden die Ergebnisse durch eine systematische Auswertung von in Summe 23 nachhaltigen Fondsportfolios anhand festgelegter ESG-Kriterien.

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